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„Digitalisierung braucht ­Anwendertauglichkeit und keine Sanktionen”

Stellungnahme: KZBV zum Referentenentwurf des BMG für das Digital-Gesetz

Das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) hat den Referentenentwurf des Digital-Gesetzes (DigiG) vorgelegt. Das seit Längerem angekündigte Vorhaben soll die im März 2023 vorgestellte Digitalisierungsstrategie des BMG umsetzen. Die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung (KZBV) äußert sich anlässlich der heutigen Anhörung zum Referentenentwurf im BMG kritisch zu dem Entwurf:

„Mit Unverständnis blicken wir auf die Fortsetzung der von uns immer wieder stark kritisierten Sanktions- und Fristen­politik des BMG, die sich in dem vorgelegten Gesetzesentwurf erneut findet und kontraproduktiv auf die gesetzten Ziele wirkt. Dieser Ansatz hat in den vergangenen Jahren dazu geführt, dass die Qualität der TI-Anwendungen sowie die Stabilität der Dienste gelitten haben und die Zahnarztpraxen einen unnötigen Arbeitsaufwand hatten, um die Anwendungen gangbar zu machen. Sanktionen sind ein verfehlter Weg, um die Digitalisierung des Gesundheitswesens nach vorne zu bringen! Dem BMG fehlt jedes Augenmaß dafür, wie zielführend und berechtigt die Interessen der Anwenderinnen und Anwender sind.
Ebenso sehen wir es kritisch, dass technische Aufgaben sowie Verwaltungslasten von den Kassen, wie zum Beispiel die Identifizierung der Versicherten, erneut in unsere Praxen verlagert werden sollen. Wir warnen davor, die Praxisteams über den bereits enorm hohen Bürokratieaufwand hinaus zusätzlich mit fachfremden Aufgaben zu belasten. Digitale und technische Innovationen müssen für die Zahnärztinnen und Zahnärzte zeitlich, wirtschaftlich und organisatorisch umsetzbar sein und für die Versorgung der Patientinnen und Patienten einen erkennbaren Mehrwert entfalten. Dazu müssen vor allem die zahnärztliche Berufswirklichkeit und die Belange der Anwenderinnen und Anwender in den Blick genommen werden! Mit und nicht gegen die Anwenderinnen und Anwender finden sich die besten Lösungen für die Digitalisierung des Gesundheitswesens.

Es geht auch anders

Ein Beispiel gelungener Digitalisierung im Gesundheitswesen findet sich beim Elektronischen Beantragungs- und Genehmigungsverfahren (EBZ) der Zahnärzte, das ohne Sanktionen mittels gestuftem Roll-out flächendeckend in die Praxen eingezogen ist – inzwischen mit mehr als 5,5 Millionen gestellten Anträgen ein erfolgreicher Taktgeber in der TI. Bezüglich der elek­tronische Patientenakte (ePA) stellen wir klar, dass diese in erster Linie zu einer tatsächlich verbesserten Patientenversorgung führen, dabei aber zwingend praxistauglich sein muss, und die damit verbundenen Aufwände für die Zahnärztinnen und Zahnärzte händelbar sein und perspektivisch zu einer Entlastung beitragen müssen. Dies erfordert wiederum eine stärkere Berücksichtigung der Anwenderperspektive der Zahnärzte und ihrer Teams. Dabei geht es vor allem darum, dass nur strukturierte und aus dem aktuellen Behandlungskontext hervorgehende und für die Versorgung wichtige Daten erfasst werden und kein unnötiger ‚Datenfriedhof‘ entsteht. Ziel muss ein reibungsloses, funktionales und aufwandarmes Befüllen und Datenmanagement sein“, sagte Martin Hendges, Vorsitzender des Vorstands der KZBV.

Einsatz der Zahnärzteschaft groß

Positiv sei an dem vorliegenden Referentenentwurf hervorzuheben, dass endlich der Forderung der KZBV entsprochen wurde und die Zahnärzte von der unnötigen und kostenverursachenden Verpflichtung befreit werden sollen, Schnittstellen zum elektronischen Melde- und Informationssystem (DEMIS) vorzuhalten.
Hinsichtlich des elektronischen Rezepts fordert Hendges, zu dem gestuften Verfahren zur Einführung zurückzukehren: „Insbesondere ist ein ausreichender Vorlauf mit schrittweise steigender Last erforderlich, um die Betriebsstabilität der Dienste zu gewährleisten und damit die Arzneimittelversorgung sicherzustellen. Das EBZ hat vorgemacht, wie es geht!“ Den Zahnarztpraxen in diesem Zusammenhang mit Vergütungskürzungen zu drohen, wenn sie nicht fristgerecht nachweisen, dass sie in der Lage sind, für die Verordnungen von verschreibungspflichtigen Arzneimitteln die elektronische Verordnung zu verwenden, bezeichnet Hendges als Hohn in Anbetracht des überdurchschnittlichen Einsatzes der Vertragszahnärzteschaft zum E-Rezept.
Das Ziel einer stärkeren Interoperabilität im Gesundheitswesen erachtet die KZBV grundsätzlich als sinnvoll und will dieses unterstützen. Allerdings sollte sie nicht als Selbstzweck oder zu Generierung großer Datenmengen zur Sekundärnutzung dienen, sondern primär der Verbesserung der Versorgung zugutekommen. Die Spezifikationen technischer, semantischer und syntaktischer Standards, Profile und Leitfäden müssen unter Einbeziehung der Zahnärzteschaft festgelegt werden. Sanktionsbewehrte Verpflichtungen zur kostenfreien Herausgabe und Übermittlung personenbezogener Gesundheitsdaten in einem interoperablen Format lehnt die KZBV nachdrücklich ab.
Die gemeinsame Stellungnahme von KZBV und BZÄK zum Digitalgesetz ist in den kommenden Tagen unter www.kzbv.de und www.bzaek.de abrufbar.

Hintergrund

Im März hat Bundesgesundheitsminister Lauterbach seine „Digitalisierungsstrategie für das Gesundheitswesen und die Pflege“ vorgestellt und in diesem Zusammenhang das Digitalgesetz (DigiG) mit dem Kernstück elektronische Patientenakte (ePA) angekündigt. Inhalte des Strategiepapiers sind neben einer Vision und Zielen für die Digitalisierungsvorhaben auch regulatorische Rahmenbedingungen und Voraussetzungen für eine erfolgreiche Strategieumsetzung. So sollen bis zum Jahr 2025 80 Prozent der gesetzlich Versicherten über eine ePA verfügen, bis Ende 2025 sollen 80 Prozent der Nutzer, die in medikamentöser Behandlung sind, über eine digitale Medikationsübersicht verfügen, und bis Ende 2026 sollen mindestens 300 Forschungsvorhaben unter Nutzung von Gesundheitsdaten aus dem FDZ Gesundheit durchgeführt und initiiert werden.