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DMS V: Weniger Parodontitis durch mehr und bessere Behandlung?

Ein Bild, das einen geöffneten Mund und eine Hand mit Gummihandschuh und einem zahnmedizinischem Instrument

PAR-Richtlinie: Deutlich mehr Fälle im Versorgungsalltag integriert

Bei den jungen Erwachsenen (35- bis 44 Jahre) ist der Anteil von CPI-Code 3 (Taschentiefen von mindestens 4 Millimetern [mm]) von 52,7 Prozent in der DMS IV von 2005 auf 48,3 Prozent in 2015 zurückgegangen.

Deutlicher noch sei der Rückgang bei den schweren Parodontalerkrankungen (CPI 4: Taschentiefen ≥ 6 mm) von 20,5 Prozent auf 10,4 Prozent 2015. Nach Korrektur für die Unterschätzung der Erhebung an nur einem Teil der Zähne sind es dann allerdings doch wieder 14,5 Prozent (Hoffmann & Schützhold 2016 [1])!

Kein eindeutiges Bild bei den Senioren

Bei den Senioren (65 bis 74 Jahre) sie das Bild dagegen nicht ganz so eindeutig. Hier nehmen die moderaten Parodontalerkrankungen (CPI 3) von 48 Prozent (DMS IV) auf 50,8 Prozent etwas zu. Die schweren Parodontalerkrankungen der über 65-Jährigen sind aber ebenfalls rückläufig, von 39,8 Prozent (DMS IV) auf 24,6 Prozent (Kocher & Holtfreter 2016 [2]). Das ist insgesamt eine großartige Entwicklung.

DG Paro LogoDie DG Paro

Die Deutsche Gesellschaft für Parodontologie e.V. (DG Paro) nimmt wissenschaftliche und fachliche Aufgaben auf dem Gebiet der Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde, insbesondere der Parodontologie wahr. Für ihre mehr als 4.950 Mitglieder sowie zahnärztliche Organisationen ist sie seit mehr als 90 Jahren beratend und unterstützend in parodontologischen Fragen tätig. Zu den Aufgaben der DG Paro gehört unter aanderem die Förderung der Forschung auf dem Gebiet der Parodontologie sowie die Auswertung, Verbreitung und Vertretung der wissenschaftlichen Erkenntnisse. Wesentliche Tätigkeitsschwerpunkte neben der Durchführung von wissenschaftlichen Tagungen, sind die Fort- und Weiterbildung auf dem Gebiet der Parodontologie sowie die Ausrichtung entsprechender Veranstaltungen. Zudem vergibt die Gesellschaft jährlich Wissenschaftspreise wie den Eugen-Fröhlich-Preis. Die DG Paro arbeitet, auch interdisziplinär, intensiv mit wissenschaftlichen Gesellschaften, Arbeitsgemeinschaften und Institutionen des In- und Auslandes zusammen. Sie verfolgt ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige Zwecke.

Parodontitisprävalenz ins Bewusstsein gebracht

2006 war die DMS IV veröffentlicht worden. Damals waren alle begeistert von der niedrigen Kariesprävalenz. Über die gestiegene Parodontitisprävalenz wollte außer den Parodontologen niemand gerne sprechen. Auf der Basis der Zahlen aus der DMS IV lässt sich berechnen, dass es 2005 etwa 8 bis 11 Millionen Bundesbürger mit behandlungsbedürftigen schweren Parodontalerkrankungen gab. Das waren 10 Prozent der Gesamtbevölkerung.

Parodontitisprävalenz nicht kleinreden

Die DG Paro hat von Anfang an auf den Missstand der hohen Parodontitisprävalenz aufmerksam gemacht und sich gegen alle Versuche gewehrt, die Prävalenz der Parodontitis in Deutschland klein zu reden.

Als Fachgesellschaft sucht sie seit Jahren die Aufmerksamkeit der Politik für das Thema und diskutiert bei Parlamentarischen Abenden regelmäßig mit Gesundheitspolitikerinnen und -politikern aller im Bundestag vertretenen Parteien gemeinsam mit Vertretern der zahnärztlichen Institutionen (DGZMK, BZÄK, KZBV) über diese Problematik. Auch in Richtung Öffentlichkeit betreibt sie Aufklärungsarbeit mit Patientenratgebern, Aufklärungsvideos und Pressearbeit.

Bild entfernt.Tätigkeitsschwerpunkt Parodontologie
Das Curriculum Parodontologie an der Haranni Academie beginnt am 18. November 2016

Der Studiengang „Parodontologie“ dient der Fortbildung von Kollegen, die umfassend Kenntnisse in dem Fachgebiet Parodontologie erwerben oder vertiefen möchten. Das Studienprogramm unter der wissenschaftlichen Leitung von Prof. Dr. Peter Cichon findet jeweils zweitägig an fünf Wochenenden statt.

Es besteht aus der Vermittlung von theoretischen Grundkenntnissen sowie von Behandlungstechniken und Therapiekonzepten mit hohem Praxisbezug. Zum theoretischen Lehrprogramm gehören Vorlesungen, Seminare, sowie Falldiskussionen. Das praxisorientierte, klinische Fortbildungsprogramm umfasst die darauf abgestimmten klinischen Demonstrationen (Live-OPs), praktische Übungen sowie Patientenvorstellungen (unter Einbeziehungen eigener Patientenfälle).

Weitere Informationen gibt es im Internet unter www.haranni-academie.de.

Parodontologische Kompetenz der Zahnärzteschaft gefördert

Die DG Paro ist auch sehr aktiv in Aus-, Fort- und Weiterbildung. Die Veranstaltung von wissenschaftlichen Tagungen und Fortbildungskursen gehört zu den Kernaufgaben der Fachgesellschaft. Darüber hinaus besteht über die DG Paro die Möglichkeit, sich durch ein berufsbegleitendes Masterstudium oder ein vollzeitiges Spezialistenprogramm weiterzubilden. Die DG Paro fördert so auf allen Ebenen intensiv die parodontologische Kompetenz der Kolleginnen und Kollegen.

Es ist erfreulich zu sehen, dass diese intensiven Bemühungen Früchte tragen. Im Jahr der Erhebung der DMS IV 2005 wurden 815.200 systematische PAR-Fälle über die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) abgerechnet. Seither hat die Zahl der jedes Jahr abgerechneten Fälle kontinuierlich zugenommen und erreichte 2014 1.027.100 (KZBV-Jahrbuch 2015 [3]).

Behandlungsrichtlinien überarbeiten, um noch besser zu werden

In Deutschland müssen wir jedes Jahr mit ca. 500.000 Neuerkrankungen an schweren Parodontalerkrankungen (CPI 4) rechnen (Kassebaum et al. 2014 [4]). Wenn seit 2005 jedes Jahr durchschnittlich 1 Million Fälle behandelt und abgerechnet wurden, wird die Hälfte der so behandelten Fälle durch die jährlichen Neuerkrankungen neutralisiert. Nur 500.000 systematische Parodontalbehandlungen können deshalb zum Abbau der Gesamtprävalenz beitragen.

In neun Jahren kann die Gesamtprävalenz schwerer Parodontalerkrankungen so um 4,5 Millionen Fälle reduziert werden. Bei 8 bis 11 Millionen schweren Fällen in 2005 wäre dies eine knappe Halbierung der Prävalenz, also genau die Entwicklung, die wir jetzt an den Zahlen der DMS V ablesen können. Auf diesem Weg müssen wir weitergehen. Deshalb ist eine Überarbeitung der Behandlungsrichtlinien für die systematische Behandlung von Parodontopathien ein richtiger Weg, so die DG Paro.

Systematische Parodontitistherapie ist Kernstück des Erfolgs

Natürlich wird der Effekt der systematischen Parodontalbehandlungen von anderen Entwicklungen flankiert. So nimmt die Zahl der Raucher ab und möglicherweise verbessert sich das Mundhygieneverhalten der Bundesbürger (vermehrter Einsatz von Instrumenten für die Zahnzwischenraumhygiene und elektrischen Zahnbürsten).

Der vom Präsidenten der BZÄK, Dr. Peter Engel, hervorgehobene statistische Effekt der professionellen Zahnreinigung (PZR) auf die Prävalenz der Parodontitis ist in diesem Kontext auch zu nennen. Allerdings ist der postulierte Effekt eher gering. Außerdem beruhen die Daten zur Inanspruchnahme von PZR auf Befragungen der Teilnehmer in dieser bevölkerungsrepräsentativen Studie. Nun hat das IDZ selbst sehr eindrucksvoll gezeigt, wie wenig die Deutschen über Parodontitis und deren Vorbeugung wissen (Deinzer et al. 2009 [5]). Das Etikett PZR ist in einer solchen Befragung nicht eindeutig, weil sich hinter diesem Begriff im Verständnis der Befragten von Zahnsteinentfernung über tatsächliche Zahnreinigung, systematische Parodontitistherapie bis zur unterstützenden Parodontitistherapie vieles verbergen kann.

PZR allein keine angemessene Therapie

Das Konsensuspapier der European Federation of Periodontology stellt eindeutig fest: PZR allein ist keine angemessene Therapie für Parodontitis (Tonetti et al. 2015 [6]). Der beobachtete Rückgang ist höchstwahrscheinlich in erster Linie der Effekt von mehr systematischer Parodontitistherapie in den vergangenen zehn Jahren. In jedem Fall ein Erfolg der deutschen Zahnärztinnen und Zahnärzte.

Management der Parodontitis wird wichtig in Zahn- und Allgemeinmedizin bleiben

Dennoch dürfen die Zahnärzte die Hände nicht zufrieden in den Schoß legen. Die Bilanz zehn Jahre nach der DMS IV ist ermutigend und sollte uns darin bestärken, noch mehr und das Richtige zu tun. Die geschätzten 3,5 oder 5,5 Millionen behandlungsbedürftiger schwerer Fälle von Parodontalerkrankungen heute sind deutlich weniger als 2005, aber immer noch zu viel. Es ist auch unrealistisch zu glauben, dass sich diese Entwicklung so linear fortsetzen und die Parodontitis verschwinden würde. Das Management der Parodontitisbehandlungen wird ein wichtiges Thema in der Zahnmedizin bleiben und durch die Interaktionen zwischen der Parodontitis und der Allgemeingesundheit auch in der Allgemeinmedizin werden.

Literatur

[1] Hoffmann T, Schützhold S: Krankheits- und Versorgungsprävalenzen bei Jüngeren Erwachsenen (35-bis 44-Jährige). In: Jordan AR, Micheelis W (Hrsg) Fünfte Deutsche Mundgesundheitsstudie (DMS V). Deutscher Ärzteverlag (DÄV), Köln 2016.

[2] Kocher T, Holtfreter B: Krankheits- und Versorgungsprävalenzen bei Jüngeren Senioren (65-bis 74-Jährige). In: Jordan AR, Micheelis W (Hrsg) Fünfte Deutsche Mundgesundheitsstudie (DMS V). Deutscher Ärzteverlag (DÄV), Köln 2016.

[3] KZBV: KZBV Jahrbuch 2015.

[4] Kassebaum NJ, Bernabé E, Dahiya M, Bhandari B, Murray CJ, Marcenes W. Global burden of severe periodontitis in 1990-2010: a systematic review and meta-regression. J Dent Res 2014; 93: 1045-1053.

[5] Deinzer R, Micheelis W, Granrath N, Hoffmann T. More to learn about: periodontitis-related knowledge and its relationship with periodontal health behaviour. J Clin Periodontol. 2009; 36: 756-764.

[6] Tonetti MS, Eickholz P, Loos BG, Papapanou P, van der Velden U, Armitage G, Bouchard P, Deinzer R, Dietrich T, Hughes F, Kocher T, Lang NP, Lopez R, Needleman I, Newton T, Nibali L, Pretzl B, Ramseier C, Sanz-Sanchez I, Schlagenhauf U, Suvan JE, Fabrikant E, Fundak A. Principles in prevention of periodontal diseases–Consensus report of group 1 of the 11th European workshop on periodontology on effective prevention of periodontal and peri-implant diseases. J Clin Periodontol 2015; 42 (Suppl. 16): S5–S11.