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Was GKV-Patienten über ­vermeintlich teure ­Zahnbehandlungen denken


Praxisdarstellung und Patientenkommunikation: Horst Willeweit über A wie ­Akquise bis Z wie Zahlung (2)

Wenn GKV-Patienten über eine anstehende größere und damit teure Behandlung bei ihrem Zahnarzt oder ihrer Zahnärztin nachdenken, sind gängige Kriterien die Zeit, die Terminanzahl im Behandlungsverlauf, die zu erwartenden Schmerzen, die unbekannte Rechnungsgröße, die schwer nachvollziehbare Aufteilung in Kassen- und Wahlleistungsanteil sowie die nur ungefähr beschriebenen Laborkosten. Wer bei drei annoncierten Implantaten aus der Narkose aufwacht und sechs bekommen hat, wird der Praxis den Rücken kehren. Die für jedermann googelbaren Informationsquellen rund um unterschiedliche Behandlungsmöglichkeiten im Zahn-, Mund- und Kieferbereich führen zu einem vordergründig mündigen Patienten. Werbende Internetseiten einzelner Praxen tragen ein Übriges zu forsch auftretenden Patienten bei.

„Beraten“, aber nicht überzeugt

Mancher Patient festigt seine Behandlungswünsche aus dem, was er von den Internetauftritten benachbarter Praxen „gelernt“ hat. Aufklärung aus differenzierter, schulmäßiger Diagnose in der eigenen Praxis ist dann bisweilen nur noch schwer zur Akzeptanz zu bringen. Individueller und frühzeitiger Beratungsbedarf muss folglich ein unternehmerisches Ziel der Praxis zur Festigung der Patientenbindung sein. Wer nun in seiner Praxis nach dem Blick in die Mundhöhle den Patienten zum Röntgen delegiert und ihm dann im Behandlungsraum, in der Patientenliege, den Behandlungsbedarf flüchtig beschreibt und mit der Erklärung abschließt, „… meine Mitarbeiterin schickt Ihnen einen Heil- und Kostenplan. Sie können sich dann telefonisch zur Terminabsprache melden“, mag auf einen ihm ergebenen Patienten treffen. Im Inneren überzeugt wurde der Patient wohl kaum.

Die Kautelen einer pflichtgemäßen Beratung außerhalb des Behandlungsraums mit ausreichender Überlegungszeit, eventuell mit Erläuterung von Versorgungsalternativen, bleiben zu oft auf der Strecke. Ein Risiko hinsichtlich der Patientenbegeisterung besteht darin, dass die Zahnärzteschaft im öffentlichen Meinungsbild generell zu viel Geld verdient. Eine vom Patienten nicht nachvollziehbare Behandlungsmaßnahme mündet in der Patientendenke so: „Er wird schon etwas machen, was ihm (wirtschaftlich) gut tut.“ Dieselben Patienten konzedieren bis zu einem bestimmten Grad diesen vermeintlichen Zahnarztwohlstand, etwa nach der Messlatte: „Meiner ist gut, der darf das.“

Die Unsicherheit ist (heute) groß

Und jetzt kommt das große Aber: In Zeiten relativer Unsicherheit, zu nennen sind da die Sorge um den Arbeitsplatz, die erheblich steigenden allgemeinen Lebenshaltungskosten, die Inflation, gegebenenfalls der drohende Folgeabschluss einer Eigenheimfinanzierung, die zu finanzierende Ausbildung von Kindern, die drohende Verarmung durch die Unterbringung von Elternteilen in vollstationärer Pflege etc. führen bei immer mehr Patienten zur Überlegung, doch einmal nachzuschauen, ob es nicht Adressen gibt, wo ihnen für weniger Geld geholfen wird. Da rücken dann Versorgungsalternativen mit weniger Aufwand, weniger Komfort, weniger Haltbarkeitsaussichten bei geringeren Steigerungsfaktoren in den Fokus.

Durchaus aus Scham besprechen sich so orientierende Patienten diese Umstände aber nicht so gern mit ihrem langjährigen Stammzahnarzt. Vielmehr ist das Internet eine einfache, stets verfügbare und anonyme Informationsquelle. Wohl der Praxis, die über einen ihrem Leistungsvermögen angepassten Auftritt verfügt. Ob das zielführend ein One-Pager oder ein fulminanter 30-Seiter mit allerlei Querverweisen ist, sei zunächst einmal dahingestellt. Verglichen wird dann regelmäßig mit dem Internetauftritt des Stammbehandlers. Gibt es den erst überhaupt nicht, reißt die gedankliche, langjährige Bindung zur Stammpraxis sowieso ab. Das gilt inzwischen auch für Oldies unter den Patienten; für junge Menschen erst recht.

Besser kein Internetauftritt als ein verstaubter

Noch nachteiliger als ein nicht vorhandener Internetauftritt allerdings ist ein verstaubter Internetauftritt. Als solche gelten wohl alle, die älter als fünf Jahre sind. Wenn dann beispielsweise unter „Neuigkeiten“ noch die Beschreibung und Fotos der betrieblichen Weihnachtsfeier von vor vier Jahren als einzige Nachricht aufgeführt werden, wird die Patientenschaft fix weitersuchen. Ein weiterer Akzeptanzverhinderer auf Praxiswebsites – auch in Praxisbroschüren zu finden – sind Textdarstellungen, in denen pausenlos wiederkehrend vermittelt wird: Ich, der Behandler, hier oben, und ihr, die Patienten, da unten.

Die Krönung im negativen Sinne sind dann noch gratis abrufbare sogenannte Stockfotos in Kombination mit laienhaft erstellten Praxisfotos. Das Ganze dann auch noch ohne Content Management programmiert, lässt auch den gutwilligsten Patienten den Bildschirm ausschalten. Der Gedanke an den langjährigen Stammbehandler tritt in den Hintergrund.

HKP-Chinesisch

Zurück zum HKP: Tage nach der vorangegangenen, über das Knie gebrochenen „Aufklärung“ zur angebotenen Behandlung zieht die Patientenschaft den HKP aus dem heimischen Briefkasten. Ihn lesend, erfahren Patienten nun unter allerlei unverständlichen Vokabeln und Abkürzungen, noch dazu mit die Skepsis fördernden Multiplikatoren zu den Geldgrößen, einen vorläufigen Endpreis.

Das Ganze wird getoppt von – Achtung: „geschätzten Laborkosten“. Nun steigt der Wunsch, sich über die Entgeltgröße mit Freunden, Bekannten und Arbeitskollegen auszutauschen. Bedeutet: Der Wunsch, in Nachbars Garten nachzusehen, ob das Gras dort nicht grüner wächst; sprich, ob es nicht auch preisgünstiger geht, wird einmal mehr provoziert. Aus Patientensicht erhöht sich die Hürde, initiativ den ersten Termin für die notwendige Maßnahme zu vereinbaren. Zusammenfassend: Die Chance, einen durch Information zur Therapie überzeugten Patienten zu generieren, ist vertan. Endgültig, wenn er abwandert.

Patientengewinnung, und dazu zählt auch die immerzu notwendige Neugewinnung im Patientenbestand, sieht jedenfalls anders aus. Kontrollieren wir uns einmal selbst in unserem Konsum-/Einkaufsverhalten: Wo kaufen wir ein? Weshalb? Was finden wir dort gut? Die Antworten, schriftlich fixiert, können wir auf die Probe stellen, indem wir die Adressen der jeweiligen Einkaufsquellen (Friseur, Tankstelle, Supermarkt, Bäcker etc.) einmal austauschen, uns einfach mal anderswo bedienen und wiederum schriftlich Negatives und Positives sammeln.

Genau so vergleichen Patienten ihre Bindung zum Zahnarzt/zur Zahnärztin. Das – gerade in Sachen zahnärztlicher, sogenannter Wahlleistungen/Zuzahlungen – ist der GKV-Patient angesichts derartiger Geldgrößen anderswo in der Medizin einfach nicht gewohnt. Sicher, auch dort werden gelegentlich die sogenannten IGeL (individuelle Gesundheitsleistungen) angedient. Aber doch in vergleichbar verschwindend geringem Ausmaß. So liquidiert etwa der Urologe in der Vorsorgeuntersuchung den PSR-Test vielleicht einmal mit 25 Euro.

Der Wurm und der Angler

Sich diese Zusammenhänge einmal klarzumachen, lohnt. Auf dem Weg zur Verbesserung der Akzeptanzsicherung sei es gerade vermeintlich gut laufenden Praxen empfohlen, stets die Augen aufzuhalten, zu revidieren. Optimiert wird die Chance zur Patientenbindung (auch die kostet regelmäßig Aufwendungen) durch ein stimmiges Gesamterscheinungsbild. Gemeint ist, dass die Wahrnehmung aus Patientensicht ausgewogen zu sein hat. Der Wurm muss dem Fisch schmecken, nicht dem Angler. Wer sich ein mondänes Äußeres gibt, in Wahrheit aber erzkonservativ daherkommt, erweist sich selbst einen Bärendienst. Menschen haben ein feines Gespür für die Zusammenhänge, denen sie sich anvertrauen. In diesem Zusammenhang gilt es, alles, was von außen wahrnehmbar ist, auf den Prüfstand zu stellen. Drei oder maximal fünf Jahre sind ein angemessener Abstand dafür.

Nutzen kommunizieren

Zählen wir auf: Praxisschild, Branchentelefonbuch, Internetauftritt (personelle Ausstattung), Neues zum Patientennutzen (CAD/CAM, 3-D-/DVT-Röntgendiagnosen), Farbigkeit von Oberflächen, Text auf dem Anrufbeantworter, Arbeitskleidung, Namensschilder, Praxisbroschüre, Praxislogo (Psychologen sagen, es sei verfehlt zu versuchen, in Sachen Zahnbehandlungen mit Abbildungen von Zähnen, Instrumenten oder gar Zahnersatz nach außen zu gehen). Alles, aber auch wirklich alles muss letztlich auf die Persönlichkeit des betreffenden Zahnarztes/der Zahnärztin abgestellt sein. So findet der Patient die Bestätigung für seine zuvor getroffene ganz eigene Praxiswahl.

Praxisbetreiber:innen sprechen oft von „meinem Patientenstamm“. In die Zukunft gespiegelt und formal betrachtet haben sie aber gar nichts! Es gibt keine juristisch feste, auf Jahre vertraglich gesicherte Bindung zwischen Patient und einer bestimmten Praxis. Im Gegenteil: Die Politik betont immer wieder die Segnung der freien Arztwahl.

Eilig geleaste Internetauftritte (auch die gibt es inzwischen am Markt), basierend auf nur in wenigen Details individualisierten Internetauftritten, noch dazu zu 200 Prozent über dem Wert und befristet auf 48 Monate gemietet, sind auch nur ein Armutszeugnis der Moderne und nicht zielführend.

Horst Willeweit, Bielefeld

(wird fortgesetzt)

Corporate Design Guide

Das Rüstzeug, um Dienstleistern auf dem Feld der (Praxis-)Unternehmensdarstellung auf Augenhöhe zu begegnen, um umfassend Einsichten in die Zusammenhänge dessen, was Akzeptanz benötigt, zu bekommen, kann beim Verfasser ohne Berechnung kostenfrei (solange der Vorrat reicht) in Form der Broschüre „Corporate Design Guide“ angefordert werden unter info@willeweit.de

Titelbild: momius – stock.adobe.com

Horst Willeweit

Nach 45 Jahren als Praxiseinrichter ist Horst Willeweit im Feld der Dienstleistungen für Dentalhandel, Herstellung sowie der Wertermittlung zahnärztlicher Praxen und zahntechnischer Labore bundesweit tätig (Abgaben/Übernahmen, materiell wie ideell/Goodwill).
Kontakt auf www.willeweit.de

Mitglied seit

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