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Hundertjährige auf dem Behandlungsstuhl

Seniorin

Viele hochbetagte Senioren sind gesund und meistern ihr Leben weitgehend selbstständig.

Wie leben Hundertjährige? Welche Bedürfnisse haben sie? Mit ihrem Beitrag „Wir werden so alt wie nie zuvor: Welchen präventiven Bedarf haben wir in der Zukunft zu erwarten?“ griff Prof. Dr. Cornelia Frese (Heidelberg) auf dem diesjährigen Zahnärztetag ein wichtiges Zukunftsthema auf: den demografischen Wandel.

Die Seniorenzahnmedizin nimmt, verglichen mit anderen zahnmedizinischen Disziplinen, einen geringen Stellenwert ein. Dabei steigt die Zahl der Hochbetagten: In Deutschland leben bereits 16,8 Hundertjährige gerechnet auf 10.000 Einwohner. 72 Prozent dieser Hochbetagten leben zu Hause und meistern ihr Leben weitgehend selbstständig. Die meisten von ihnen haben keine schweren Erkrankungen und sterben häufig an Altersschwäche oder Pneumonie. Außerdem führen 86,3 Prozent der hochbetagten Senioren ihre Mundhygiene selbstständig durch. Problematisch wird dies, wenn die Senioren im Pflegeheim untergebracht sind. Hier bleibt die orale Gesundheit oft auf der Strecke.

Wie wird man überhaupt 100 Jahre alt? „Nicht, indem man mit dem E-Roller durch die Gegend fährt“, stellte die Referentin fest. Die Lebenserwartung wird zu rund einem Viertel durch die Gene bestimmt, aber auch Ernährung, Umwelteinflüsse und Bewegung spielen eine Rolle. Als Ursachen für Langlebigkeit gilt zudem ein günstiges Zusammenspiel von Mikrobiom und Genom (Epigenetik) und eine gute kardiovaskuläre und metabolische Konstitution.

Prof. Dr. Cornelia Frese

Weniger ist bei betagten Patienten häufig mehr: Prof. Dr. Cornelia Frese

Eine (zahn)medizinische Herausforderung?

Ärzte und Zahnärzte sollten die Polypharmazie im Blick haben. Senioren nehmen häufig mehrere verschiedene Medikamente ein. Hier kann es kann zu Wechsel- und Nebenwirkungen kommen sowie zu einer Drug-Disease-Interaction, das heißt zu einer Verschlimmerung von Symptomen durch Medikamente. Zudem weisen alte Menschen einen verlangsamten Stoffwechsel auf. Diese Faktoren können die Mundgesundheit beeinflussen. Die Medikation sollte dann angepasst werden.

Das reduzierte manuelle Geschick kann bei Senioren zu einer verminderten Putzleistung und somit zu einer vermehrten Plaquebildung führen. Im Alter ist ein Anstieg oraler Erkrankungen wie reduzierter Speichelfluss, Parodontitis, Gingivitis, Wurzelkaries, Abrasion, Zahnhartsubstanzläsionen, Zahnverlust oder Mundschleimhauterkrankungen zu beobachten. Um Senioren bei der Mundhygiene bestmöglich zu unterstützen, sind Hilfsmittel wie Interdentalbürsten (nicht zu klein!) sinnvoll. Außerdem kann der Speichelfluss mit Gel oder Spray stimuliert werden. Auch eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr kann Xerostomie vorbeugen.

Bei der Behandlung hochbetagter Patienten stehe Prävention klar im Fokus. Frese empfiehlt die frugale Intervention, eine an die Patientengruppe der Hochbetagten angepasste, bedarfsgerechte Lösung. Diese bewegt sich laut Frese nicht im High-End-Segment. Die Referentin rät zu einer „Lowtech-Dentistry“, die altersentsprechend, präventiv-restaurativ, bezahlbar und effektiv ist. Alle Möglichkeiten der mechanischen und chemischen Plaquekontrolle sollten ausgeschöpft werden. PZR und UPT sind daher wichtige Maßnahmen. In der Diagnostik und Planung seien biologische Parameter wie der Speichel und Faktoren wie die Polypharmazie zu beachten.