Gesundheit und Pflege: Fünf Fragen – fünf Antworten. Teil 3 – Axel Gehrke für die AfD-Fraktion
Die DZW hat die gesundheitspolitischen Sprecher der Bundestagsfraktionen nach ihrer Meinung zum Bereich „Gesundheit und Pflege“ im Koalitionsvertrag befragt. Die Antworten publizieren wir hier als lose Folge. Die Fragen stellte DZW-Redakteur Dr. Helge David.
Wohin führt die vereinbarte Kommission zur Einführung einer gemeinsamen Honorarordnung für GKV und PKV?
Prof. Dr. Axel Gehrke: Vermutlich ins gesundheitspolitische Nirwana. Eine gemeinsame Honorarordnung für GKV und PKV ist, wie aus Äpfel und Birnen eine neue Frucht zu erstellen. Ein Planungssystem mit einem marktwirtschaftlichen System zu kreuzen wird ein spannendes Vorhaben. Schon die Koalitionäre waren da skeptisch, denn sie wollen Ende 2019 nach Abschluss der Beratungen der Kommission mal sehen, was daraus geworden ist, um erst dann zu entscheiden.
Stefan Etgeton von der Bertelsmann-Stiftung erklärte in einem Spiegel-Interview, die PKV habe jetzt nur eine „Gnadenfrist“ erhalten. Was meinen Sie, kommt die Bürgerversicherung, und welche Vor- und Nachteile hätte sie?
Axel Gehrke: Die Bürgerversicherung kommt nicht, sowohl in den Jamaika- als auch in den jetzigen GroKo-Verhandlungen hat sie zu Recht bereits keine Rolle mehr gespielt. Auch dem größten Idealisten wird aufgefallen sein, dass wir mit der Bürgerversicherung stramm in die 100-prozentige Planwirtschaft abrutschen, in der es allen Patienten gleich schlecht geht. Und die Zwei-Klassen-Medizin wird dadurch erst gefördert, denn Vermögende finden immer einen Weg, sich eine bessere Versorgung zu verschaffen.
Die PKV hat überhaupt keine „Gnadenfrist“, es sei denn, man möchte auf Innovation und Fortschritt in der Medizin verzichten. Auf dem Boden der Kassenmedizin können diese bedingungsgemäß nicht wachsen.
Wo liegen für Sie die Stärken und wo die Schwachpunkte zum Thema Gesundheit und Pflege im Koalitionsvertrag?
Axel Gehrke: Die Stärken liegen in dem Mut, auf acht Seiten innerhalb des Koalitionsvertrags aufzulisten, was alles bisher in der Gesundheitspolitik schlecht gelaufen ist und dringend verbessert werden muss. Es ist ein komplettes Eingeständnis der verfehlten Gesundheitspolitik der vergangenen Jahre. Ein mutiger Schritt wäre gewesen, die Mitbestimmung in der Pflege sofort anzugehen, das Gesetz zur Reform der Pflegeberufe (das bereits im Juli 2017 verkündet wurde!) unverzüglich zu nutzen oder die geplante Trennung von Fallpauschale und Pflegepersonalkosten im Krankenhaus sofort einzuführen.
Verfolgt der Koalitionsvertrag im Bereich Pflege die richtige Strategie, Pflegeberufe attraktiver zu gestalten, Kinder pflegebedürftiger Eltern zu entlasten, ein Sofortprogramm für zusätzliche Fachkräfte aufzusetzen?
Axel Gehrke: Langfristig gibt es interessante Ansätze, wenn sie denn unverzüglich umgesetzt werden. Aber nein, eine wissenschaftliche Kommission soll bis Ende 2019 „unter Berücksichtigung aller hiermit zusammenhängenden medizinischen, rechtlichen und wirtschaftlichen Fragen“ Vorschläge machen. Und natürlich auch die berühmten Personalschlüssel entwickeln, obwohl Anhaltszahlen aus der Literatur bekannt sind und in Berlin bereits mit Streiks feste Personalschlüssel durchgesetzt wurden. Und die Vorstellung, dann auch noch Personalschlüssel nach „krankenhausindividuellen Pflegebedarf“ zu berechnen, lässt vermuten, dass die Bürokratie im Krankenhaus nicht abgebaut, sondern verstärkt wird. Und dass die angeblich sofort bereitgestellten 8.000 Stellen den akuten Bedarf in der Altenpflege auch nicht annähernd decken, zeigt die Unfähigkeit dieser neuen GroKo, die anstehenden Probleme zeitnah zu verändern. Allein im Dezember 2017 wies die Bundesagentur für Arbeit 24.000 unbesetzte Stellen in der Altenpflege auf!
Wird die Versorgungssicherheit auf dem Land gewährleistet? Durch das Verbot des Versandhandels verschreibungspflichtiger Arzneimittel? Durch Zuschläge für Ärzte in unterversorgten Regionen?
Axel Gehrke: Die wichtigste Tat wäre, sofort die Deckelung der Kassenarzthonorare abzuschaffen. Damit würde sich schon ein Großteil der Probleme der ärztlichen Versorgung auf dem Lande lösen lassen, denn diese Tätigkeit ist nicht wegen der geringeren Honorare unattraktiv, sondern wegen der gegenüber den Ärzten in Ballungsgebieten diskriminierenden Arbeits- und Vergütungsformen. Das Verbot des Versandhandels ist sinnvoll, wenn in der Fläche die Apothekenversorgung gewährleistet ist und nicht etwa durch Zusatzkosten gegenüber dem Direktkauf in der Apotheke oder im Versand belastet wird.