Lange waren junge, zahlungskräftige und technikaffine Menschen Hauptzielgruppe smarter Lösungen. In der jüngsten Gegenwart wird auch nach intelligenten Lösungen gesucht, die Senioren und Menschen mit Behinderungen und chronischen Erkrankungen anvisieren. Gerade vor dem Hintergrund des demografischen Wandels rückt die Mensch-Technik-Interaktion immer mehr in den Fokus der Erfinder. Denn intelligente Lösungen und Systeme können diesen Zielgruppen helfen, ihren Alltag selbstbestimmter zu bewältigen.
Smart-Home-Lösungen
Da gibt es zum einen Smart-Home-Technologien, die mit dem Begriff Ambient Assisted Living (AAL) zusammengefasst werden. Ein Beispiel solcher „alltagstauglicher Assistenzlösung für ein selbstbestimmtes Leben“ ist der vom Fraunhofer-Institut für Graphische Datenverarbeitung entwickelte intelligente Fußboden CapFloor. Er ist berührungsempfindlich und erkennt, wenn ein Mensch ihn betritt. Stürzt eine Person und bleibt länger auf dem Boden regungslos liegen, beginnt das Licht in der Wohnung zu blinken. Reagiert der möglicherweise bewusstlose Bewohner nicht und schaltet es nicht aus, werden nacheinander Angehörige, Nachbarn und der Notdienst per Telefon oder SMS alarmiert. Die Technologie wird derzeit in mehr als 30 Appartements und Wohngemeinschaften für Demenzkranke getestet.
Roboter und Avatare
Zum anderen gibt es sozial-assistive Roboter (SARs) und Avatare, die insbesondere in der Pflege und Rehabilitation eingesetzt werden. Seit einigen Jahren steht beispielsweise die Roboter-Robbe Paro den Pflegekräften unterstützend zur Seite. In Deutschland wird Paro in mehr als 40 Pflegeeinrichtungen zu therapeutischen Zwecken in der Betreuung von Menschen mit Demenz eingesetzt. In den kommenden Monaten wird in mehreren deutschen Pflegeeinrichtungen getestet, ob der humanoide Roboter Pepper zur Unterstützung und Erleichterung im Pflegealltag, zum Beispiel beim Essen und Trinken, beitragen kann.
Der Avatar Billie ist wiederum in der Lage, bei der Terminplanung und Tagesstrukturierung zu assistieren. Er agiert von einem Fernseh- beziehungsweise Computerbildschirm aus. Der Nutzer sagt an, welche Verabredungen und Aktivitäten geplant werden sollen. Billie trägt die Termine in einen Kalender ein und erinnert, wenn ein Termin ansteht. Der virtuelle Helfer wurde im Rahmen des Projekts Vasa („Virtuelle Assistenten und ihre soziale Akzeptanz“) vom Exzellenzcluster Kognitive Interaktionstechnologie (CITEC) der Universität Bielefeld und den v. Bodelschwinghschen Stiftungen Bethel (vBS Bethel) entwickelt. Die Technologie befindet sich noch in der Entwicklung und wurde erst vor kurzem im Alltag von Senioren getestet.
Smarte Objekte
Darüber hinaus gibt es smarte Objekte, die durch die Einbettung von intelligenten Technologien über Fähigkeiten verfügen, die über die ursprüngliche Bestimmung hinausgehen. Man nehme einen Waschtisch: Dieser soll eigentlich Wasser abfangen. Der intelligente Waschtisch, auch bekannt als TEBRA (TEeth BRushing Assistance), der im Rahmen des CITEC-Projekts TAPeD (Task Assistance for Persons with Cognitive disabilities) in Kooperation mit den vBS Bethel entwickelt wurde, unterstützt Menschen mit kognitiven Beeinträchtigungen beim Zähneputzen. Denn diese erinnern sich nicht immer an die korrekte Abfolge alltäglicher Routinen, lassen sich oft schon durch kleine Ablenkungen irritieren und wissen dann nicht mehr, was als Nächstes zu tun ist. Gewöhnlich betreuen Pflegekräfte betroffene Menschen bei solchen Alltagsaufgaben. Der intelligente Waschtisch beobachtet das Zähneputzen über Sensoren und Kameras, und die Handlung „Zähneputzen“ wird in mehrere Teilschritte wie „Mund anfeuchten“, „Zahnpasta-Nehmen“, „Putzen“ und „Spülen“ gegliedert. Stellt das System fest, dass eine Person die Zahnbürste ohne Zahnpasta in den Mund führt, gibt es akustisch und visuell den Hinweis „Zahnpasta nehmen“. Das System, das im Zeitraum von 2008 bis 2012 im Rahmen einer Promotionsarbeit realisiert wurde, konnte nach Projektende in einem Wohnheim der vBS Bethel getestet werden. Nach Projektende und Praxistest ging es jedoch aufgrund fehlender Forschungsförderung nicht weiter. Von einer Markteinführung ist die smarte Lösung noch weit entfernt.
Intelligente Lösungen, die im Alltagsleben von Senioren und Menschen mit Behinderungen zum Einsatz kommen, müssen besondere Voraussetzungen erfüllen. Sie müssen sich auf den Nutzer einstellen, individuell reagieren und gegebenenfalls Unterstützung anfordern können, überdurchschnittlich intuitiv bedienbar und optimalerweise lernfähig, sowie in der Lage sein, auch mit sprachlich eingeschränkten Menschen kommunizieren zu können – Aufgaben, die Erfinder immer noch umtreiben. Am Ende bleibt immer auch die Frage, welche Lösungen Betroffene in ihren Alltag integrieren können und wollen.