Nach dem Inkrafttreten des unseligen und unsäglichen GKV-Selbstverwaltungsstärkungsgesetzes ging und geht der Appell an alle Körperschaften der Selbstverwaltung in der Gesetzlichen Krankenversicherung, zusammen gegen weitere Eingriffe in die Rechte und Gestaltungsspielräume der Selbstverwaltung zu stehen und dagegen vorzugehen.
Ob man die jetzt von der Kassenzahnärztlichen Vereinigung Berlin gegen das Land Berlin, genauer gegen die Senatsverwaltung für Gesundheit, Pflege und Gleichstellung eingereichte Klage allerdings als heroischen Akt im Kampf gegen eine ungerechtfertigt vom Senat ausgeübte Rechtsaufsicht werten möchte, hängt angesichts des Gegenstands sehr vom Standpunkt des Betrachters ab.
Denn es geht um die immer wieder bei KZVen und KVen strittigen Übergangsgelder beziehungsweise Altersversorgungen für die hauptamtlichen Vorstände (auch zu Zeiten der ehrenamtlichen KZV-Vorstände wurde darüber bereits trefflich gestritten). Spätestens seit den unrühmlichen Verträgen des früheren Vorstands der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, Dr. Andreas Köhler, und den diversen auch gerichtlichen Auseinandersetzungen um KV-Vorstände, so auch in Berlin, reagieren nicht nur die Ärzte und Zahnärzte, sondern auch die Politik und die Öffentlichkeit bei diesem Thema mehr als empfindlich.
Vom rein ordnungspolitischen und juristischen Standpunkt aus ist das Vorgehen der Senatsverwaltung mit Sicherheit zu hinterfragen. Nicht zuletzt, weil die Kassenzahnärzte und ihre gewählten Vertreter in den Delegiertenversammlungen ihren Gestaltungs- und Regelungsspielraum für den eigenen Berufsstand nicht noch weiter beschnitten sehen wollen, und der Ausweitung des oben genannten Gesetzes auf alle Ebenen einen Riegel vorschieben wollen. Vorstände und Delegierte brauchen Sicherheit, dass nicht alle von ihnen getroffenen Regelungen für ihren eigenen Berufsstand beliebig von der Aufsicht kassiert werden.
Frage nach Verhältnismäßigkeit
Die dahinterstehende Frage der Umwandlung von Übergangsgeldern in Zuschüsse zur Altersversorgung ist im Grundsatz und an sich auch noch nicht anrüchig. Es kommt aber in dieser Frage immer auf das Maß und die Verhältnismäßigkeit an – von Gehältern, Zusatzleistungen, Altersversorgung, Nebeneinkünften etc. in der Relation zur Aufgabe, zur Mitgliederzahl, zu anderen Körperschaften und vor allem zu den Einkünften und zur Altersversorgung der Vertragszahnärzte in einer KZV, die schließlich mit ihren Mitgliedsbeiträgen zur KZV auch die Rückstellungen für die Altersversorgung der Vorstände finanzieren.
Wie viel sollen die Hauptamtler verdienen? Das war von Anbeginn der gesetzlich verfügten Hauptamtlichkeit der KZV-Vorstände ein steter Streit- und Diskussionspunkt in der Zahnärzteschaft selbst, aber auch in der Politik und in der Öffentlichkeit. Und die Diskussion ist noch lange nicht beendet, weil sie auch nicht offen geführt wurde.
Wer oder was ist der Maßstab? Der laut KZBV-Jahrbuch durchschnittliche niedergelassene Kassenzahnarzt? Oder der wirtschaftlich überaus erfolgreiche Zahnarzt-Unternehmer ganz am oberen, dünnen Ende der Gaußschen Normalverteilungskurve? Gerne wurde und wird in diesem Zusammenhang immer auf die angeblich viel besser verdienenden Kassenbosse verwiesen, aber hier hat das Bundesversicherungsamt längst deutlich strengere Maßstäbe angesetzt und Auswüchse beendet.
Man darf gespannt sein, wie das Verfahren vor dem Landessozialgericht Berlin-Brandenburg ausgeht und ob die Richter über die Entscheidung zur Rechtmäßigkeit des Vorgehens des Senats auch zum Inhalt eine Aussage machen werden. Der Tenor der Berichterstattung in der einschlägigen Presse ist jedenfalls schon einmal vorgegeben: die Zahnärztebosse als „Hamster“ mit vollen Backentaschen. Wie viel sollen die Hauptamtler verdienen? Wer oder was ist der Maßstab?