Im August und September 2016 nahmen 21 Praxen mit insgesamt 189 Antwortpersonen an der Studie teil. In diesem Beitrag werden die Ergebnisse erstmalig veröffentlicht.
Zweck und Struktur des Führungs- und Teamklimaindexes: Empirische Studien zeigen, dass mit einem moderaten Maß an transaktionalem Management und einem möglichst großen Maß an transformationalem Leadership die beste Teameffektivität zu erwarten ist (siehe auch Beitrag 2 dieser Serie). Der Führungs- und Teamklimaindex, kurz FTI, greift diesen Ansatz auf und misst mittels einer Mitarbeiterbefragung, wie stark ein Team auf der Management- beziehungsweise der Leadership-Ebene ausgeprägt ist. Während es auf der Management-Dimension ein Übermaß an Regulierung, Steuerung und Kontrolle geben kann, sollte auf der Leadership-Dimension ein möglichst hohes Ausmaß erreicht werden.
Der FTI misst insgesamt drei Management- und drei Leadership-Dimensionen, welche jeweils zu einem Management- beziehungsweise einem Leadership-Score zusammengefasst werden. Jede der Dimensionen wird mit jeweils drei Items abgefragt. Beispielitems für die jeweilige Dimension sind in Grafik 1 aufgeführt.
Datenerhebung: Im Zeitraum vom 12. Juli bis zum 6. September 2016 wurden insgesamt 24 Praxen aus dem beruflichen Netzwerk des Autors eingeladen, kostenfrei an der Studie teilzunehmen. In einem zweiseitigen Konzeptpapier wurden die Hypothesen, die Vorgehensweise und die erwarteten Ergebnisse erläutert. Von den eingeladenen Praxen nahmen schließlich elf Zahnarzt- und zehn kieferorthopädische Praxen an der Befragung teil.
Die Bereitstellung des Befragungsinstruments erfolgte online mithilfe des Programms SurveyMonkey. Die Chefs der jeweiligen Praxis erhielten einen Link per E-Mail, den sie intern zusammen mit einem kurzen Motivationsschreiben an die Mitarbeiter verteilten. Nach ca. zehn Tagen erfolgte eine Erinnerungsmail an die Mitarbeiter. Im Durchschnitt wurde die Befragung innerhalb von 14 Tagen durchgeführt. Es wurde eine durchschnittliche Rücklaufquote von 82 Prozent erzielt.
In den 21 befragten Praxen wurden von 179 Personen vollständige Datensätze abgegeben. Von den Befragten waren 84 Prozent weiblich, der Altersdurchschnitt lag bei 36 Jahren. 26 Inhaber sowie fünf angestellte Ärzte waren Teil der Stichprobe. Den überwiegenden Anteil der Befragten bildeten Zahnmedizinische Fachangestellte (88). Weiterhin nahmen elf Prophylaxe-Assistenten, 19 Zahntechniker und 40 weitere Teammitglieder an der Untersuchung teil.
Exklusives Seminar
Die DZW-Redaktion bietet in Zusammenarbeit mit Dr. Marcus Heidbrink und HAYD für interessierte Zahnärzte ein exklusives Seminar zum Thema „Management und Leadership/FTI“ in Bonn an. Termin ist Mittwoch, 5. April 2017, ab 14 Uhr. Die Teilnahme ist kostenfrei, die Teilnehmerzahl ist begrenzt, die Zusage erfolgt in der Reihenfolge der Anmeldungen. Anmeldung bis 15. März 2017 per E-Mail an leserservice@dzw.de, Stichwort „Seminar“.
Datenanalyse und Ergebnisse: Die Befragungsdaten wurden zunächst in zwei Gruppen unterteilt: die zahnärztlichen und die kieferorthopädischen Praxen. Nach der Berechnung der jeweiligen Mittelwerte und Standardabweichungen wurden die Mittelwerte der beiden Studiengruppen auf statistisch signifikante Unterschiede untersucht mit dem Ergebnis, dass in keinem Einzelitem, in keiner Dimension und auf der Ebene der aggregierten Management- und Leadership-Scores signifikante Unterschiede gefunden werden konnten. Die Ergebnisse zwischen Zahnarzt- und kieferorthopädischen Praxen unterschieden sich in unseren Daten nicht.
In der Folge wurde die Zweiteilung der Daten aufgehoben und die Sekundäranalysen auf der Basis der Gesamtstichprobe durchgeführt. In einem ersten Schritt wurden die Mittelwerte für die Management-Dimensionen und die Leadership-Dimensionen errechnet. Der durchschnittliche Management-Score für alle Praxen lag, dargestellt auf einer sechsstufigen Skala, bei MW = 4,59. Dies ist ein im Vergleich zu externen Benchmarks in anderen Industrien ausgeprägter Wert. Es lässt sich ableiten, dass die untersuchten Praxen überwiegend gut organisiert sind.
Weiterhin wurde der durchschnittliche Leadership-Score ermittelt. Dieser lag mit MW = 4,47 nur unwesentlich unter dem Management-Score und vergleichsweise überraschend hoch. Ein Blick in die Bewertung der einzelnen Leadership-Items offenbarte, dass insbesondere zwei Fragen zu dem hohen Mittelwert beigetragen hatten: Zum einen bescheinigten die befragten Mitarbeiter ihren Chefs, dass diese großen Wert auf die Aus- und Fortbildung der Mitarbeiter legten. Zum anderen erfolgte auch eine starke Zustimmung zu der Frage nach der Bedeutsamkeit des eigenen Jobs.
Die befragten Praxen weisen im Durchschnitt ein ausgeprägtes Management auf. Im Leadership-Bereich gibt es vielversprechende Ansätze, beispielsweise in der Mitarbeiterförderung.
Neben den insgesamt sechs Management- und Leadership-Dimensionen enthält der FTI auch Fragen zur allgemeinen Zufriedenheit und zum Commitment der Teammitglieder. Das Commitment bezeichnet das Ausmaß an emotionaler und kognitiver Verbundenheit mit einer Organisation. In einer Korrelationsanalyse wurden zunächst die Zusammenhänge zwischen den in der Studie berücksichtigten Variablen untersucht. Die Ergebnisse sind in Grafik 2 dargestellt.
In Ergänzung zu einer einfachen Zusammenhangsanalyse empfiehlt sich zum Aufspüren von Ursache-Wirkungs-Zusammenhängen die Durchführung einer Regressionsanalyse. Als abhängige Variable wurden zum einen die allgemeine Zufriedenheit und zum anderen das Commitment verwandt. Als unabhängige Variablen wurden die Management- und die Leadership-Scores eingesetzt. Die Ergebnisse zeigen, dass in diesem einfachen Vorhersagemodell 46,6 Prozent der Varianz in der Mitarbeiterzufriedenheit durch Leadership erklärt werden kann. Beim Commitment sind dies 44,8 Prozent. Das Ausmaß an Management trug hingegen nicht zur Erklärung der Zufriedenheit oder des Commitments der Mitarbeiter bei.
Unsere Daten legen nahe, dass ein ausgeprägtes Leadership zu mehr Zufriedenheit und Commitment der Mitarbeiter führt; das reine Management hingegen nicht.
Zusammenfassend lassen sich die Erkenntnisse aus unserer Studie wie folgt darstellen:
- Die von uns befragten Praxen sind nach Einschätzung ihrer Mitarbeiter überwiegend gut organisiert (hohe Management-Scores).
- Die hohen Management-Scores der untersuchten Praxen können auf die Gefahr des Überorganisierens (micro management) hinweisen.
- Im Vergleich zu externen Benchmarkdaten von kleinen und mittelständischen Unternehmen bescheinigen sich die Mitarbeiter in unserer Studie ein ausgeprägtes Commitment und eine überdurchschnittlich hohe Zufriedenheit.
- Die in unserer Studie berücksichtigten Praxen arbeiten teilweise bereits seit Jahren an ihrer internen Organisation und an Fragen des Teamklimas. Die durchschnittlichen Ergebnisse in unserer Studie könnten daher höher ausgefallen sein als der zu erwartende Durchschnitt aller Praxen in Deutschland.
- Investitionen in Leadership (hier die Subskalen: individuelle Förderung, Teamkohäsion und Bedeutsamkeit der Arbeit) versprechen ein höheres Commitment und eine höhere Zufriedenheit des Praxisteams.
Fazit: In unserer Studie wurde der Führungs- und Teamklimaindex erstmalig in deutschen Zahnarzt- und kieferorthopädischen Praxen eingesetzt. Mit den Daten der 21 untersuchten Praxen war eine Normierung des Befragungsinstruments möglich, sodass Praxen, welche den FTI zur Analyse ihres Führungs- und Teamklimas einsetzen möchten, zukünftig Benchmarkdaten zur Verfügung haben.
Die Ergebnisse der Befragungen wurden jeweils mit den Chefs der untersuchten Praxisteams besprochen und von diesen als plausibel und augenscheinlich valide eingestuft. Auf der Basis der detaillierten Analyse haben 15 der 21 untersuchten Praxen bereits gezielte Schritte zur Weiterentwicklung ihres Führungs- und Teamklimas eingeleitet.