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Melanom der Mundhöhle (2): Spezifische Pathologie entarteter Melanozyten 

Melanome der Schleimhaut und der Haut gehören zu den sogenannten Neurocristopathien, einer Gruppe von Erkrankungen, welche durch Defekte in Zellen der Neuralleiste entstehen. In der oralen Mukosa liegen die Melanozyten im Regelfall im Stratum basale der Epidermis, teilweise verbleiben sie sogar in der Submukosa.

Dorthin gelangen sie durch Migration ihrer Precursor-Zellen, deren Reifung und Differenzierung über komplexe Interaktionen zwischen Transkriptionsfaktoren und intrazelluläre Signal Pathways gesteuert wird. Dazu gehören unter anderem die Tyrosinkinase KIT (Stammzellfaktor-Rezeptor) und eine Reihe von Faktoren wie SOX10, SOX9, FOXP3, welche Genexpressionen steuern und regulatorische Einflüsse auf die Bereitstellung bestimmter Proteine haben. 

Komplexe hormonelle Interaktionen bei der Melaninproduktion 

Die gewebsspezifischen Progenitor-Zellen, welche aus pluripotenten Stammzellen hervorgehen, sind relativ undifferenziert. Sie haben die Kapazität zum sogenannten „self renewal“. Das bedeutet, dass sie durch Teilung weitere spezifische Stammzellen mit identem Replikations- und Differenzierungspotenzial hervorbringen können. Diese Progenitor-Zellen findet man auch nach dem Abschluss der Embryonalentwicklung in den Papillen der Dermis und in den Hüllen superfizieller Nerven.  

Nach Verlust oder dem natürlichen Zelltod reifer Melanozyten können diese, ausgehend von solchen Reservoirs, rasch ersetzt werden. Sie migrieren durch die Basallamina, haben die Fähigkeit Adhäsionsmoleküle zu beeinflussen und zwischen Keratinozyten an ihren Bestimmungsort zu wandern.  

Melanozyten geben nicht nur den dunklen Farbstoff Melanin an das ­Epithel ab, sie haben entsprechend ­ihrer Herkunft auch neuroendokrine Fähigkeiten wie die Produktion von L-Dopa, L-Tyrosin Serotonin und Melatonin. Dadurch können sie unter physiologischen Bedingungen den Metabolismus der umliegenden Keratinozyten regulieren und tragen zur Aufrechterhaltung der epidermalen Homöostase bei. 

Die Melaninsynthese unterliegt zahlreichen Steuerungsmechanismen durch fördernde Hormone wie Östrogen, Androgen, Vitamin D3, ACTH sowie Leukotriene, Prostaglandine und Histamine. Die zur Aufrechterhaltung der Homöostase notwendigen Gegenspieler sind hemmende Botenstoffe wie Glukocorticoide und Zytokine wie TNFa, IL-1 und IL-6. Diese beeinflussen bekanntlich auch die Immunmodulation und Entzündungsbereitschaft der oralen Schleimhaut.

Bei Fehlregulation kommt es durch vermehrt anfallende zytotoxische Nebenprodukte zu oxidativem Stress und zu mutagener Wirkung mit Schädigung des Erbguts und dysplastischer Zelltransformation. Die Zwischenprodukte der Melanin-Produktion haben im Mikroenvironment der Schleimhaut immunsupprimierende Wirkung, die sich negativ auf eine rechtzeitige Eliminierung entarteter Zellen auswirkt und somit eine Kanzerogenese vorantreibt. 

Vor allem im oralen Milieu können diverse Noxen, darunter zum Beispiel chemische Schadstoffe, in Kombination mit Melanin und seinen Abbauprodukten zu einer übersteigerten Proliferation der Progenitor-Zellen und somit der Melanozyten-Produktion führen. Zu viele Zellteilungen bedeuten vermehrte Fehler bei der Mitose und bilden so die Basis für eine dysplastische Transformation und die Etablierung präkanzeröser Veränderungen. 

Maligne Veränderungen der Expression von Transkriptionsfaktoren

Die Gefahr einer späteren Melanom-Entstehung kann aber auch direkt in der Embryogenese liegen. So konnten bereits unter den Precursern für Melanozyten auch sogenannte Melanom-Precursor-Zellen mit bereits primär vorhandenen epigenetischen oder zytogenetischen Alterationen nachgewiesen werden. Sie sind vermutlich Analoga der „normalen“ Melanozyten-Stammzellen, die primär ohne auslösende mutagene Noxe unreguliert Transkriptionsfaktoren exprimieren. 

Atypisch transformierte Melanozyten weisen eine Reihe von Abnormitäten in ihren Adhäsionsmolekülen und intrazellulären Signalwegen auf. Dazu gehört speziell bei den mukosalen Melanomen eine Überexprimierung von c-Kit-Rezeptor, dessen Nachweis auch für eine mögliche Antikörpertherapie von Bedeutung ist. Die genetische Alteration führt zu klonaler Expansion und Divergenz, welche zur Entstehung von Subklonen mit unterschiedlichen genetischen Defekten und möglicher Kapazität für pagetoide destruiertende Wachstumsmuster, Invasion und Metastasierung. 

Maligne Melanome können auf der Schleimhaut wie auf der Haut sowohl de novo in vorher gesundem Gewebe, aber auch in sogenannten Vorläuferläsionen wie dem dysplastischen Naevus entstehen. Diese präkanzerösen Läsionen, aber auch benigne pigmentierte Schleimhautveränderungen und deren Differenzialdiagnose sind Inhalt des dritten Teils dieses Beitrags.

DDr. Christa Eder, Fachärztin für Pathologie und Mikrobiologin, Wien

(wird fortgesetzt) 

Hier geht es zu Teil 1: Primäre Melanome der Mundschleimhaut: selten, aber hochaggressiv

DDr. Christa Eder

ist Fachärztin für Pathologie und Mikrobiologin. Seit vielen Jahren schreibt sie für das österreichische Fachmagazin „Zahn.Medizin.Technik“ und die deutsche Fachzeitung „dzw – Die ZahnarztWoche“. Auch ist sie als Vortragende im Bereich der zahnärztlichen Mikrobiologie international bekannt.

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