Bald beginnt die Urlaubszeit! Aber was ist eigentlich rechtlich verankert und was nicht? Es ranken sich einige Mythen darum, welche Rechte und Pflichten Arbeitnehmer und Arbeitgeber haben. Sieben davon widerlegt ein Experte der Hochschule Fresenius.
Grundsätzlich gilt, dass Arbeitnehmer ihren Urlaub immer beantragen und Arbeitgeber ihn gewähren müssen. Der Ausdruck sich „Urlaub zu nehmen“ ist daher nicht ganz zutreffend. Gibt es allerdings keine berechtigten Gründe, die gegen den Urlaub sprechen, ist der Arbeitgeber gehalten, den Urlaub abzusegnen. Sollte der Arbeitnehmer sich doch „frei nehmen“, ohne dass dies zuvor vom Arbeitgeber gewährt wurde, bleibt er damit der Arbeit unentschuldigt fern, was ein Grund für eine fristlose Kündigung sein kann.
Um das Urlaubsrecht ranken sich trotzdem zahlreiche Mythen. Prof. Dr. Michael Fuhlrott, Arbeitsrechtler und Professor an der Hochschule Fresenius, erklärt, warum sie keine rechtliche Grundlage haben.
Keine spontanen Betriebsferien
Mythos 2: Der Arbeitgeber darf keine Betriebsferien anordnen.
Gesetzliche Grundlage: „Viele Firmen legen fest, dass beispielsweise zwischen Weihnachten und Silvester der Betrieb geschlossen wird und alle Mitarbeiter in dieser Zeit Urlaub nehmen müssen. Auch eine Werksschließung im Sommer oder sogar im November mit der Verpflichtung für zwei Wochen, Urlaub zu nehmen, wäre möglich. Für die Planungen der Arbeitnehmer muss dies aber rechtzeitig angekündigt werden und es muss ein angemessener Zeitraum von Urlaubstagen verbleiben, über den die Mitarbeiter frei verfügen können. Zulässig sind auch Beschränkungen des Urlaubs für bestimmte Zeiten. So darf ein Logistikunternehmen z.B. eine Urlaubssperre für die Vorweihnachtszeit verhängen oder eine Schule dem Hausmeister Urlaub außerhalb der Schulferien versagen.“
Schulferien sind nicht automatisch Urlaubszeit
Mythos 3: Eltern mit schulpflichtigen Kindern dürfen immer in den Schulferien Urlaub nehmen.
Gesetzliche Grundlage: „Einen gesetzlich festgelegten Anspruch auf Urlaub für Eltern schulpflichtiger Kinder in den Schulferien gibt es nicht. In Ausnahmefällen kann für ein bestimmtes Projekt zeitweise sogar eine Urlaubssperre verhängt werden. Der Vorgesetzte darf zudem die Mindestbesetzung des Unternehmens oder der Abteilung festlegen. Sicher ist jede Firma jedoch gewillt, familienfreundliche Regelungen zu finden. Gibt es allerdings mehr Urlaubswünsche von Eltern mit Kindern als der Arbeitgeber genehmigen möchte, muss er - gegebenenfalls jahresweise verteilt - versuchen, die widerstreitenden Urlaubswünsche gerecht zu verteilen.“
Urlaubsanspruch gilt auch in der Probezeit
Mythos 4: In der Probezeit darf man keinen Urlaub nehmen.
Gesetzliche Grundlage: „Der zweiwöchige Griechenlandurlaub ist schon lange gebucht und bezahlt. Doch kurz vorher wechselt man den Job. Vielen stellt sich die Frage, ob sie die Reise in diesem Fall canceln müssen. Es empfiehlt sich, dies bereits im Vorstellungsgespräch anzusprechen, um eine Einigung zu finden. Denn: Im neu angetretenen Arbeitsverhältnis hätte man keinen Anspruch auf diesen Urlaub. Grundsätzlich erwirbt man auch während der Probezeit pro Monat mindestens zwei Tage Urlaubsanspruch, den man nach Genehmigung des Vorgesetzten auch nehmen darf. Der volle Urlaubsanspruch wird allerdings erst nach sechs Monaten erworben. Wer also in seinem neuen Job nach drei Monaten schon eine zweiwöchige Reise antreten will, tut gut daran, dies rechtzeitig abzustimmen.“
Krankheit gilt nicht als Urlaub
Mythos 5: Krankheit im Urlaub das persönliche Pech des Arbeitnehmers.
Gesetzliche Grundlage: „Natürlich mindert eine Krankheit die Urlaubsfreuden. Wer sich aber im Urlaub an der Paella den Magen verdorben hat oder beim Mountainbiking stürzt und verletzt, urlaubt nicht mehr, sondern ist krank. Krankheit geht dem Urlaub arbeitsrechtlich vor. Der Urlaub kann daher erneut beansprucht werden. Wichtig ist aber, dass der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber seine Erkrankung unverzüglich mitteilt. Möchte der Arbeitnehmer also später seinen Urlaub erneut geltend machen, muss er seinen Arbeitgeber umgehend informieren. Tut der Arbeitnehmer dies nicht, bekommt er zwar bei Nachweis der Erkrankung nach Rückkehr die Tage ebenfalls gutgeschrieben, riskiert aber eine Abmahnung wegen Verletzung seiner Anzeigepflicht.“
Arbeit ist Arbeit – Urlaub ist Urlaub
Mythos 6: Für Notfälle kann der Chef Mitarbeiter aus dem Urlaub zurückrufen.
Gesetzliche Grundlage: „Einmal gewährter Urlaub kann nicht wieder zurückgenommen werden. Nur in absoluten Notfällen mag im Einzelfall anderes gelten – etwa, wenn das Unternehmen sonst den Betrieb nicht aufrechterhalten könnte. Eine Firma kann seine Mitarbeiter allenfalls um eine Rückkehr oder einen Verzicht bitten und müsste dann aber auch sämtliche anfallenden Kosten übernehmen. Auch die Urlaubsadresse muss vom Arbeitnehmer nicht hinterlassen werden und das Smartphone darf abgeschaltet werden. Urlaub dient der Erholung, so dass der Arbeitnehmer hier sprichwörtlich ein Recht zum Abschalten hat.“
Die Rückreise will gut geplant sein
Mythos 7: Fällt der Rückflug aus, ist das höhere Gewalt.
Gesetzliche Grundlage: „Arbeitnehmer sind gehalten, sich über den Stand ihrer Rückflüge zu informieren. So werden z.B. oft Streiks längere Zeit im Vorfeld angekündigt, so dass Mitarbeiter sich auf diese Situation vorbereiten können. Ist für den Arbeitnehmer daher schon vorher sicher absehbar, dass der Rückflug oder die Fähre ausfallen wird und eine rechtzeitige Rückkehr nicht gewährleistet ist, muss er aktiv werden und gegebenenfalls schon vorher seine Flüge umbuchen, um rechtzeitig wieder erscheinen zu können oder um eine Urlaubsverlängerung bitten. Auch bei urplötzlich eintretenden Naturereignissen wie einem ausbrechenden isländischen Vulkan, die zur Streichung aller Flüge führt gilt: Erscheint man wegen stornierter Flüge nicht rechtzeitig im Büro, muss der Mitarbeiter seinen Chef nicht nur unverzüglich darüber in Kenntnis setzen, sondern für diese Zeit auch bezahlten oder gegebenenfalls unbezahlten Urlaub nachreichen.“
Planungssicherheit für beide Parteien
Mythos 1: Unternehmen können nicht verlangen, dass der gesamte Urlaub zu Jahresbeginn festgelegt wird.
Gesetzliche Grundlage: „Der Arbeitgeber darf verlangen, dass Arbeitnehmer sich zu Beginn des Jahres Gedanken über ihre Urlaubspläne machen und frühzeitig den Jahresurlaub planen. Der Arbeitgeber hat also ein Recht auf Planungssicherheit. Auch muss der Arbeitgeber nicht sofort über einen Urlaubsantrag entscheiden. Insbesondere wenn noch Abstimmungen mit anderen Arbeitnehmern zur Vertretung erforderlich sind oder die Arbeitsplanung noch nicht steht, darf er die Entscheidung über die Urlaubsgewährung einige Zeit zurückstellen.“