Eine Schnupperlehre oder ein Praktikum sind eine gute Möglichkeit, einen Beruf in der Praxis kennenzulernen. Beides bietet sowohl Praktikanten als auch Zahnärzten Vorteile: Der potenzielle Auszubildende lernt den Beruf ZFA kennen und kann einschätzen, ob das Berufsbild dem persönlichen Interesse und Vermögen tatsächlich entspricht. Der Praxisinhaber kann eine erste Einschätzung über den Praktikanten und seine Befähigung gewinnen. Sein Auftreten kann auch als erster Gradmesser über die sozialen Kompetenzen herangezogen werden.
Gerade wo es schwierig ist, gutes Personal zu rekrutieren, ergibt sich daraus die Option, bei entsprechender Eignung ein Ausbildungsverhältnis anzubieten. Bevor die Praxis Praktikanten aufnimmt, sollte sie sich jedoch mit der (rechtlichen) Ausgangslage auseinandersetzen, um zu wissen, ob ein Praktikum möglich ist oder nicht. Dann steht dieser für beide Seiten positiven Erfahrung nichts im Weg.
Voraussetzungen
Jugendliche, die jünger sind als 15 Jahre, dürfen laut Paragraf 5 Jugendarbeitsschutzgesetz (JArbSchG) nicht im Rahmen eines Praktikums beschäftigt werden [3]. Gleiches gilt für vollzeitschulpflichtige Jugendliche älter als 15 Jahre, außer sie absolvieren ein Schul-Pflichtpraktikum (in der Regel in der neunten oder zehnten Klasse) oder in den Ferien eine Schnupperlehre (bis maximal vier Wochen jährlich sind erlaubt). Bundesweit bekannt ist auch der Boys´ Day, in dessen Rahmen männliche Teenager die Praxis einen Tag besuchen [5]. Alle anderen Jugendlichen zwischen 15 und 17 Jahren dürfen gemäß den Regelungen des JArbSchG beschäftigt werden. Auch Schulabgänger und Studenten der Zahnmedizin können ein freiwilliges Praktikum absolvieren.
Darüber hinaus kann die Praxis eine Schnupperlehre im Rahmen eines Bewerbungsverfahrens für eine Ausbildungsstelle anbieten. In jedem Fall hängt sowohl vom Alter als auch vom Grund des Praktikums ab, ob das Praktikum aus rechtlicher Sicht ein Arbeitsverhältnis mit ungelernten Kräften ist oder nicht. Das wiederum hat Auswirkungen auf eine mögliche Vergütung und auf die Sozialversicherungspflicht. Beim verpflichtenden Schülerpraktikum handelt es sich nicht um ein Arbeitsverhältnis, sondern eine Schulveranstaltung – es besteht keine Sozialversicherungspflicht. Vereinbart man dagegen mit einem Schüler ein Praktikum (entspricht von der Beschäftigung her einer ungelernten Kraft), liegen formal rechtlich eine weisungsabhängige Tätigkeit und damit Sozialversicherungspflicht und ein Anspruch auf Entgelt vor [6]. Fachleute empfehlen zur Fehlervermeidung einen Praktikantenvertrag, in dem Art und Dauer der Tätigkeit sowie die Vergütung definiert sind [6]. Praktikumsverhältnisse mit Flüchtlingen oder Asylbewerbern unterliegen entsprechenden Regelungen, die man am besten mit der zuständigen Ausländerbehörde abklärt [8].
Belehrungen und Versicherungen
Vor Praktikumsbeginn müssen Praktikanten über ihre Schweigepflicht (Paragraf 203 StGB) [4] aufgeklärt werden und eine schriftliche Verschwiegenheitserklärung unterschreiben; bei minderjährigen Praktikanten ist zusätzlich auch die Unterschrift der Eltern nötig. Viele Landeszahnärztekammern bieten dazu Musterdokumente zum Herunterladen an. Nicht zwingend schriftlich muss die Einverständniserklärung der Patienten eingeholt werden, die in Anwesenheit von Praktikanten behandelt werden oder in deren Patientenunterlagen diese Einsicht erhalten [2]. Dennoch sollte man zur eigenen Sicherheit in der Akte kurz dokumentieren, dass der Patient seine Zustimmung gegeben hat [1,8].
Praktikanten müssen über die notwendigen Hygiene- und sonstigen Schutzmaßnahmen wie Unfallverhütungsvorschriften und potenzielle Unfall- und Gesundheitsgefahren belehrt werden (Paragraf 29 JArbSchG) [3]. Selbstverständlich muss die Aufklärung in für Praktikanten verständlicher Form erfolgen und es empfiehlt sich, diese zu dokumentieren. Da ein Arbeiten von minderjährigen Praktikanten im infektionsgefährdeten Bereich und damit auch am Patienten nicht erlaubt ist, besteht kein Zwang zu einer spezifischen Schutzimpfung [6]. Es gibt Stellen, die auf saisonale Impfungen, wie zum Beispiel die Grippeimpfung, in diesem Zusammenhang hinweisen [1]. Bei volljährigen Praktikanten dagegen ist ein Einsatz in der Assistenz unter anderem an eine Immunisierung gegen Hepatitis B gebunden [8].
Besuchen Praktikanten die Praxis im Rahmen eines verpflichtenden Schulpraktikums, so sind sie mit der Schüler-Unfallversicherung (Paragraf 2 Absatz 1 Nummer 8 b SGB VII) [7] automatisch für Arbeits- und Wegeunfälle sowie Berufskrankheiten abgesichert und über den Schulträger haftpflichtversichert. Für alle anderen Praktikanten entsteht Versicherungsschutz über den für die Zahnarztpraxis zuständigen Unfallversicherungsträger (Berufsgenossenschaft) – aber nur dann, wenn die Praxis die Praktikanten dort auch gemeldet hat [1]. Außerdem sollte man sich von allen Praktikanten außerhalb des verpflichtenden Schulpraktikums eine bestehende Haftpflichtversicherung vorzeigen lassen oder selber prüfen, ob er über die Praxisversicherung mitlaufen kann; dies sollte sich die Praxis schriftlich bestätigen lassen. Darüber hinaus besteht für den Praxisinhaber stets die Aufsichtspflicht [6].
Erlaubte Tätigkeiten
Das JArbSchG gibt vor, was Praktikanten machen dürfen beziehungsweise was verboten ist: Jugendliche (sofern sie nicht Auszubildende sind) dürfen nicht mit Arbeiten beschäftigt werden, die ihre Leistungsfähigkeit übersteigen und mit Unfallgefahren verbunden sind (Paragraf 22 Absatz 1 JArbSchG) [3]. Das betrifft auch Tätigkeiten, die mit „schädlichen Einwirkungen von biologischen Arbeitsstoffen und Strahlen“ verbunden sind. Damit dürfen sie beim Patienten nur beobachtend, nicht aber aktiv am Stuhl eingesetzt werden, da sie nicht mit Blut und Speichel in Verbindung kommen dürfen. Genauso wenig dürfen sie bei der Reinigung, Desinfektion und Sterilisation der Instrumente helfen, schließlich ist eine Tätigkeit mit stechenden und schneidenden kontaminierten Gegenständen verboten. Aktiv könnte ein jugendlicher Praktikant damit nur am Empfang und in Verwaltungstätigkeiten (unter Datenschutz-Beachtung) eingesetzt werden [2,6].
Bei Praktikanten im Rahmen eines Schulpraktikums kann die Schule die Arbeitszeiten festlegen, was aus der Praxis eher nicht bekannt ist. Ist dies nicht der Fall, wird bei ihnen ebenso wie bei minderjährigen Praktikanten, die mindestens 15 Jahre alt und jünger als 18 Jahre sind, das JArbSchG angewendet (Paragraf 8 Absatz 1 JArbSchG) [3]. Die Arbeitszeit darf nicht mehr als acht Stunden täglich und 40 Stunden wöchentlich betragen. Im JArbSchG sind unter anderem die Pausenzeiten geregelt wie auch das Arbeitsverbot von Zeiten vor 6 Uhr und nach 20 Uhr oder an Samstagen und Sonntagen. (Alle Angaben unter Haftungsausschluss).
Dr. Ulrike Oßwald-Dame, München
Literatur und Links
[1] Bayerische Landeszahnärztekammer Merkblatt Praktikum.
[2] Behring M: Praktikum in der Zahnarztpraxis.
[3] Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz: Gesetz zum Schutze der arbeitenden Jugend (Jugendarbeitsschutzgesetz – JarbSchG).
[4] Juristisches Informationssystem für die BRD. Strafgesetzbuch (StGB) § 203.
[5] Kompetenzzentrum Technik-Diversity-Chancengleichheit e.V.: Boy´s Day.
[6] Rehborn U: Berufspraktikum in der zahnärztlichen Praxis – was ist zu beachten? Zahnärzte-Wirtschaftsdienst 09-2002: 13
[7] Siebtes Buch Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Unfallversicherung.
[8] Zahnärztekammer Niedersachsen. Arbeitsrecht – Informationen. Praktikum in der Zahnarztpraxis.