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„Wir haben die besseren Implantate“

Äpfel und Birnen – oder Ballons. Auch wenn vergleichende Werbung heute grundsätzlich zulässig ist, gibt es Spielregeln.

Äpfel und Birnen – oder Ballons. Auch wenn vergleichende Werbung heute grundsätzlich zulässig ist, gibt es Spielregeln.

Werbung in eigener Sache kann auch vergleichende Werbung sein. Nachdem früher galt: vergleichende Werbung ist grundsätzlich unzulässig, gilt jetzt das Gegenteil. Verrechnet haben sich allerdings diejenigen, die an grenzenlose vergleichende Werbung dachten.

Dies musste schon 2002 der Billigflieger „Ryanair“ erfahren, der irreführend die eigenen Sondertarife den Lufthansa-Businessclass-Tarifen gegenüberstellte: Der berühmte Vergleich von Äpfeln mit Birnen, dem das Landgericht einen Riegel vorgeschoben hat. Hier lesen Sie, was bei der vergleichenden Werbung für Implantate zu beachten ist.

Traditioneller Spaß

In einer Tradition vergleichender Werbung stehen seit jeher die Getränkemarken „Pepsi“ und „Coca Cola“. Ein Beispiel dafür: der kleine Junge, der vor einem Getränkeautomaten steht und sich nacheinander zwei Coca-Cola kauft. Diese Dosen stellt er fein säuberlich nebeneinander auf dem Boden vor dem Automaten ab. Das Ganze macht er allerdings nur, um sich mit beiden Füßen auf diese Dosen zu stellen und so an die höher gelegene Taste für die Pepsi-Cola zu gelangen.

Vergleichende Werbung kann Spaß machen. Der hört allerdings auf, wenn das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) missachtet wird. Dann drohen Unterlassungsverfahren und die Abschöpfung des rechtswidrig eingefahrenen Gewinns.

Klassische und neue Werbeformen

Am Anfang stellt sich die Frage, was überhaupt Werbung ist. Einfach ist die Antwort für das Fernsehen zu geben. Die Werbeblöcke werden häufig eingeläutet mit dem nicht zu übersehenden Wort „Werbung“.

Weniger bewusst ist demgegenüber Implantatherstellern, Vertriebsunternehmen für Dentalprodukte oder Zahnärzten, dass regelmäßig die eigene Website schon Unternehmenswerbung ist. Sie zielt darauf ab, Implantate oder zahnmedizinische Behandlungsleistungen abzusetzen. Die vom Wettbewerbsrecht erfasste Werbung ist nicht auf die klassische Werbung beschränkt, wie man sie beispielsweise aus Fernsehen oder Zeitungsanzeigen kennt. Neuere Formen wie beispielsweise Werbung auf Youtube, Facebook und Co. werden auch vom UWG erfasst. Dies mussten zuletzt die sogenannten Influencer erfahren, die Entscheidungen wegen Schleichwerbung hinnehmen mussten.

Maßstäbe für Vergleiche

Während sich das Recht für „Influencer“ erst noch entwickeln muss, sind in Paragraf 6 UWG wesentliche rechtliche Maßstäbe für vergleichende Werbung festgelegt. Der Paragraf 6 UWG klärt zunächst einmal, was überhaupt vergleichende Werbung ist. Vergleichende Werbung ist jede Werbung, die direkt oder indirekt einen Mitbewerber oder die von einem Konkurrenten dargebotenen Waren oder Dienstleistungen erkennbar macht. Bei Implantatsystemen kann vergleichende Werbung nicht bloß durch eine Gegenüberstellung der Implantatsysteme erfolgen. Ein Vergleich kann genauso darin bestehen, für ein Implantatsystem herauszustellen, dass es sich um eine Nachahmung auf Augenhöhe mit dem Markenhersteller handelt.

Vorteile im Vergleich

Vergleichende Werbung ist zunächst einmal zulässig. Wenn nämlich die Werbung wesentliche, relevante, nachprüfbare und typische Eigenschaften oder den Preis der Waren oder Dienstleistungen vergleicht und nicht irreführend ist, wird so über die Vorteile der miteinander verglichenen Waren oder Dienstleistungen unterrichtet.

„Falsches Spiel“ in Bezug auf die Bewerbung von Eigenschaften von Implantaten wird dagegen betrieben und gegen Paragraf 6 Abs. 2 Nr. 1 UWG verstoßen, wenn für die zu einem Implantatsystem gehörenden Einzelteile eine Austauschbarkeit angepriesen wird – und zwar unter Berufung auf zulässige Abweichungen in einer Größenordnung, die es auch bei einem konkurrierenden Implantatsystem geben soll. In dieser Situation handelt es sich um „Halbwahrheiten“, wenn das konkurrierende Implantatsystem die zulässigen Abweichungsgrößen gar nicht veröffentlicht hat.

Verdeckte Rufausbeutung

Vergleichende Werbung kann nach Paragraf 6 Abs. 2 Nr. 4 UWG unzulässig sein, wenn eine unlautere Rufausbeutung beziehungsweise Rufausnutzung stattfindet. Der „Ruf“ ist das Ansehen, das einem Kennzeichen im Verkehr zukommt. Dieses Ansehen kann auf unterschiedlichen Faktoren beruhen. Diese können bei Waren oder Dienstleistungen vor allem die Preiswürdigkeit, eine besondere Qualität, Exklusivität oder ein Prestigewert sein.

Ausgenutzt wird der Ruf dann, wenn die Werbung Assoziationen herbeiführen kann, die bewirken, dass die angesprochenen Verkehrskreise den Ruf des Erzeugnisses des Mitbewerbers auf den Ruf des Erzeugnisses des Werbeträgers übertragen. Es findet also ein sogenannter Imagetransfer statt. Diese Rufausbeutung kann bei Implantaten beispielsweise dadurch geschehen, dass in der Werbung ein seit Jahrzehnten etablierter Implantathersteller genannt, zugleich das Nachahmungs-Implantatsystem als qualitätsvolle „Replik“ ausgewiesen wird und dabei noch die Vorzüge des Originals herausgestellt werden.

Heikel: Systeme als miteinander vereinbar präsentieren

Besonders heikel ist die Werbung, in der unterschiedliche Implantatsysteme als miteinander vereinbar präsentiert werden. Hier ist auf Paragraf 5 UWG hinzuweisen. Nach Paragraf 5 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 ist Werbung irreführend, wenn sie unwahre Angaben zu wesentlichen Merkmalen der Ware oder Dienstleistung wie beispielsweise Zwecktauglichkeit oder Verwendungsmöglichkeit beinhaltet.

Derartig falsche Angaben können gemacht werden, wenn für ein Implantatsystem die Aussage getroffen wird, die Bestandteile könnten mit Teilen anderer ohne weiteres kombiniert werden. Ob derartige Kombinationsmöglichkeiten bestehen, richtet sich nämlich nach der Zweckbestimmung, für welche die Konformitätsbewertung durchgeführt wurde. Bei Zahnärzten oder Ärzten kann eine nicht von der Zweckbestimmung gedeckte Kombination in einen Arzthaftungsfall münden.

Angesichts der zuvor aufgezeigten Schwierigkeiten lassen Unternehmen ihre vergleichende Werbung im Vorfeld intensiv „checken“. Denn bei Werbung auf Kosten anderer schauen diese ganz besonders genau hin.

Dr. Tim Oehler, Fachanwalt für Medizinrecht