Es bedarf nach wie vor eines effektiven und effizienten Praxismanagements. Zum Management hinzukommen muss ein Leadership, das Inspiration, individuelle Förderung, Teamkohäsion und Sinnstiftung gewährleistet. Die Abbildung 1 veranschaulicht die möglichen Kombinationen dieser beiden Führungswelten.
Das Management-Leadership-Grid
Das in Abbildung 1 dargestellte Management-Leadership-Grid veranschaulicht die Annahme, dass die beiden Führungswelten des Managements und des Leaderships miteinander vereinbar sind. Je nachdem, wie viele Verhaltensweisen aus der einen oder anderen Welt praktiziert werden, ergibt sich ein spezifischer Mix der eigenen Führungskultur. Sind beispielsweise weder Management- noch Leadership-Aktivitäten in einer Praxis spürbar, kann von einem Laissez-faire-Stil gesprochen werden. Die Chefs glänzen durch Abwesenheit oder maximal durch punktuelle Interventionen im Ausnahmefall. Die Konsequenzen sind nachweislich negativ: Teams, deren Chefs einen Laissez-faire-Stil praktizieren, weisen im Durchschnitt eine geringe Effektivität sowie eine Häufung von internen Konflikten und zerstörerischer Energie aus.
Andere Kombinationen sind denkbar, wie beispielsweise die Verbindung aus einem starken Management mit wenigen oder keinen Leadership-Aktivitäten. Dieser Mix entspräche im Schaubild dem Feld unten rechts, der „übermanagten“ Fabrik. Das Praxisgeschäft ist in den zurückliegenden Jahrzehnten kontinuierlich professionalisiert, aber auch immer weiter reguliert worden. Erwartungsgemäß haben sich zahlreiche Praxen auf dem Schaubild auf der x-Achse weiter nach rechts bewegt. Zertifizierungen, die Einführung von Steuerungs- und Controllinginstrumenten, das Durchführen von Prozessoptimierungen, regulierende Abstimmungen im Arbeitsteam, das Qualitätsmanagement, neue Dokumentationsverpflichtungen etc. – alle diese gut gemeinten Aktivitäten der Praxisorganisation führen zu einer Stärkung der Management-Ausprägung einer Praxis.
Ein gutes Management ist notwendig, es resultieren allerdings daraus keine motivatorischen Effekte. Eine zu starke Regulierung macht die Systeme unabhängiger vom einzelnen Menschen. Die Menschen denken entsprechend weniger mit, bringen sich weniger ein mit Ideen, Querdenken und Verbesserungsvorschlägen, übernehmen weniger Verantwortung und fühlen sich weniger als bedeutsamer Teil eines Leistungskollektivs.
Exklusives Seminarangebot
Die DZW-Redaktion bietet in Zusammenarbeit mit Dr. Marcus Heidbrink und HAYD für interessierte Zahnärzte ein exklusives Seminar zum Thema „Management und Leadership/FTI“ in Bonn an. Termin ist Mittwoch, 5. April 2017, ab 14 Uhr. Die Teilnahme ist kostenfrei, die Teilnehmerzahl ist begrenzt, die Zusage erfolgt in der Reihenfolge der Anmeldungen. Anmeldung bis 15. März 2017 per E-Mail an leserservice@dzw.de, Stichwort „Seminar“.
Eine andere extreme Kombination der beiden Führungswelten wäre eine schwach bis nicht gemanagte Praxis in Kombination mit einer maximalen Ausprägung des Leaderships. Im Grid entspräche diese Kombination dem Feld oben links, dem unstrukturierten Aufbau beziehungsweise dem Start-up. Solche Organisationen zeichnen sich durch eine starke Aktivierung der Potenziale des Teams, eine hohe positive Emotionalität und die allseits geteilte Einstellung aus, gemeinsam eine Vision zu verfolgen.
Die Gefahr einer solchen Aufbruchssituation besteht im Strohfeuer-Effekt; da die Strukturen und Abläufe (noch) nicht geregelt sind, kann die aufgebrachte Energie verpuffen. Fehler werden unter Umständen häufiger gemacht, Doppelarbeiten sind nicht ausgeschlossen, Übergaben und Schnittstellen funktionieren nicht oder die Arbeit ist noch zu abhängig von Einzelnen. Eine dauerhafte Hochleistung ist in dieser reinen Leadership-Welt nicht zu erwarten.
Der ideale Mix
Wie zahlreiche empirische Studien zeigen, verspricht ein idealer Mix aus beiden Führungswelten im Durchschnitt die höchste Teameffektivität. Der ideale Mix kombiniert ein moderates Maß an Management mit einer maximalen Ausprägung von Leadership. Im Schaubild entspräche dies dem Feld oben in der Mitte. Im Management-Leadership-Grid gilt es also nicht, das Feld oben rechts anzustreben, sondern eben auf der x-Achse eine Übersteuerung zu vermeiden, gleichzeitig aber möglichst viel an Leadership-Aktivitäten zu zeigen und damit das Feld oben in der Mitte zu erreichen.
Eine Verortung der eigenen Praxis auf dem Grid ist sinnvoll, weil sich dadurch die Entwicklungsrichtung ergibt. Benötigt die eigene Praxis mehr Management, weniger Management oder mehr Leadership, um den idealen Mix aus beiden Führungswelten zu erreichen? Mit dem FTI – Führungs- und Teamklimaindex liegt dafür ein Analyseinstrument vor, mit dem die Ist-Ausprägung auf den beiden Dimensionen des Managements und des Leaderships anhand einer Mitarbeiterbefragung gemessen werden kann. Im Einzelnen werden beim FTI die folgenden Management- und Leadership-Dimensionen unterschieden.
Die Management-Dimensionen
Was genau sind Verhaltensweisen, die zum Management zählen? Letztlich sind dies alle Führungsaktivitäten, die dabei helfen, den Praxisbetrieb aufrechtzuerhalten und diesen möglichst effektiv und effizient zu gestalten. Es geht darum festzulegen, wer welche Aufgaben erfüllt, welche Ressourcen und Informationen dafür erforderlich sind und wie diese verfügbar gemacht werden und welche Prozesse und Schnittstellen definiert sein müssen, um einen reibungslosen Ablauf in einer definierten, funktionalen Wertschöpfungskette zu gewährleisten. Auch Kontrollmaßnahmen und Aktivitäten sowie Systeme zur Fehlervermeidung zählen zum Management dazu, ebenso alle Maßnahmen der internen Effizienzsteigerung und der Dokumentation. Im FTI – Führungs- und Teamklimaindex werden die folgenden Management-Dimensionen abgefragt: Arbeitsorganisation, Arbeitsprozesse und Informationsmanagement.
Die Leadership-Dimensionen
Leadership strebt danach, ein Kollektiv zu aktivieren und die mobilisierten Kräfte zu orchestrieren und auf ein gemeinsames Ziel, eine Vision hin auszurichten. Wird ein Manager eher mit einem Puppenspieler verglichen, so werden für Leader eher Metaphern herangezogen, die auf die Aktivierung des Teampotenzials abzielen – wie dies beispielsweise von einem inspirierenden Fußballtrainer, einem außergewöhnlichen Dirigenten oder einem Exkursionsleiter erwartet wird. Ein Wesensmerkmal von Leadership besteht in der motivierenden Vermittlung eines für alle attraktiven gemeinsamen Zwecks und dem Aufzeigen eines als sinnvoll erlebten Wegs.
Leadership-Aktivitäten bestehen dementsprechend im Aufzeigen der Bedeutung der eigenen Arbeit, im Stärken des Teamzusammenhalts und in der Förderung des Wandels. Zu Letzterem gehören das Schaffen einer Aufbruchsstimmung und einer Atmosphäre der Entwicklung mit einer positiven Einstellung zum Wandel sowie eine starke Unterstützung der individuellen und der Teamentwicklung. Die Führungskräfte haben Vorbildfunktion und entwickeln sich ihrerseits kontinuierlich weiter (Abb. 2).
Der FTI – Führungs- und Teamklimaindex
Der Führungs- und Teamklimaindex ist ein online-gestütztes Befragungsinstrument für Teams zwischen sechs und ca. 50 Mitarbeitern. Der FTI besteht aus 23 Fragen, wobei jeweils drei Management- und drei Leadership-Dimensionen mit je drei Items abgefragt werden. In Summe ermöglicht das Instrument eine Einordnung eines Teams auf dem in der Abbildung 1 dargestellten Management-Leadership-Grid. Auf der Basis dieser Ist-Einschätzung lässt sich die Entwicklungsrichtung eines Teams in Bezug auf den idealen Mix der beiden Führungswelten ableiten.
Neben den in der Abbildung 2 dargestellten Management- und Leadership-Dimensionen enthält der FTI Fragen, die Rückschlüsse auf die allgemeine Zufriedenheit des Teams und das emotionale und kognitive Commitment der Mitarbeiter zulassen. Sowohl der Zufriedenheit als auch dem Commitment wird eine entscheidende Bedeutung für die Bindung von Mitarbeitern an eine Organisation beigemessen.
Im August und September 2016 wurde der FTI erstmalig in Zahnarzt- und kieferorthopädischen Praxen eingesetzt. Die Ergebnisse werden im dritten Teil dieser Artikelserie vorgestellt.