Einem Zahnarzt wurde vorgeworfen, in den Jahren von 2010 bis 2014 in 33 Fällen bei seinen Patienten Zähne extrahiert zu haben, obwohl diese noch erhaltungswürdig waren. Zuvor hatte er behauptet, dass die Extraktionen zwingend sind, die Patienten haben seinem Urteil vertraut und in die Zahnentfernungen eingewilligt.
Durch Täuschung erlangte Einwilligung unwirksam
Diese durch Täuschung erlangte Einwilligung ist unwirksam. Unstreitig liegt damit eine vorsätzliche einfache Körperverletzung im Sinne des Paragrafen 223 StGB vor. Lange war es jedoch umstritten, ob eine unerlaubte Zahnextraktion durch einen Zahnarzt auch eine gefährliche Körperverletzung im Sinne des Paragrafen 224 StGB darstellt.
Dieser scheinbar akademische Streit hat in der Praxis erhebliche Konsequenzen: Die einfache Körperverletzung ist mit einer Höchststrafe von fünf Jahren bedroht, die gefährliche Körperverletzung mit zehn Jahren. Das bedeutet zunächst, dass der Zahnarzt mit einer höheren Strafe zu rechnen hat. Es bedeutet aber auch, dass die Taten später verjähren.
Gefährliche Körperverletzung
Das Oberlandesgericht Karlsruhe (OLG) hat entschieden, dass es um eine gefährliche Körperverletzung geht. Denn die Extraktionszange sei ein gefährliches Werkzeug, das geeignet ist, dem Opfer erhebliche Verletzungen beizubringen, nämlich den unwiederbringlichen Verlust eines Teils des Gebisses und eine offene Wunde. Konsequenterweise hielt das OLG die schon mehrere Jahre zurückliegenden Tagen noch nicht für verjährt. Der Zahnarzt muss also mit einer erheblichen Bestrafung rechnen (Az.: 1 Ws 47/22).
Dr. med. dent. Wieland Schinnenburg, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Medizinrecht, Hamburg