In der zahnärztlichen Praxis gibt es immer wieder Situationen, in denen sich die Frage nach Zahnerhalt oder Extraktion und Versorgung mit einem Implantat stellt. Dr. Josef Diemer stellte auf der DGI-Jahrestagung im November vergangenen Jahres einen solchen Patientenfall in der Session „Implantat: ja oder nein?“ vor. Bei einer Patientin war Zahn 22 bis unter Gingivaniveau frakturiert. In der Ausgangssituation war die Prognose, den Zahn mit einer Krone zu versorgen, sehr ungünstig, denn eine Präparation nach dem Ferrule-Effekt war nicht möglich. Die Falldarstellung im Folgenden zeigt in einzelnen Schritten ein Konzept, wie Behandler die Wurzel eines solchen Zahns mit Brackets extrudieren können. Auf diese Weise kann ein Ferrule von zwei bis drei Millimetern wiederhergestellt und die restaurative Prognose des Zahnes stark verbessert werden.
Resümee
Gerade im Frontzahnbereich sind Faktoren wie die korrekte Position eines Implantats, gegebenenfalls die Augmentation von Hart- und/oder Weichgewebe sowie die Schaffung eines Emergenzprofils entscheidend für den Erfolg. Es gibt nur einen Versuch, um ein ästhetisch ansprechendes Ergebnis zu erhalten – der nicht immer gelingt. Im vorliegenden Fall hätten Dr. Diemer und seine Patientin sich für ein Einzelzahnimplantat entscheiden können, doch sie haben die deutlich weniger invasive und kostengünstigere Therapie gewählt. Die Extrusion des Wurzelrestes von Zahn 22 hat in dieser Situation zu nachhaltigem Erfolg geführt, denn der eigene Zahn ist noch mit einer guten restaurativen Prognose in situ und die Behandlung war wenig invasiv und belastend für die Patientin. Die Möglichkeit einer Implantation besteht bei Bedarf nach wie vor.
Im Portrait: Dr. Josef Diemer
Dr. Josef Diemer studierte Zahnmedizin an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg. Nach der Weiterbildung zum Oralchirurgen in Mainz folgten Spezialisierungen in Parodontologie (Spezialist der DG Paro) und Endodontologie (Spezialist der DGET). Der seit mehr als 30 Jahren in eigener Praxis in Meckenbeuren niedergelassene Zahnarzt hat sich umfassend weitergebildet. Regelmäßig besucht er Fortbildungskurse in den USA, zum Beispiel am Kois Center in Seattle (seit 2018 ist er Kois-Mentor). Zuletzt erwarb der gefragte Tagungsreferent den Master of Science in Kieferorthopädie (MSc). Er ist Dozent der DTMD University Luxemburg (Digital Technologies in Medicine and Dentistry).