Der G-BA erscheint mittlerweile manch gestandenen Gesundheitspolitiker als Monstrum. Und nun noch die Sache mit der Unparteilichkeit. Aber wie viel davon verträgt der G-BA?
Dass der Gemeinsame Bundesausschuss, kurz G-BA, wegen seiner Machtfülle, seiner immer komplizierter und langwieriger werdenden Geschäftsprozesse und den damit ebenfalls immer schwieriger werdenden Beziehungen und Entscheidungen schon länger unter dem kritischen Blick der Politik und der (Fach-)Öffentlichkeit steht, ist kein Geheimnis. Langsam wird es auch gestandenen Gesundheitspolitikern offensichtlich unwohl angesichts dieses Monster-Gremiums, das sie über viele Gesetzesänderungen und Entscheidungen hinweg selbst geschaffen haben. Immer in der Absicht, Geld zu sparen, die Versorgung zu verbessern, mehr Qualität zu erreichen in der Gesetzlichen Krankenversicherung.
Verzögerung von Neuregelungen
Inzwischen ist der G-BA ein "Staat im Staate" in Bezug auf die GKV, dessen Arbeitsweise es vor allem den Krankenkassen als starker Bank erlaubt, vom Gesetzgeber beschlossene Neuregelungen, neue Leistungen etc. in der Umsetzung endlos zu verzögern. Davon können gerade die Zahnärzte, aber auch die Kinderärzte ein Lied singen, denn die Leistungserbringer sind mit der Teilung in Ärzte, Krankenhäuser und Zahnärzte immer wieder gezwungen, untereinander gegen die Kassenbank Einigkeit herzustellen auch bei Themen, die einzelne gar nicht betreffen und interessieren. Nicht ohne Grund fordert die KZBV in ihrer „Agenda Mundgesundheit“ eigenständige Regelungen für die vertragszahnärztliche Versorgung im SGB V und im G-BA.
Die Unparteiischen Mitglieder sind hier ein wichtiger Faktor, die vermittelnd wirken sollen. Die aktuelle Besetzung mit dem Vorsitzenden Josef Hecken, der auch nach 2018 weitermachen wird, Dr. Regina Klakow-Franck und Dr. Harald Deisler hat dies in vielen Fällen leisten können. Die Auswahl der Kandidaten für ihre Nachfolge jedoch war kein Ruhmesblatt für die Selbstverwaltung.
Standespolitische Gezerre
Der vom GKV-Spitzenverband schließlich nominierte frühere AOK-Vorstand Uwe Deh scheint für viele Vertreter der Leistungserbringer ein rotes Tuch zu sein und auch in den eigenen Reihen nicht von allen geliebt zu werden. Das (standes-)politisch motivierte Gezerre und Gezänk um mögliche Kandidaten für die Leistungserbringerbank vor allem in der Ärzteschaft hat, so auch die Meinung vieler Beobachter und Kommentatoren, potenziell geeignete Kandidaten beschädigt und eine überzeugende Lösung lange verhindert.
Noch nach der Nominierung von Lars F. Lindemann, dessen Fachkenntnis für den ärztlichen Bereich nicht ernsthaft bestritten wird, musste der Präsident der Bundesärztekammer, Prof. Frank Ulrich Montgomery, gegen diese Personalie öffentlich agieren: Es fehle dann am medizinischen Sachverstand, so sein Argument. Eigentlich habe er nur Klakow-Franck nicht wieder in der BÄK haben wollen, in der sie vor ihrer Zeit im G-BA als Geschäftsführerin tätig war und die Zahnärzte damals mit ihrer Kompetenz in der Vorbereitung einer GOÄ-Novellierung beeindruckte, munkelte man dazu in Berlin.
Fakt ist, dass die Abgeordneten im Gesundheitsausschuss des Deutschen Bundestags mit ihrer nach einer Anhörung der Kandidaten getroffenen Entscheidung, diese wegen Zweifeln an ihrer Unabhängigkeit abzulehnen, der Selbstverwaltung erneut einen Schlag verpasst haben. Die fachliche Qualifikation und Unabhängigkeit der Benannten war ja bereits vom Bundesgesundheitsministerium geprüft worden – die Entscheidung des Ausschusses hat daher ein eindeutig politisches Geschmäckle.
So sehen sowohl Kassen als auch Leistungserbringer diese Entscheidung als unverständlich und nicht gerechtfertigt und eben als erneuten drastischen Eingriff der Politik in die Selbstverwaltung an. Auch wenn viele durchaus zugestehen werden, dass die Genese der Kandidatenkür den Politiker dafür reichlich Handhabe geboten haben dürfte.
"Die Entscheidung des Ausschusses hat ein eindeutig politisches Geschmäckle."