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Politikstil setzt auf Schwarz

Der Kommentar von Chefredakteur Marc Oliver Pick

Im ersten Moment klingt es ganz lustig, was der „Postillon“ Ende Juni zum Untersuchungsbericht zur sogenannten Maskenbeschaffungsaffäre von Ex-Gesundheitsminister Jans Spahn veröffentlicht hat. „Die europäische Druckbranche steht vor einem folgenschweren Engpass: Nach der Veröffentlichung des über weite Strecken geschwärzten Untersuchungsberichts zur Maskenaffäre um Ex-Gesundheitsminister Jens Spahn ist schwarze Tinte europaweit Mangelware.“ Was auf den ersten Blick zum Schmunzeln bringt, kann auf den zweiten auch nachdenklich machen. 

Mehr Transparenz führt zu mehr Vertrauen

Grundsätzlich ist an dem Vorgehen, einen Untersuchungsbericht in Auftrag zu geben, um Transparenz in einen trotz damaliger Krisensituation eher fragwürdigen Vorgang zu bringen, nichts auszusetzen. Ganz im Gegenteil: Mehr Transparenz führt zu mehr Vertrauen, und das wurde von unterschiedlichsten politischen Akteuren in Berlin vor und nach der Wahl des neuen Bundestages ja auch immer wieder versprochen.

Wie in vielen anderen Fällen auch scheint man aber mittlerweile seine Meinung geändert zu haben. Transparenz: jein, höchstens ein bisschen, gerade so viel, dass sie niemandem ernsthaften Schaden zufügt oder jemand am Ende gezwungen wäre, für seine Entscheidungen gerade stehen zu müssen. Und so wird geschwärzt, was das Zeug hält (und was der Drucker hergibt).

Schwärzungen denkbar schlechteste Idee

Schwärzungen sind, das haben zahlreiche Beispiele belegt, allerdings die denkbar schlechteste Idee, um der Öffentlichkeit (und den Medien) Informationen nur so weit zugänglich zu machen, wie man es selbst für richtig hält, weil man andernfalls in die missliche Lage geraten könnte, (s)ein Versagen eingestehen zu müssen. 

Das Gegenteil ist der Fall, denn gerade geschwärzte Passagen erzeugen erst recht Inter­esse. Im Ergebnis kommt die Wahrheit, wie so oft, dann doch scheibchenweise irgendwann ans Licht. Dann ist der Schaden, den man ­ursprünglich vermeiden wollte, angerichtet und möglicherweise viel größer, weil das Ansehen verspielt, das Vertrauen beschädigt ist.

Schaden könnte noch größer werden 

Der andere Schaden, nämlich die Milliardenausgaben für zum Teil unbrauchbare und am Ende nicht genutzte Corona-Schutzmasken, ist längst entstanden. Und dieser Schaden könnte, wenn es ganz schlecht für die Bundesregierung läuft, sogar noch größer werden. Denn vor verschiedenen Gerichten streiten Masken-Lieferanten, die trotz Bestellung durch den Bund auf ihren Masken sitzen geblieben sind, und die Bundesregierung in knapp 100 Verfahren noch immer um weitere 2,3 Milliarden Euro (plus Zinsen) – Geld, das der Bund nicht hat und das im Zweifelsfall an anderer Stelle eingespart werden muss. Die Chancen für einen teuren Ausgang der Rechtsstreitigkeiten sind jedenfalls hoch, da die Lieferverträge nachlässig aufgesetzt waren oder vom Bund einfach nicht eingehalten wurden. 

Es ist nun auch der Verweis auf diese schwebenden Verfahren, die als Grund für die weitreichenden Schwärzungen im Sudhof-Bericht angeführt werden. Denn sollte der Bericht vollumfänglich publik werden, so die Argumentation, könnten sich die Erfolgsaussichten der klagenden Lieferanten noch einmal erhöhen, was den Steuerzahler am Ende teuer zu stehen kommen könnte.

Transparenz notwendig für Dialog auf Augenhöhe 

Mittlerweile sind also drei Bundesgesundheitsminister in unterschiedlicher Weise in die Maskenaffäre involviert: Ex-Minister Jens Spahn, der die Masken-Deals eingefädelt hat, Ex-Minister Karl Lauterbach, der den Untersuchungsbericht in Auftrag gegeben hat (und ihn nach Vorlage erst mal nicht gelesen hat), und schließlich Nina Warken, die den Sudhof-Bericht als neue Bundesgesundheitsministerin quasi geerbt hat. 

Man kann nur hoffen, dass der bisher an den Tag gelegte Umgang des BMG mit dem Untersuchungsbericht mit den zwar enthaltenen, aber in Teilen durch Schwärzungen vorenthaltenen Informationen kein Vorgeschmack auf einen neuen Politikstil ist. Sonst müsste man bei dem von Nina Warken versprochenen Dialog auf Augenhöhe gleich ein paar Abstriche machen. Eine der Voraussetzungen für einen Dialog auf Augenhöhe ist Transparenz, und daran sollte besser kein Mangel bestehen.