Bevor Dr. Nadine Strafela-Bastendorf ihren Recall-Patienten untersucht, hat eine Prophylaxefachkraft den Biofilm nach dem Stand der Technik entfernt, also mit Anfärben, Mundhygieneinstruktion und einem Luft-Wasser-Pulver-Strahlgerät (Airflow). Erst die sauberen Zähne erlauben zum Beispiel eine sorgfältige visuelle Kariesdiagnostik nach ICDAS-II. Abgestimmt auf Diagnose und das aktuelle Erkrankungsrisiko organisiert das Praxisteam dann bei Bedarf die Therapie und weitere individuelle Recall-Termine.
Ob bei der Erstvorstellung oder im Recall: Prävention und Diagnostik stehen in der Praxis Strafela-Bastendorf in Eislingen am Rande der Schwäbischen Alb im Vordergrund. Bevor Patienten in den systematischen, präventiven Kreislauf eintreten, werden sie fundiert über die Hintergründe informiert: Wie lassen sich orale Erkrankungen vermeiden? Was kann ich selbst und was können die Zahnärztin und ihre Assistentinnen tun? Denn nur in Teamarbeit ist das Ziel erreichbar: alle, oder zumindest fast alle Zähne in gesundem Zustand bis ins hohe Alter zu erhalten.
Recall-Stunde 3.0
Dass lebenslange Zahnerhaltung möglich ist, zeigten die Pioniere Jan Lindhe und Per Axelsson mit ihrer klassischen „Recall-Stunde“ bereits mit Beginn der 1970er Jahre. Strafela-Bastendorf eröffnete ihre Praxis 2013. Als wesentlichen Bestandteil ihres Praxiskonzepts setzte sie das Prophylaxekonzept ihres Vaters fort. Das Konzept war eng an die Recallstunde angelehnt.
Wissenschaftliche Erkenntnisse und technischer Fortschritt haben in der Zwischenzeit zum moder-nen Konzept der Guided Biofilm Therapy (GBT) geführt. Dieses wurde von Dr. Klaus-Dieter Bastendorf in Zusammenarbeit mit der Firma EMS und deren Fortbildungsinstitut Swiss Dental Academy (SDA) entwickelt und verbessert fundamental die fast 50 Jahre alte Recallstunde. Die wichtigsten Änderun-gen:
Behandlungsbeginn
- Die in der Erstanamnese erfassten Daten werden in jeder Sitzung überprüft und schriftlich bestätigt (Wiederholungsanamnese).
- Um das Personal zu schützen, spülen Patienten mit 0,2-prozentiger CHX-Lösung.
- Mundhygieneinstruktionen werden als Back-up für den nächsten Termin präzise dokumentiert, Patienten erhalten die Informationen schriftlich.
Biofilm-Entfernung in einer neuen Reihenfolge
- Zunächst wird der angefärbte Biofilm mit Airflow (EMS) und Erythritol-Pulver (Airflow Plus) entfernt (Feinreinigung).
- Airflow mit Plus-Pulver eignet sich bei korrekter Anwendung supragingival und bis zu einer Ta-schentiefe von 4 Millimetern.
- Bei Resttaschen von mehr als 4 Millimetern wird im parodontalen Recall (UPT) ein spezielles Hand-stück mit tiefenmarkierten Aufsätzen verwendet (Perioflow).
- Erst danach werden verbliebene mineralisierte Beläge mit Ultraschall entfernt (Piezon/PS, EMS).
Qualität durch Anfärben
Das Anfärben nimmt in der GBT eine zentrale Rolle ein. Es dient der Erstellung eines Plaque-Index, der Patienteninstruktion und -motivation und der perfekten Biofilmentfernung durch Pro-phylaxemitarbeiterinnen. Biofilm muss sichtbar gemacht werden, um ihn gezielt und vollständig zu entfernen. Eine Studie ergab entspre-chend bei vorgeschaltetem Anfärben einen durchschnittlichen Plaque-Index von 6 Prozent, ohne Anfärben von 20 Prozent. In der Praxis Strafela-Bastendorf wird mit Unterstützung einer Lupenbril-le gearbeitet – auch zur Entfernung mineralisierter Ablagerungen.
Die geänderte Reihenfolge des Ablaufprotokolls hat eine Reihe von Vorteilen. So wird mit dem Biofilm zunächst die Erkrankungsursache entfernt. Die Zahnreinigung einschließlich Ultraschall ist bei zuerst durchgeführter Biofilmentfernung um sieben Minuten schneller – im Vergleich zur klassi-schen Reihenfolge, bei der zunächst Schall oder Ultraschall verwendet wurde.
Die verkürzte Behandlungszeit und die besonders schonende, wissenschaftlich umfassend dokumentierte Tech-nologie der Geräte von EMS bedeuten zudem einen höheren Patientenkomfort. Auf der Basis ei-ner praxisinternen Erhebung empfanden alle befragten Patienten (n=50) die Guided Biofilm Thera-py angenehmer als das konventionelle Vorgehen (Näheres in der „Prophylaxe Impuls“ Nr. 4/2019).
Fit für die Zukunft
Neben der Guided Biofilm Therapy basiert das Praxiskonzept auf den Empfehlungen der Euro-pean Federation of Periodontology (EFP) und den Qualitätsleitlinien der Schweizerischen Zahnärz-te-Gesellschaft (SSO). Um dem gerecht zu werden, ist das Eislinger Prophylaxeteam fachlich bes-tens aufgestellt: eine Dentalhygienikerin, vier Zahnmedizinische Prophylaxeassistentinnen (ZMP) und eine Zahnmedizinische Fachangestellte (ZMF). Hinzu kommt als wichtiger Baustein die kontinu-ierliche praxisinterne Fortbildung. Das ganze Team arbeitet kontinuierlich daran, Nadine Strafela-Bastendorfs Traum zu erfüllen: eine Praxis ohne restaurative Therapie.
Dr. Jan H. Koch, Freising