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Zwischen Nachfrage und Vorbehalt

Robotereinsatz – ein Umdenken muss her.

Robotereinsatz – ein Umdenken muss her.

 

Ob im Alltag oder am Arbeitsplatz, in der Altenpflege oder Automobilfertigung – Roboter sind allgegenwärtig. Und dort, wo sie es noch nicht sind, dringen sie allmählich vor. Dass die Nachfrage nach Maschinen, die beispielsweise im gewerblichen oder privaten Umfeld als „Dienstleister“ unterstützen, ungebrochen ist, belegt das aktuelle Jahrbuch „World Robotics Service Robots 2018. Statistics, Market Analysis, Forecasts, Case Studies“. Es wurde vom Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung IPA gemeinsam mit der International Federation of Robotics (IFR) erstellt. Doch die Skepsis gegenüber Robotern ist ebenfalls da und wächst sogar.

Serviceroboter als Umsatztreiber

Den aktuellen Zahlen zufolge ist gewerbliche Servicerobotik besonders stark gefragt und verzeichnet beachtliche Wachstumszahlen. So wurden 2017 knapp 110.000 Systeme verkauft, was einem Anstieg von 85 Prozent entspricht. Getragen wird dieser Boom allen Branchen voran von der Logistik, Landwirtschaft, aber auch Medizin. Besonders umsatzstarke Serviceroboter sind medizinische Systeme, die zwar selten verkauft werden, aber hochpreisig sind und somit 29 Prozent zum Gesamtumsatz von Servicerobotern beitragen. Hauptsächliche Anwendungen sind dabei die robotergestützte Chirurgie sowie Therapie- und Rehabilitationsroboter, die Menschen mit einer körperlichen Beeinträchtigung bei ihren Aktivitäten unterstützen beziehungsweise Menschen mit dem Ziel therapieren, ihre körperlichen beziehungsweiser kognitiven Funktionen zu verbessern.

Daneben entwickelt sich der Markt für persönliche Serviceroboter im privaten Alltag ebenfalls rasant. 2017 wurden 25 Prozent mehr oder 8,5 Millionen Einheiten für Aufgaben wie Rasenmähen, Staubsaugen sowie für Spiel und Lernen („Edutainment“) verkauft. Künftig werden gerade Haushaltsroboter, die ältere Menschen in ihrem Alltag unterstützen, verstärkt eine Rolle spielen, lautet die Prognose.

Robotik in der Pflege

Intelligente robotische Helfer für den Pflegekontext stehen aktuell im Mittelpunkt des Forschungsprojekts „RethiCare – Rethinking Care Robots“. Ein internationales und interdisziplinäres Expertenteam um Prof. Dr. Eva Hornecker (Professorin für Human-Computer Interaction an der Fakultät Medien der Bauhaus-Universität Weimar) und Prof. Wolfgang Sattler (Professur Interaction Design) soll ab Frühjahr 2019 das Feld „Robotik in der Pflege“ umfangreicher und pragmatischer erforschen als bisher.

Im Rahmen des Projekts sollen Lösungen und Konzepte erarbeitet werden, die weit über sozial-assistive Roboter (SARs) wie die Robbe Paro und humanoide Maschinen wie der Roboter Pepper hinausgehen, die einerseits das emotionale Wohlbefinden der Bewohner von Pflegeeinrichtungen verbessern, andererseits beim Essen und Trinken unterstützen. Denn: „Roboter können beispielsweise im Mobiliar oder in anderen Alltagsgegenständen integriert sein. Ein intelligenter Tisch mit robotischen Funktionen könnte sich automatisch anpassen, mich stützen und mir dadurch im Alltag helfen“, so Hornecker.

Roboter – nein, danke!

Meldungen über innovative smarte Lösungen tauchen nahezu täglich auf. Längst wurde unter anderem ein Zahnimplantat komplett robotergesteuert gesetzt. Doch bereits vor knapp einem Jahr wurden die ernüchternden Ergebnisse einer Online-Umfrage der Embry-Riddle Aeronautical University bekannt, die speziell die Akzeptanz robotischer Zahnmedizin in der Bevölkerung untersuchte. Die eingeholte Meinung: Gut jeder Zweite sprach sich gegen robotergestützte Behandlungen aus. Die größten Bedenken (zwei Drittel der Befragten) zeigten sich bei invasiven Behandlungsmethoden wie Wurzelkanalbehandlung und Zahnextraktion. Zudem waren Frauen etwas skeptischer als Männer. Die geringsten Berührungsängste hatten die Befragten bei der Professionellen Zahnreinigung und beim Bleaching.

Eine neue Studie, die zwei Wissenschaftler aus Linz und Würzburg jetzt veröffentlicht haben, belegt einmal mehr, wie es um die Einstellung gegenüber Robotern in Europa steht. Offenbar unbehaglich und noch ablehnender war die Haltung im Jahr 2017 als fünf Jahre zuvor, so die Antwort, die die Professoren Timo Gnambs von der Johannes-Kepler-Universität Linz und Markus Appel von der Julius-Maximilians-Universität Würzburg liefern.

Gewachsen seien insbesondere die Vorbehalte gegenüber Robotern am Arbeitsplatz. Das liegt womöglich daran, dass die Thematik des Arbeitsplatzabbaus durch Robotik-Anwendungen vermehrt in der Öffentlichkeit präsent war, vermuten die Forscher. Allerdings werde der Einsatz von Robotern am Arbeitsplatz immer noch positiver beurteilt als der Einsatz von Operations- und Altenpflegerobotern oder selbstfahrenden Autos. Auch diese Studie zeigt, dass Männer Roboter eher positiver sehen als Frauen. In Ländern mit einem hohen Anteil älterer Menschen an der Bevölkerung sei die Aufgeschlossenheit gegenüber Robotern zudem größer.

Insgesamt stehen Europäer Robotern positiv gegenüber, die Skepsis wächst allerdings insbesondere dann, wenn die Vorstellung näher rückt, selbst einen Roboter nutzen zu sollen. Für Politik und Wirtschaft, so das Fazit der Wissenschaftler, sollten die Ergebnisse der Studie als ein Warnsignal betrachtet werden, und ein Ansporn, mehr Öffentlichkeitsarbeit für die Robotik zu betreiben. Denn negative Einstellungen gegenüber neuen Technologien könnten ein Zeichen dafür sein, dass diese in Zukunft nicht akzeptiert werden und sich auf dem Markt nicht durchsetzen können.