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Nanoroboter steuern erstmals durchs Auge

Nanoroboter werden ins Auge injiziert.

Nanoroboter werden ins Auge injiziert.

Bislang war es lediglich möglich, Mikroroboter durch Modellflüssigkeiten und biologische Flüssigkeiten, aber nicht durch echtes Gewebe zu bewegen. Die Forschungsgruppe „Mikro-, Nano- und Molekulare Systeme“ am Max-Planck-Institut für Intelligente Systeme in Stuttgart entwickelt jetzt speziell beschichtete Nanopropeller, die von außen durch dichtes Gewebe wie den Glaskörper eines Auges gesteuert werden können. Nanoroboter sollen künftig als minimal-invasive Werkzeuge genutzt werden: Eines Tages sollen sie Medikamente genau dorthin transportieren können, wo sie gebraucht werden – ohne einen größeren operativen Eingriff.

Die Wissenschaftler trugen eine Antihaftbeschichtung auf die 500 Nanometer breiten Propeller auf, die so klein sind, dass sie durch die enge molekulare Matrix der gelartigen Substanz im Glaskörper des Auges durchschlüpfen können. 500 Nanometer bedeutet, dass die Nanofahrzeuge einen Durchmesser haben, der zweihundertmal kleiner ist als der eines menschlichen Haares. Ihre schraubenartige Struktur, Größe und schlüpfrige Beschichtung ermöglichen es den Nanopropellern, sich relativ ungehindert durch ein Auge zu bewegen, ohne dabei das empfindliche Gewebe um sie herum zu beschädigen.

Molekülmatrix ein klebriges und engmaschiges Netz

Einen Nanoroboter durch dichtes Gewebe zu steuern ist eine große Herausforderung. Zunächst wäre da die zähflüssige Konsistenz des Augapfelinneren, die enge molekulare Matrix, durch die die Nanopropeller hindurchschlüpfen sollen. Sie wirkt wie eine Barriere und verhindert das Eindringen größerer Partikel und Strukturen. Außerdem sorgen die chemischen Eigenschaften der Molekülmatrix dafür, dass sämtliche Partikel stecken bleiben, da sie wie ein klebriges Geflecht wirkt. Deswegen haben die Forscher eine ganz besondere, zweilagige Antihaftbeschichtung eingesetzt. Die erste Schicht besteht aus Molekülen, die an die Oberfläche andocken, während die zweite eine flüssige Beschichtung ist, die die Haftung zwischen den Nanorobotern und dem umliegenden Gewebe verringert.

„Bei der Beschichtung haben wir uns von der Natur inspirieren lassen“, erklärt Zhiguang Wu, Erstautor der Forschungsarbeit, die im Fachjournal Science Advances veröffentlicht wurde. „Wir trugen eine flüssige Schicht auf die Nanopropeller auf, wie sie bei der fleischfressenden Kannenpflanze (Nepenthes) vorkommt. Auf ihren Blättern, die als Fallgruben dienen, sorgt eine rutschige omniphobe Beschichtung dafür, dass Insekten ausrutschen und hineinfallen. So schlüpfrig wie die Teflonbeschichtung einer Bratpfanne. Ohne diese Schicht könnten wir den Roboter nicht durchs Auge steuern. Sie sorgt dafür, dass die Haftung zwischen dem Netz aus Molekülen im Glaskörper des Auges und der Oberfläche unserer Nanoroboter möglichst klein bleibt.“

Nun musste der Nanoroboter noch von außen gesteuert werden können. Der Antrieb funktioniert magnetisch. Bei der Herstellung der Nanopropeller bauen die Forscher Eisen ein, was es ihnen ermöglicht, die Gefährte von außen mithilfe von Magnetfeldern zum gewünschten Ziel zu steuern. „Der magnetische Antrieb der Nanoroboter, ihre ausreichend kleine Größe sowie die rutschige Beschichtung sind nicht nur im Auge, sondern können auch für die Penetration anderer Gewebe im menschlichen Körper nützlich sein“, sagt Tian Qiu, ebenfalls Mitglied des internationalen Forscherteams und einer der Autoren der Studie. Getestet wurde der Propeller in der Augenklinik in Tübingen an einem sezierten Schweineauge.

Nanoroboter auf dem Weg zur Netzhaut

Mit einer kleinen Nadel injizierten die Forscher Zehntausende ihrer schraubenförmigen Roboter in den Glaskörper des Auges. Mithilfe umliegender Magnetspulen, die die Nanopropeller drehen und damit nach vorne bewegen, schwammen die kleinen Propeller zielgerichtet zur Netzhaut, wo der Schwarm landete. Ziel war es, den Schwarm in Echtzeit präzise in Richtung der Retina zu steuern.

Die Stuttgarter Wissenschaftler fertigen bereits seit mehreren Jahren verschiedene Ausführungen von Nanorobotern mithilfe eines speziellen 3-D-Nanofabrikationsprozesses an, den die Forschungsgruppe „Mikro-, Nano- und Molekulare Systeme“ unter der Leitung von Prof. Peer Fischer selbst entwickelt hat. Milliarden von Nanorobotern können in nur wenigen Stunden hergestellt werden, indem Siliziumdioxid und andere Materialien, einschließlich Eisen, unter hohem Vakuum auf einen Siliziumwafer verdampfen und sich dieser dabei dreht.