Dr. Wolfgang Bender und Lothar Taubenheim über eine minimal-invasive und punktgenaue dentale Lokalanästhesie-Methode (Teil 2)
Im Rahmen einer klinischen Observationsstudie – unter wissenschaftlicher Leitung des Klinikums für Zahn-, Mund- und Kieferkrankheiten der Ludwig-Maximilians-Universität München (dzw10/2025)– wurden insgesamt 115 Patienten behandelt – 82 einmal, 22 zweimal, zehn dreimal und ein Patient viermal.
In toto standen 212 Zähne zur Behandlung an, darunter 126 Caries-profunda-Behandlungen, 36 endodontische Behandlungen, sechs Kronenpräparationen, vier Parodontalbehandlungen (Exzisionen), drei chirurgische Maßnahmen und 37 Extraktionen beziehungsweise Osteotomien (Tabelle 1). Hinzu kam dann noch die systematische Behandlung von Parodontopathien – geschlossenes Vorgehen – von insgesamt 20 Quadranten.

Tabelle 1: Die Methodenfestlegung erfolgte durch den Patienten nach Thematisierung der Risiken und der in Betracht kommenden Alternativen.
Bei 85 Prozent ausreichende Schmerzausschaltung
Bei 85 Prozent (136 Fälle) der 160 dokumentierten Behandlungen (212 Zähne) konnte durch initiale intraligamentale Injektionen eine ausreichende Schmerzausschaltung für die indizierten therapeutischen Maßnahmen erreicht werden. Bei den verbliebenen 15 Prozent (24 Fälle) waren entweder die Voraussetzungen für eine intraligamentäre Anästhesie nicht gegeben oder die Patienten entschieden sich für eine konventionelle Lokalanästhesie-Methoden (Infiltrations-/Leitungsanästhesie). Häufigster Grund für die Nichtanwendbarkeit der intraligamentären Anästhesie waren angezeigte chirurgische Maßnahmen oder profunde marginale Entzündungen des Parodontiums, die keine intraligamentalen Injektionen ermöglichten.
Der Anästhesieeintritt wurde durch Sondierung und Kälte-Test festgestellt. Nach Abschluss der intraligamentalen Injektion – die in der Regel pro Wurzel 20 bis 25 Sekunden dauert – ist die Anästhesie im Normalfall bereits eingetreten. Bei entzündetem Gewebe kann sich der Anästhesieeintritt jedoch verzögern (60 bis 90 Sekunden), wie bereits Weber et al. 2006 schreiben (Weber M et al., 2006).
Nach Thematisierung mit den Patienten der in Betracht kommenden Lokalanästhesie-Methoden wurden die Infiltrations- und die Leitungsanästhesie als primäre Methode angewandt, wenn sie ausdrücklich gewünscht wurden oder die ILA nicht anwendbar war, zum Beispiel bei der Wurzelspitzenresektion des Zahns 22 bei Patient 5592. Die intraligamentäre Anästhesie wurde bei 178 Zähnen (83,9 Prozent) als primäre Methode appliziert.
Die quadrantenweise Behandlung von Parodontopathien (jeweils zwei Quadranten pro Sitzung) – geschlossenes Vorgehen – wurde in zehn Fällen durchgeführt. Die Schmerzausschaltung erfolgte bei 16 Quadranten (80 Prozent) durch intraligamentale Injektionen. Jeweils 2 Quadranten wurden unter Infiltrations- oder Leitungsanästhesie desensibilisiert (Tabelle 2).

Tabelle 2: In allen Fällen wurden jeweils 2 Quadranten in einer Sitzung behandelt.
Bei den Behandlungen unter intraligamentärer Anästhesie war das Empfindungsvermögen der Patienten kurz nach Abschluss der Behandlung wieder voll ausgeprägt; bei der Schmerzausschaltung durch Infiltrations- oder Leitungsanästhesie klang die Betäubung erst nach einigen Stunden ab, womit eine Einschränkung von Artikulation und Mastikation der Patienten einherging.
Für die Schmerzausschaltung mittels der „Alternative intraligamentäre Anästhesie“ wurde das von Prothmann (2008) erstmals beschriebene Schema (Prothmann M, 2008; Prothmann M et al. 2009) der sukzessiven, zahnüberspringenden intraligamentalen Injektionen – quadrantenweise – angewandt. Die Anwendung der beschriebenen Spritzen erwies sich dabei als sehr unterstützend, da pro Zahnwurzel nur 0,12 ml appliziert wurde (achtmal bei einem vollbezahnten Quadranten) und der Injektionsdruck abgebaut werden konnte (Prothmann M, 2008; Prothmann M et al. 2009). Nicht unter intraligamentärer Anästhesie durchführbare Maßnahmen sind periradikuläre Eingriffe (Wurzelspitzenresektion) und lang dauernde, großflächige dentoalveoläre chirurgische Maßnahmen, wo die intraligamentäre Anästhesie die Anforderungen nicht erfüllen kann.
Das Anästhesieergebnis bei den 136 Behandlungen (85 Prozent der Fälle) unter intraligamentärer Anästhesie zeigte einen initialen Anästhesieerfolg von 83,8 Prozent (114 Fälle). Die erforderlichen Komplettierungen bei den 22 Fällen unzureichender intraligamentärer Anästhesie erfolgten durch
zwölf Infiltrationsanästhesien plus eine Leitungsanästhesie beziehungsweise eine ILA
zehn intraligamentale Nachinjektionen plus vier zusätzliche Infiltrationsanästhesien.
Bei den Behandlungen unter Infiltrationsanästhesie (23 Fälle = 14,4 Prozent) betrug die initiale Erfolgsrate 69,6 Prozent (16 Fälle). Die sieben erforderlichen Komplettierungen erfolgten durch sechs intraligamentale Nachinjektionen sowie eine zusätzliche Infiltrationsanästhesie.
Die einzige gewünschte initiale Leitungsanästhesie war nicht erfolgreich. Um eine vollständige Desensibilisierung zu erreichen, waren zusätzliche intraligamentale Injektionen und eine weitere Leitungsanästhesie erforderlich. Nach den beschriebenen Komplettierungen konnten die angezeigten Behandlungen wie geplant durchgeführt werden.
Kurze Latenzzeiten bei der ILA
Bei den konventionellen Lokalanästhesie-Methoden unterbricht die Latenzzeit zwischen der Injektion des Anästhetikums und dem Anästhesieeintritt den zahnärztlichen Behandlungsablauf. Da bei intraligamental injiziertem Anästhetikum unverzüglich nach der Injektion die Desensibilisierung eintritt, kann der Anästhesieerfolg – ohne Latenz – durch Sondierung oder Kälte-Test sofort festgestellt werden. Bei stark entzündetem Gewebe kann sich auch bei der ILA der Anästhesieeintritt etwas verzögern, was auch schon von Weber et al. (2006) beschrieben wurde (Weber M et al., 2006).
Ausgeprägt war die Latenzzeit bei den von den Patienten gewünschten Infiltrationsanästhesien oder bei der Leitungsanästhesie. Sie betrug bei den 23 Fällen der Infiltrationsanästhesie im Durchschnitt 6,6 Minuten und variierte zwischen drei und zehn Minuten. Als Ausnahme ist der Fall 129 (Patient 5592) zu betrachten; die Ausprägungszeit der Infiltrationsanästhesie von etwa 15 Minuten war durch die angezeigte WSR-Behandlung bedingt. Bei der Leitungsanästhesie (Fall 107, Patient 3401) wurde nach zehn Minuten ein Ausbleiben der Anästhesie festgestellt; die Komplettierung erfolgte durch intraligamentale Nachinjektionen beziehungsweise durch eine weitere Leitungsanästhesie, die dann den erforderlichen Anästhesieerfolg brachte.
Die durchschnittliche Dauer aller dokumentierten 160 Behandlungen betrug 27,5 Minuten. Diese Behandlungsdauer wird durch die intraligamentäre Anästhesie mit etwa 30 Minuten Anästhesiedauer uneingeschränkt abgedeckt.
Der Anästhetikaverbrauch differierte in Abhängigkeit von der initial angewandten Lokalanästhesie-Methode pro Patient/Behandlung signifikant. Die Lokalanästhesien erforderten – initial und gegebenenfalls erforderliche Komplettierungen – basierend auf der
- intraligamentären Anästhesie: 0,949 ml pro Behandlung in 137 Fällen
- Infiltrationsanästhesie: 1,882 ml pro Behandlung in 22 Fällen
- Leitungsanästhesie (Patient 3401): 5,1 ml in einem Fall.
An Beeinträchtigungen und unerwünschten Effekten wurden bei den unter intraligamentärer Anästhesie behandelten Patienten drei Fälle von Entzündungen der Gingiva festgestellt, die nach drei, maximal sieben Tagen abgeklungen waren. Bei einem Patienten trat nach Extraktion und Osteotomie des retinierten 48 eine transiente Taubheit der Zunge ein. Bei sechs Patienten konnten wegen des akuten Parodontalzustands keine Injektionspunkte für intraligamentale Injektionen gefunden werden.
Der von 65 Patienten signalisierte Injektionsschmerz verteilte sich mit 56 von 136 Fällen (40,9 Prozent) auf die intraligamentäre Anästhesie, mit acht von 22 Fällen (36,4 Prozent) auf die Infiltrationsanästhesie und mit einem Fall auf die Leitungsanästhesie. Eine Einschränkung der Artikulation und Taubheit von Zunge, Wange und Lippen signalisierten nach Abschluss der Behandlung unter intraligamentärer Anästhesie 26 Patienten (18,98 Prozent). Unter Infiltrationsanästhesie klagten 21 Patienten (95,45 Prozent) über artikulatorische Einschränkungen und 1 Patient (4,55 Prozent) über Herz-/Kreislauf- und allgemeine Beeinträchtigung. Der unter Leitungsanästhesie behandelte Patient berichtete ebenfalls über artikulatorische und mastikatorische Einschränkungen. Dadurch war die Dispositionsfähigkeit dieser Patienten bis zu 4 Stunden (durchschnittlich 2,5 Stunden) eingeschränkt.
Punktgenaue dentale Lokalanästhesie-Methode
Diskussion: Die Ergebnisse dieser Studie zeigen, dass die intraligamentäre Anästhesie (ILA) eine minimal-invasive und punktgenaue dentale Lokalanästhesie-Methode und eine Alternative der Infiltrations- und/oder der Leitungsanästhesie ist (Khedari AJ, 1982; Malamed SF, 1982; Walton RE, 1990), auf die der Patient hinzuweisen ist (BGB Paragraf 630e Patientenrechtegesetz).
Da für die intraligamentäre Anästhesie im Vergleich mit der Infiltrations- und der Leitungsanästhesie signifikant weniger Anästhetikum appliziert wird (Dirnbacher T et al., 2003; Heizmann R und Gabka J, 1994; Prothmann M et al., 2009; Weber M et al., 2006), ist die Wirkungsdauer auch kürzer. Die Dispositionsfähigkeit des Patienten durch Einschränkung der Artikulation und der Mastikation ist bei der ILA praktisch nicht beeinträchtigt; er braucht bei seiner Zeitplanung keine Vorbehalte zu machen (Dirnbacher T und Weber M, 2006; Sautré C und Taubenheim L, 2007).
Dr. med. dent. Wolfgang Bender, Düsseldorf,
Lothar Taubenheim, Erkrath
(wird fortgesetzt)
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