Beitrags-Reihe „Der faire Praxiswert” (Teil 6): Mit diesem und weiteren kurzen Beiträgen in der dzw möchte ich allen Zahnärzten, Steuerberatern, Bankern und anderen Interessierten näherbringen, was eigentlich genau unter dem Begriff „Praxiswert“ zu verstehen ist. Eine professionelle Begutachtung kann das nicht ersetzen, aber vielleicht das Verständnis dieser komplizierten Materie etwas verbessern. Ein besonderes Augenmerk habe ich auf Kürze und Verständlichkeit gelegt. Experten mögen mir die damit verbundene Oberflächlichkeit verzeihen.
Der Prognosefaktor
In dem Beispiel aus den vorangegangenen Artikeln, in der wir den Wert einer Zahnradfabrik ermittelt haben, haben wir mit der „ewigen Rente“ argumentiert. Das heißt, wir sind davon ausgegangen, dass der errechnete Gesamtwert äquivalent zum jährlichen Zukunftsertrag ist, und zwar auf unbegrenzte Dauer. Hier spielt jetzt etwas Finanzmathematik hinein, was ich an dieser Stelle nicht detaillierter erläutern möchte. Jedenfalls war das umgerechnet ein Quotient von 10 Prozent, das entspricht dem Faktor 10, also 10 Jahre lang den Ertrag von 200.000 Euro jährlich aufsummiert zu 2 Millionen Euro. Nun wird bei Zahnarztpraxen anders, und zwar in zwei verschiedenen Modellen argumentiert:
Der Verflüchtigungszeitraum besagt, dass sich der Einfluss des Praxisabgebers mit der Zeit verflüchtigt und der Erfolg ab dann nur auf den Leistungen des Übernehmers beruht. Danach wird also nur das vergütet, was auf den Abgeber zurückzuführen ist. Dieser Wert ist nicht exakt zu ermitteln und wird praktisch in der Größenordnung von 1,0 bis 5,0 Jahren angewendet.
Der Reproduktionszeitraum beruht auf dem Opportunitätsgedanken: „Wie lange würde es dauern, eine vergleichbare Praxis neu mit dem ermittelten Zielertrag zu errichten?“ Es kann nach Untersuchungen des Instituts der Deutschen Zahnärzte davon ausgegangen werden, dass eine neu errichtete Praxis im Mittel nach fünf Jahren wirtschaftlich erfolgreicher ist als eine übernommene, was wegen eines angenommenen linearen Erfolgsanstiegs dem hälftigen Zeitraum von 2,5 Jahren entspricht. Forschungsergebnisse des Verfassers belegen die gute Übereinstimmung dieses „Prognosefaktors“ mit Marktwerten. Dieser besagt am Ende, dass ein Käufer nicht mehr bereit ist zu zahlen, als er aufwenden müsste, um einen vergleichbaren Erfolg durch Neugründung zu generieren.
In beiden Fällen spricht man auch von „Ergebniszeitraum“. Im nächsten Beitrag soll das Kapitel „modifiziertes Ertragswertverfahren“ mit diesen Kenntnissen abgeschlossen werden.