Wir sind von Mutanten umgeben … Was sich nach der Kurzbeschreibung zu einem Science-Fiction-Blockbuster anhört, ist leider die aktuelle beziehungsweise kurz bevorstehende Wendung im Corona-Geschehen, das die Welt nach wie vor in Atem hält.
Denn wie zu erwarten legt das Virus jetzt noch einmal nach (was für Viren nicht nur nicht ungewöhnlich, sondern eher der Normalfall ist). Jetzt verdichten sich Hinweise, dass die neue Virus-Mutante mit der Bezeichnung B.1.1.7 nach Einschätzung der Experten leider nicht nur deutlich ansteckender ist (was mit Blick auf das Tempo der Verbreitung für sich genommen schon schlimm genug wäre), sondern es scheint auch tödlicher zu sein als die Viren der ersten Generation. SPD-Gesundheitspolitiker Karl Lauterbach befürchtet deshalb ein „ganz anderes Bedrohungspotenzial“, dem nur durch einen harten und gut funktionierenden Lockdown beizukommen sein werde.
Reichen die – verschärften – Maßnahmen aus?
Die erneute Verlängerung des Lockdowns haben wir bereits, eine Verschärfung – siehe unter anderem FFP2-Maskenpflicht – haben wir ebenfalls bereits. Angesichts der sich verschärfenden Situation wegen der aggressiveren Virus-Mutante bleibt es leider fraglich, ob die bislang ergriffenen Maßnahmen angesichts des sich verändernden Virus ausreichen, um das Ziel bundesweit niedrigerer Inzidenzwerte zu erreichen.
Gleichzeitig kommt die Impfkampagne ins Stocken, weil es an ausreichenden Impfdosen fehlt und die Organisation noch nicht so reibungslos funktioniert, wie es wünschenswert wäre: telefonisch kein Durchkommen zur Terminvergabe möglich, vereinzelt werden Impfzentren, obwohl für eine Region zuständig, nicht gelistet etc.
Noch sind viele Impfstoffkandidaten im Rennen
Die gute Nachricht: Noch sind viele Impfstoffkandidaten im Rennen, der Zeitpunkt ihrer Zulassung ist in vielen Fällen aber noch nicht absehbar. Dazu muss man einmal grundsätzlich feststellen, wie bemerkenswert es ist, dass so schnell überhaupt ein wirksamer Impfstoff zugelassen wurde. Auch wenn dies wohl einer der Gründe dafür ist, dass der Start der Impfkampagne jetzt etwas holprig abläuft, denn nach Einschätzung fast sämtlicher Experten war einfach nicht damit zu rechnen, dass so schnell ein Impfstoff zugelassen werden würde – anfangs ging man noch von Ende 2021 aus. Für die Organisation der Impfkampagne inklusive des Aufbaus lokaler Impfzentren und des Ausbaus der Logistik etc. hatte man also mit mehr Zeit gerechnet.
Da hilft es auch wenig, dass Deutschland die Heimat des Unternehmens ist, das den ersten zugelassenen Impfstoff entwickelt hat. Denn im Sinne des europäischen Gedankens konnte Deutschland schlechterdings einen nationalen Alleingang durchziehen, indem es sich beispielsweise zuerst bedient und sich den Löwenanteil produzierter Impfdosen sichert.
Luxusüberlegung angesichts der Knappheit von Impfdosen
Parallel gibt es aktuell eine Grundsatzdiskussion, welche Bevölkerungsgruppen und welche Berufsgruppen in welcher Reihenfolge geimpft werden sollen/dürfen. Erstaunlicherweise gibt es eine parallele Diskussion darüber, ob man überhaupt möglichst früh geimpft werden möchte (die dzw hat dazu eine – nicht repräsentative – Umfrage auf ihren Social-Media-Kanälen gestartet, die aber immerhin ein Stimmungsbild abgibt). Was für eine Luxusüberlegung angesichts der derzeitigen Knappheit verfügbarer Impfdosen. Vielleicht wird sich dieses Zaudern am Ende aber auch von selbst erledigen, wenn es heißt „jetzt oder erst sehr viel später“…
Es muss also nicht zu den bislang abgelehnten „Impfprivilegien“ oder gar einer generellen oder für bestimmte Berufsgruppe expliziten Impfpflicht kommen, um die Bereitschaft zur Impfung zu erhöhen. Noch bleibt das Mittel der Kommunikation von Nutzen und eventuellen Risiken oder auch ganz simpel die Vermittlung bestimmter Fakten, zum Beispiel, was sich hinter dem Begriff „Wirksamkeit“ wirklich verbirgt. Da gibt es noch viel zu tun.