Ein Beitrag des Unternehmens Berufsanerkennung
Der Fachkräftemangel betrifft auch in der Zahntechnik-Branche viele Betriebe. Eine Möglichkeit, dem entgegenzuwirken, ist die Einstellung ausländischer Fachkräfte im Rahmen einer Anpassungsqualifizierung. Wie das in der Praxis umgesetzt werden kann, zeigt das Beispiel des Dentallabors Gibisch aus Mering. Der Betrieb und die beteiligten Handwerkskammern berichten, wie das Verfahren abgelaufen ist und welche Möglichkeiten eine betriebliche Anpassungsqualifizierung bietet.
Fachkraft gesucht
Das Dentallabor Gibisch (Hauptsitz in Mering) ist ein Ausbildungsbetrieb mit etwa 120 Mitarbeitenden, der jedes Jahr ca. fünf Ausbildungsplätze anbietet. Dennoch fehlt es an Fachkräften, um der Auftragslage gerecht werden zu können. Dass der Fachkräftebedarf in der Branche aktuell nicht ausreichend gedeckt ist, gibt auch Dana Axmann an, die als Zahntechnikermeisterin in der Niederlassung in München arbeitet.
Über die sozialen Medien und die Arbeitsagentur suchte der Betrieb nach einer neuen Fachkraft für den Standort in München. Neben anderen Bewerber:innen meldete sich auch Tatjana Mamic, die in Bosnien-Herzegowina bereits als Zahntechnikerin arbeitete. „Wir hatten in unserem Münchner Betrieb ein Vorstellungsgespräch mit der Bewerberin aus dem Nicht-EU-Ausland geführt. Schnell war klar, dass Tatjana Mamic das Team gut ergänzen würde. Daraufhin erkundigten wir uns nach dem weiteren Verfahren bei der Handwerkskammer“, so Dana Axmann.
Anerkennungsberatung in der Praxis
Da sich Tatjana Mamic noch im außereuropäischen Ausland befand, musste als Einreisebedingung ein Antrag auf Anerkennung ihres ausländischen Abschlusses gestellt werden – wofür in der Regel die Anerkennungsberatung der Handwerkskammer zuständig ist. In diesem Fall waren zwei Handwerkskammermitarbeiterinnen eingebunden, die für das Projekt MigraNet [1] des Netzwerks IQ im Einsatz sind: Dr. Brigitte Eisele von der Handwerkskammer für Schwaben beriet den Betrieb insbesondere rund um die Themen Finanzierung und Fördermöglichkeiten, während Marianne Steigenberger von der Handwerkskammer für München und Oberbayern für die Umsetzung der Anpassungsqualifizierung zuständig war.
„Beschleunigtes Fachkräfteverfahren“
Im Falle von Tatjana Mamic bot sich an, die Möglichkeit des beschleunigten Fachkräfteverfahrens zu nutzen. Dieses erlaubt Betrieben, im Rahmen des Fachkräfteeinwanderungsgesetzes von 2020 das Verfahren gegen eine Gebühr schneller durchführen zu können. Marianne Steigenberger erklärt, wie der Prozess abläuft: „Bei dem beschleunigten Verfahren muss man über die lokal zuständige Ausländerbehörde oder hier in Bayern über die Zentrale Stelle für die Einwanderung von Fachkräften (ZSEF) [2] in Nürnberg gehen. Diese koordiniert dann die beteiligten Institutionen. Wir machen immer eine Vorabprüfung, ob der Zugang zum Anerkennungsverfahren gegeben ist, und klären, ob sich der Betrieb für eine möglicherweise erforderliche Anpassungsqualifizierung eignet. Das war in diesem Fall nicht problematisch, da es sich um ein Zahntechniklabor handelte und der Abschluss von Frau Mamic auch in der Zahntechnik vorlag.“
Wie funktioniert eine Anpassungsqualifizierung?
Nach der erfolgten Gleichwertigkeitsprüfung des ausländischen Abschlusses mit dem des deutschen Referenzberufs wurde eine „teilweise Anerkennung“ beschieden und eine Anpassungsqualifizierung vorgeschlagen: „Wir prüfen, ob es geeignete Kurse gibt und welche Inhalte im Betrieb nachqualifiziert werden können. Anhand dieser Informationen wird ein individuell passender Qualifizierungsplan erstellt“, so Marianne Steigenberger. Das Verfahren von Tatjana Mamic lief reibungslos ab: „Der Fall ging als Anerkennungsfall von der ZSEF an uns, dann lief das Anerkennungsverfahren und wir haben schon im Verfahren den Qualifizierungsplan mit dem Betrieb abgestimmt. Das war ein bisschen der Idealfall, da es direkt gepasst hat.“ Tatjana Mamic konnte daraufhin ein Visum zur Einreise für Qualifizierungszwecke beantragen und ihre Stelle im Dentallabor Gibisch antreten. Nach Abschluss der Anpassungsqualifizierung kann Tatjana Mamic einen Folgeantrag stellen und sich so die volle Gleichwertigkeit bescheinigen lassen.
Möglichkeiten der Finanzierung betrieblicher Qualifizierungsmaßnahmen
Bei Anliegen rund um das Verfahren stehen die zuständigen Kammern als Ansprechpartner zur Verfügung. Das betrifft beispielsweise den Aspekt Finanzierung, denn eine Qualifizierung im Betrieb ist auch mit Kosten verbunden. Da der Betrieb seinen Hauptsitz in Mering hat, beriet Dr. Brigitte Eisele von der Handwerkskammer für Schwaben zu den Fördermöglichkeiten. Anders als bei Qualifizierungskursen gibt es für Qualifizierungsmaßnahmen im Betrieb derzeit noch kein einheitliches Regelinstrument – die finanzielle Förderung muss hier immer individuell abgestimmt werden. Dafür wandte sich Dr. Brigitte Eisele an den lokalen Arbeitgeberservice: „Bei uns funktioniert die Zusammenarbeit mit dem Arbeitgeberservice sehr gut. Der Betrieb bekommt jetzt für die Anpassungsqualifizierung einen Lohnkostenzuschuss, weil es sich um eine vom Betrieb unterstützte Qualifizierung handelt.“
Mit der Anpassungsqualifizierung Fachkräfte gewinnen
Die Möglichkeit, Tatjana Mamic im Zuge einer Anpassungsqualifizierung einzustellen, war für den Betrieb und die Fachkraft eine Win-win-Situation. Laut Dana Axmann schätzen die Mitarbeitenden und Ausbildungsleitenden im Betrieb insbesondere das persönliche Engagement und den Ehrgeiz von Tatjana Mamic, die Qualifizierungsinhalte zu erlernen. Während ihr das Verfahren ermöglicht, in dem Betrieb nach Abschluss des Verfahrens als anerkannte Fachkraft langfristig beschäftigt zu werden sowie auch Fort- und Weiterbildungsmöglichkeiten wahrnehmen zu können, gewinnt der Betrieb eine qualifizierte und engagierte Mitarbeiterin. Auch das Dentallabor betont die Vorteile einer betrieblichen Anpassungsqualifizierung: „Aufgrund des Fachkräftemangels ist dieses Verfahren eine Möglichkeit, Personal mit Vorkenntnissen Schritt für Schritt in den Arbeitsprozess zu integrieren. In der Regel besteht dabei großes Interesse, sich im erlernten Beruf weiterzubilden.“
Der Beitrag basiert auf Interviews, die mit Frau Dana Axmann von der Dentallabor Gibisch GmbH sowie Dr. Brigitte Eisele von der Handwerkskammer für Schwaben und Marianne Steigenberger von der Handwerkskammer für München und Oberbayern geführt wurden. Ein großer Dank geht an alle Beteiligten.
Literaturhinweise
[1] Das Projekt MigraNet setzt sich seit 2005 für eine bessere Arbeitsmarktintegration von Menschen mit Migrationshintergrund in Bayern ein und baut dabei auf ein Netzwerk verschiedener Institutionen und Akteure.
[2] In Bayern kann die ZSEF als zentrale Ausländerbehörde den Prozess des beschleunigten Fachkräfteverfahrens koordinieren.
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