Auch in der GOÄ gibt es Schienen (Ä2698, Ä2699) nur zur Fixation (Immobilisation), meist in der Kieferchirurgie (Frakturbehandlung). Vielleicht gibt die GOZ im Teil „G. Kieferorthopädische Leistungen“ bei ganz genauem Hinsehen bessere Auskunft? Mit den Nummern 6030 bis 6080 sind lediglich „alle Leistungen zur Kieferumformung und Retention beziehungsweise zur Einstellung des Unterkiefers in den Regelbiss“ abgegolten, „unabhängig von den angewandten Behandlungsmethoden oder den verwendeten Therapiegeräten“, aber doch keineswegs inklusive Eingliederung aller festsitzenden Therapiemittel/Apparaturen. So lautet die Berechnungsbestimmung eben nicht und einen derartigen Sinn kann man dieser Bestimmung auch nicht unterschieben.
Was folgt daraus: Anwendung (Eingliedern, Justieren, Ingangbringen/Aktivieren, Wirkungsüberwachung, Nachjustieren beziehungsweise Kontrollen) jeder Art von kieferorthopädischen Geräten ist abgegolten. Das stimmt wirklich, aber „Geräte“ sind eben keine „Apparaturen“. Geräte sind herausnehmbar, sie sind keine festsitzenden KfO-Verankerungen beziehungsweise KfO-Hilfsmittel.
Aligner sind unzweifelhaft herausnehmbare orthodontische Hilfsmittel, also herausnehmbare „Geräte“, auch wenn sie am besten fast 24 Stunden getragen werden sollten. Was folgt daraus?
- Das Eingliedern von Alignern ist keine eigenständig berechnungsfähige Leistung, sondern vom Inhalt der Nummern 6030 bis 6080 GOZ umfasst, die im Gebührenverzeichnis der GOZ aufgeführt sind.
- Natürlich kann das Eingliedern trotz kieferorthopädischer Notwendigkeit/Geeignetheit auch nicht als Analogleistung „Aligner-Eingliederung“ berechnet werden, da eine Analogberechnung nur infrage kommt für nicht im Gebührenverzeichnis aufgeführte Leistungen.
- Es hilft auch nicht weiter, lediglich eine Analogleistung je Eingliederung eines Aligners anzusetzen und die „andere Leistung“ (6030 bis 6080 GOZ) ganz einfach nicht zu berechnen, denn das ändert nichts an dem Fakt, dass die angebliche Analogleistung im Gebührenverzeichnis enthalten ist.
Diese Gebührenakrobatik wird erwogen, weil die Leistung mit der alleinigen Honorierung nach den Nummern 6030 bis 6080 GOZ betriebswirtschaftlich nicht hinreichend vergütet wird. Das hängt im Einzelfall vom Einsatz nötiger Behandlungs- und Hilfsmittel ab und von der Komplexität des jeweiligen Falls, die mit den Begriffen gering, mittel und hoch bei der Alignertechnik unzureichend berücksichtigt wird. Die Alignertechnik fordert in vielen Fällen vor Beginn der Kieferumformungs- und -einstellungsbehandlung dem Behandler viel, gegebenenfalls sehr viel ab, die kieferorthopädische Behandlung selbst ist auf Basis der umfangreich erfolgten Vorleistungen nicht mehr sehr aufwendig. Auch hier hilft genaueres Hinschauen weiter.
Externe Verfahren und Inhouse-Verfahren: Externe Verfahren beruhen auf zahnärztlicher Diagnostik, Prüfung des Behandlungsziels und Abnahme der Behandlungsmittel mit Auslagerung der gesamten technischen Verfahrenskette an spezialisierte Firmen (Dentallaboratorien). Inhouse-Verfahren führen auch die technischen Abläufe im Praxislabor selbst durch und sind dann insbesondere bei komplizierter Fallgestaltung und bei nötigen Korrekturen der Planung (auch bei Nichtragen etc.) flexibler. Häufig ergibt sich eine Mischung von externem und internem Verfahren, je nach Intensität der Beschäftigung mit dieser modernen Technik.
Es wird angegeben, man könne im Wesentlichen drei Verfahrensweisen unterscheiden mit unterschiedlichen Anteilen von externen und Inhouse-Leistungen:
- Clear-Aligner (Kim, T. W.) und eClinger
- Invisalign und ähnliche Verfahren
- Hinz-Aligner (gegebenenfalls ohne Set-up und/oder mit weniger Zwischenschienen)
Es werden deutlich mehr Verfahrensweisen beschrieben und definiert, die sich aber nicht fundamental unterscheiden, was berechnungstechnische Aspekte anbelangt.
Verfahrenskette in Einzelschritten mit gebührentechnischer Bedeutung
Zum internen Teil der Verfahrenskette gehören die folgend dargestellten Schritte:
1. Datengewinnung (physisch oder digital)
- durch Silikonabformung (gegebenenfalls nach approximaler Schmelzreduktion – ASR)
- mit Bissfixierung und
- mit fünf Intraoralphotos – 1 von frontal im Zusammenbiss, 2 rechte und linke Seite in Okklusion, 2 getrennte Ober- und Unterkiefer-Aufsichten
- durch Modellherstellung und deren Versand oder
- durch Einscannen optisch-elektronisch und Datenversand, entweder Daten von Modell-Scans (und) oder Daten intraoraler optisch-elektronischer Abformung
- optional durch Erstellen einer Simulation des möglichen Behandlungsergebnisses (Outcome-Simulator) inklusive Besprechung und Bearbeitung mit dem Patienten als Planungsgrundlage für den externen Dienstleister.
Zum externen oder internen Anteil des Verfahren gehören gegebenenfalls
2. Behandlungsvorschlag gem. Software (Daten/Set-up) kommt zur klinischen Prüfung
- Bearbeitung des ClinChecks durch den Behandler oder externen Dienstleister
- ClinCheck-Abnahme durch Behandler, Annahme des Vorschlags durch den Patienten erfolgt in aller Regel vor der Schienenproduktion oder erfolgt vorher nur auf ausdrücklichen Wunsch des Behandlers
Eine spezielle Software oder eine physische Aligner-Planung startet mit der Ist-Situation und dem geplanten/gewünschten Behandlungsresultat. Innerhalb dieses Intervalls werden mehrere nötige Zwischenmodelle (Zwischen-Set-ups) mit den geplanten Behandlungsfortschritten erzeugt und darauf im Tiefziehverfahren jeweils Aligner angefertigt.
Die Software oder physisches Set-up erzeugt nach simulierten oder zahntechnisch erzeugten dreidimensionalen Zahnbewegungen gedruckte oder doublierte Zwischenmodelle mit den je Modell im betreffenden Zeitraum zu erreichenden Zahnbewegungen (maximal 0,8 Millimeter). Darauf werden tiefgezogen jeweils drei Schienen mit unterschiedlicher Folienstärke (zwischen 0,5 und 0,75 Millimetern) für etwa drei bis vier Wochen Behandlung erstellt.
Die Schienen werden meist je eine Woche fast durchgehend getragen, die dünnste zuerst, die stärkste zuletzt, dann erfolgt der Wechsel zu den Schienen des nächsten Zwischenmodells. Bei einer aktiven Behandlungsdauer zum Beispiel von einem halben Jahr werden somit unschwer zwei Mal 18 Schienen für eine Ober- und Unterkieferbehandlung benötigt.
Festsitzende Apparaturen, Hilfsmittel und Verankerungen
Die Alignertechnik kommt meist ohne Kraftansatz-/-übertragungshilfsmittel aus. In besonderen Fällen, zum Beispiel bei benötigten körperlichen Zahnbewegungen, nutzt die Alignertechnik konfektionierte und/oder fallindividuell hergestellte Attachments aus unterschiedlichen Werkstoffen, gegebenfalls auch als (abgegoltene) Teile des Behandlungsgeräts linguale Miniaturschrauben und so weiter (Verfahren Hinz-Aligner).
Im maximal Vierjahreszeitraum können jederzeit festsitzende Behandlungsmittel eingegliedert und berechnet werden – auch zum Beispiel festsitzende Retainer.
Und wie zum Beispiel nach der Nummer 6180 die Wiederherstellung „von herausnehmbaren Behandlungsgeräten“ jederzeit innerhalb der kieferorthopädischen Behandlung nach 6030 bis 6080 erbracht werden muss und berechnet werden kann, so gilt das auch zum Beispiel für das Wiederbefestigen gelöster Brackets/Attachments mit Berechnung der Nummer 6100 zuzüglich 2197 GOZ, falls eine adhäsive Befestigung erfolgt.
Planungsschema
Nachfolgend die Erläuterungen zum nebenstehend abgebildeten Planungsschema für die HKP-Aufstellung „Aligner“. Zu einzelnen Analogansätzen beziehungsweise Alternativberechnungen sind gegebenenfalls folgende Erklärungen hilfreich:
- Intraorale diagnostische Aufnahmen (6000a) sind gemäß Beschluss des Beratungsforums von BZÄK, PKV und Beihilfe berechnungs- und erstattungsfähig: Beschluss Nr. 15.
- Gemäß Paragraf 4 (2) GOZ sind „Diagnostik-/Planungsabformungen“ nach (0050) 0060 GOZ statt mit konfektionierten auch mit „individuellen Löffeln ohne anatomische Abformhindernisse“ als 2x 5170a GOZ* möglich, jedoch nicht für dasselbe Modellpaar (dann nur die höherwertige Leistung ansetzbar – zwei Mal 5170): Indikation für zwei Modellpaare wären zum Beispiel nötige modellverändernde Maßnahmen zur Diagnostik/Planung (zum Beispiel Set-up); *zu 5170a siehe individuelle Löffelabformung ohne anatomische Problematik; Urteil unter www.alex-za.de).
- Planung, Laborauftrag, Kontrolle/Korrektur(en) und zahnmedizinische Abnahme eines „KfO-Set-ups je Zahn“ ist eine Leistung des Zahnarztes und mit einer Vergütung nach Paragraf 6 (1) GOZ ansetzbar. Hinzu kommen Material- und Laborkosten für die technische Durchführung im Fremd- oder im Eigenlabor oder am Computer (virtuelle Set-up-Durchführung) – siehe Chairside-Laborleistungsliste virtuelle Leistungen, CAD/CAM (www.alex-za.de)
- Die Summe der zahnmedizinischen Set-up-Leistungen ergibt ein oder zwei „Set-up-Modell(e)“. Die orthodontische Kontrolle der einzelnen Set-up-Vorgänge je Zahn ist gefolgt von einer Gesamtüberprüfung des Set-ups der Zahnreihen im Ober- und Unterkieferzusammenwirken. Diese „Endabnahme“ hin zu einem geplanten Behandlungsresultat erfolgt als Ergebnisüberprüfung auf dem Modell im Vergleich mit der aktuellen klinischen Situation und wird zum Beispiel „ClinCheck“ genannt. Das ist zahnärztliche/fachzahnärztliche Tätigkeit mit bewusster Entscheidung und Verantwortungsübernahme für die geplanten Behandlungsschritte.
- Trotz gelungener Lageeinstellung der Kiefer in den Regelbiss kann dento-alveoläre Okklusionseinstellung eines einzelnen Zahns, einzelner Zähne oder von Zahngruppen mit abgeschlossenem Wurzelwachstum zusätzlich erforderlich werden (6050 bis 6080 neben 6090 GOZ ist orthodontisch gegebenenfalls nötig und logisch und gebührentechnisch nicht ausgeschlossen).
- Attachment (6100 GOZ) ist der Oberbegriff für alle Arten von orthodontischen Kräfteübertragungs-/Kräfteangriffshilfsmittel am Zahn. Die können konfektioniert sein wie Knöpfe, Brackets oder Bänder (6120) etc., sie können auch individuell hergestellt werden mit Komposit (ohne/mit zuzüglich Fertigteilen). Datenübertrag (Lokalisation, Form, Winkelstellung etc.) und intraorale Herstellung inklusive adhäsiver Befestigung (2197 GOZ) von Komposit-Attachments kann mittels spezieller, gegebenenfalls virtuell entworfener Schablonen (9005a je Kiefer) erfolgen. Es gibt dazu keine intraoralen Laborkosten; die zusätzlich berechnungsfähige Laborleistung liegt in der Erstellung der Spezialschablone.
- Intraorale (zum Beispiel intermaxilläre) Verankerungen nach Nummer 6160 GOZ sind auch befestigt an Alignergeräten möglich und berechnungsfähig.