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„Amalgam ist Sondermüll und gehört nicht in den Mund!“

Am 28. Juni 2018 protestierten Aktivisten vor der KZBV in Berlin gegen die weitere Verwendung von Amalgam in der Zahnmedizin.

Am 28. Juni 2018 protestierten Aktivisten vor der KZBV in Berlin gegen die weitere Verwendung von Amalgam in der Zahnmedizin.

Unter dem Motto „Amalgam ist Sondermüll und gehört nicht in den Mund!“ fand am 28. Juni 2018 in Berlin eine Protestaktion der IG Umwelt Zahn Medizin vor der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung (KZBV) in Berlin statt. Mit Sondermüllfässern, Totenkopfpostern und Gasmaskenattrappen demonstrierten Gesundheitsschützer lautstark vor der Vertretung der Kassenzahnärzte.

Den Aktivisten geht das Amalgam-Verbot für Kinder und Schwangere, das am 1. Juli 2018 in Kraft tritt, nicht weit genug. Sie fordern ein generelles Amalgam-Verbot ab 2020 und appellieren an die KZBV, ihre Blockadehaltung aufzugeben. Zum Abschluss zogen die Demonstrierenden vor das Haus der evangelischen Kirche, wo die 7. Berliner Klimagespräche stattfanden. Sie forderten die Umweltministerin Svenja Schulze auf, sich nicht nur resolut gegen die Emissionen von Quecksilber, sondern auch die Verwendung von quecksilberhaltigen Produkten einzusetzen, da auch diese in ihren Zuständigkeitsbereich fallen.

Es gibt alternative Füllmaterialien

„Amalgam besteht zu 50 Prozent aus hochgiftigem Quecksilber und muss früher oder später als Sondermüll entsorgt werden. Amalgamfüllungen haben in der modernen Zahnmedizin nichts mehr zu suchen“, erklärt der Geschäftsführer der IG Umwelt Zahn Medizin, Florian Schulze, die Aktion. Dennoch würden in Deutschland jedes Jahr immer noch mehrere Tonnen Quecksilber verwendet, das nicht nur beim Legen und Entfernen, sondern auch permanent aus Füllungen im Mund entweiche und deswegen auch aus Gründen des vorsorglichen Gesundheitsschutzes vollständig verboten werden müsse. Die KZBV stelle sich jedoch gegen ein generelles Amalgam-Verbot.

„Dabei gibt es bereits heute eine neue Generation von Zementen, die als definitive Füllungen geeignet sind, und ebenso wie Amalgam abgerechnet werden können. Patienten können auch damit kostenlos versorgt werden. Die Blockadehaltung der KZBV ist völlig unverständlich“, so Schulze weiter.

Die Protestanten zogen mit Sondermüllfässern und Totenkopfpostern vor die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung in Berlin.

Die Protestanten zogen mit Sondermüllfässern und Totenkopfpostern vor die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung in Berlin.

"Amalgam ist unbedenklich"

Das Amalgam-Verbot für Kinder, Schwangere und Stillende in der EU-Verordnung 2017/852 enthält eine sehr eng gefasste Ausnahmeklausel: „Ab dem 1. Juli 2018 darf Dentalamalgam nicht mehr für die zahnärztliche Behandlung von Milchzähnen, von Kindern unter 15 Jahren und von Schwangeren oder Stillenden verwendet werden, es sei denn, der Zahnarzt erachtet eine solche Behandlung wegen der spezifischen medizinischen Erfordernisse bei dem jeweiligen Patienten als zwingend notwendig.“

Verstöße gegen das Verbot können mit einem hohen Bußgeld geahndet werden. Doch die KZBV lege diese Ausnahmeregelung sehr lax aus. Dr. Wolfgang Eßer, Vorsitzender des Vorstandes der KZBV, nahm Anfang Juni zur Verordnung Stellung: „Amalgam ist der älteste, besterforschte zahnärztliche Werkstoff und wird in den allermeisten Fällen problemlos vertragen. Die Aufnahme von Quecksilber entspricht in etwa der Größenordnung der Quecksilberbelastung durch Nahrung und ist – auch nach neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen – unbedenklich.“

Eine Kostenfrage?

Florian Schulze kritisiert dies scharf: „Es ist unverantwortlich, die rechtlichen Konsequenzen einer Regelverletzung derart zu verharmlosen, wie die KZBV es in ihrer Stellungnahme tut. Damit laufen sowohl Zahnärztinnen und Zahnärzte als auch Patientinnen und Patienten Gefahr, dass Amalgam in Zukunft unrechtmäßig bei Kindern und Schwangeren angewendet wird. Die IG Umwelt Zahnmedizin empfiehlt Patientinnen und Patienten daher, vorab eine schriftliche Erklärung des Zahnarztes oder der Zahnärztin einzufordern, warum Amalgam verwendet werden soll.“

In ihrer Pressemitteilung zum Thema ging die KZBV auch darauf ein, welche Kosten die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) für Patienten übernimmt. Im sichtbaren Frontzahnbereich sind das zahnfarbene Kompositfüllungen (Einschichttechnik). Im Seitenzahnbereich werden die Kosten für Amalgamfüllungen oder für den begrenzt haltbaren Glasionomerzement übernommen. Nur bei Patienten mit einer absoluten Kontraindikation (wie beispielsweise einer Allergie auf Amalgam oder Bestandteile davon oder bei einer schweren Niereninsuffizienz) werden auch bei Seitenzähnen Kompositfüllungen gezahlt. Auch der Austausch intakter Amalgam-Füllungen wird nicht von der GKV übernommen.

Langfristige Pläne sind notwendig

Die EU möchte den Einsatz von Amalgam auch aufgrund der mit dem Quecksilber-Abbau und der Entsorgung einhergehenden Umweltprobleme langfristig zurückführen. Laut KZBV soll erst im Jahr 2020 geprüft werden, ob ab dem Jahr 2030 unter Umständen vollständig auf Amalgamfüllungen verzichtet werden könne. Das sieht Florian Schulze anders: „Ein generelles Amalgamverbot ist alternativlos und muss spätestens 2020 in Kraft treten.“ Fest steht: Bis zum 1. Juli 2019 muss die Bundesregierung einen Plan vorlegen, wie die Verwendung von Amalgam weiter verringert werden soll. Es bleibt also spannend.