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Erst kommt die Gesundheit, dann das Geld

Von Chefredakteur Marc Oliver Pick

Von Chefredakteur Marc Oliver Pick

Mittlerweile ist der Medienhype allerdings von der Station „Bedrohung unserer aller Gesundheit“ weitergezogen zum nächsten Aufregerthema: die Sorge um die Auswirkungen auf die Wirtschaft.

Reisende berichten von fast leeren Flugzeugen und nur spärlich besetzten Fern­zügen. Wozu auch durch die Gegend fliegen oder fahren, wenn immer mehr Veranstaltungen abgesagt oder verschoben werden. Das kostet immer mehr Unternehmen – und private Anleger – viel Geld. Nicht von Ungefähr hat sich die Bundesregierung auf ein milliarden­schweres Investitionspaket verständigt, um die Wirtschaft zu unterstützen.

Unterdessen bemühen sich Ärzte­funk­tionäre, Virologen und berufene Fach­leute, die Stimmung im Lande zu beruhigen, und mahnen, angesichts einer mit der Grippe vergleichbaren Erkrankung nicht in Panik zu verfallen und sich ins vermeintlich sichere Privatleben zurückzuziehen. Vorschläge, man solle Schulen und Kindergärten mindestens 14 Tage lang schließen, wurden verworfen, weil man befürchtet, dass zur Betreuung der Kinder in großem Maßstab Großeltern heran­gezogen werden könnten. Oma und Opa gehören aber üblicherweise zur Altersgruppe mit einem höheren Risiko für einen schweren, wenn nicht lebensbedrohenden Verlauf. Hinzu kommt, dass Kinder zwar kaum Symptome zeigen, die Infektion aber dennoch weitergeben können.

Noch drastischere Maßnahmen wie der Vorschlag, ganz Deutschland zwei Wochen lang in Zwangsferien zu schicken, um Zeit für die Bestimmung der Infektionsketten und Infektionsbrennpunkte zu gewinnen, sind angesichts der sich bereits jetzt abzeichnenden wirtschaftlichen Einbußen wohl kaum durchsetzbar. Andererseits wächst die Zahl der Infizierten weltweit immer noch an – zum Glück aber auch die Zahl der Genesenen.
Man könnte angesichts der Verschiebung des Fokus in der medialen Bericht­erstattung den Eindruck gewinnen, dass die immer stärker in den Vordergrund drängende Diskussion um die bereits eingetretenen und noch möglichen wirtschaftlichen Folgen der Ausbreitung von Covid-19 ungewollt Rückenwind verschafft. Am Montag jedenfalls erlebten die Börsen weltweit einen „schwarzen Montag“. Gleichzeitig gab es beim Öl einen enormen Preisverfall.

Es hat den Anschein, als würde in der Politik zunehmend abgewogen, wie drastisch der Kampf gegen Covid-19 im Sinne einer maximalen Schonung der Wirtschaft ausfallen darf. So drastisch die wirtschaftliche Folgen auch sein werden: Die Sorge um die Wirtschaft darf nicht dazu (ver-)führen, notwendige Maßnahmen im Kampf gegen das Virus hinauszuzögern oder ganz vom Tisch zu wischen.