„Transparenz ist entscheidend“
„Die Forderung nach gesetzlichen Regelungen zu einer verpflichtenden Barrierefreiheit in allen Arztpraxen ist realitätsfern und atmet den Hauch des Populismus. Erstaunlich, dass sie vom Beauftragten der Bundesregierung für Menschen mit Behinderung stammt. Es gibt allein über 80 Kriterien für Barrierefreiheit, bezogen auf sechs Beeinträchtigungsarten.
Das kann keine Praxis, vermutlich keine Einrichtung, wohl auch kaum eine öffentliche, in Deutschland in voller Bandbreite erfüllen“, kommentiert Dr. Andreas Gassen, Vorstandsvorsitzender der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) in Berlin.
„Allerdings passt dieser Vorstoß zum politischen Gesamtbild, möglichst alles dirigistisch vorzuschreiben. Leider ist es in der politischen Debatte momentan en vogue, dass mit hoher Anspruchshaltung gefordert wird, aber die enormen finanziellen Belastungen vollkommen ausgeblendet bleiben. Natürlich sollen Menschen mit Beeinträchtigungen einen möglichst leichten Zugang zu Praxen haben. Daher ist Transparenz wichtig, dass beispielsweise über die Arztsuchen entsprechende Informationen auffindbar sind“, so Gassen weiter.
„Die Gründe für eine fehlende Barrierefreiheit sind vielfältig, beispielsweise, weil sich eine Praxis im Altbau befindet. Erschwert wird das Ganze noch durch teils miteinander konkurrierende Auflagen vor Ort. Darunter fallen Brand- und Denkmalschutz genauso wie Gewerbeaufsichtsvorgaben oder Vorschriften des Vermieters. Die Kosten für einen barrierearmen Umbau sind hoch, und sie können unmöglich allein den Praxisinhabern aufgebürdet werden bei einer ohnehin insgesamt unzureichenden Finanzierung“, sagt der stellvertretende KBV-Vorstandsvorsitzende Dr. Stephan Hofmeister.
„Die niedergelassenen Kolleginnen und Kollegen wollen alle Patientinnen und Patienten versorgen. Das Prinzip der Machbarkeit sollte im Vordergrund stehen und nicht gesetzlicher Zwang, der eher dazu führt, dass Praxisinhaber vor zu hohen und zu teuren Anforderungen kapitulieren und ihre Praxen schließen. Das aber kann niemand wollen“, erklärt Vorstandsmitglied Dr. Sibylle Steiner.
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