Die Internationale Dental-Schau (IDS) vom 25. bis zum 29. März 2025 löst schon jetzt Vorfreude aus. Warum der Spannungspegel in der Dentalbranche steigt und wo dies seinen fachlich fundierten Ausgang nimmt, erläutert im Interview Dr. Markus Heibach, Geschäftsführer des Verbands der Deutschen Dental-Industrie (VDDI).
Herr Doktor Heibach, was verspüren Sie am meisten, wenn Sie an die näher rückende IDS denken: Stress? Herzklopfen? Lampenfieber?
Dr. Markus Heibach: Von alledem etwas, aber vor allem die schönste Freude: Vorfreude.
Worauf?
Heibach: Die meisten bekommen von der IDS vor allem die knappe Woche Innovationsfeuerwerk mit. Eigentlich beginnen die Vorarbeiten zur nächsten IDS schon unmittelbar nach dem Ende der Veranstaltung. Doch besonders in den Tagen davor werden die Kölner Messehallen zu einem Ameisenhaufen: In Windeseile ziehen kundige Hände die Stände für Dentalprodukte aus aller Welt hoch. Sobald alles steht, beginnt die Arbeit so richtig.
Denn das ist es: Der intensive Austausch zwischen Experten aus den Unternehmen der Dentalindustrie, dem Fachhandel, aus Praxen und Laboren in den Messehallen stellt eine Königsdisziplin unter den vielen kleinen und großen Wettbewerben um die besten zahnheilkundlichen Konzepte auf unseren kompetitiven Märkten dar. Hier kristallisieren sich Produkte und Systemlösungen heraus, die in den zwei Jahren bis zur nächsten IDS Praxen und Labore jetzt schon voranbringen und letztlich den Patienten zugutekommen.
Wir beim VDDI, auch im Team mit der Koelnmesse, welche die IDS im Auftrag des Wirtschaftsunternehmens GFDI des VDDI durchführt, haben schon Schwung geholt und stecken mitten in den Vorbereitungen.
Fachlich überblicken Sie die Messevorbereitungen am besten. Wo erwarten Sie wichtige Innovationen?
Heibach: Digitale Technologien haben in den vergangenen zwanzig Jahren den Design-Prozess und die Herstellung prothetischer Restaurationen, kieferorthopädischer Apparaturen und vielem mehr tiefgreifend verändert. So führen heute volldigitale Vorgehensweisen selbst bei komplexen Arbeiten zum Ziel. Noch interessanter finde ich persönlich einen Blick auf die Grenzgebiete.
Was meinen Sie damit?
Heibach: Nehmen Sie beispielsweise die Erarbeitung komplexer Restaurationen, wie etwa Modellguss, im Labor aufgrund eines einzigen Intraoralscans. Dabei entfallen Sammelabformungen von Primärteilen, Bissnahmen und Gesamtanproben – und mit ihnen eine Reihe von Zwischenterminen. Das stellt für den Patienten einen enormen Mehrwert dar.
Inwiefern sorgt die IDS 2025 in diesem Punkt für neuen Schwung?
Heibach: Neue Intraoralscanner und weitere Komponenten in den digitalen Workflows benötigen heute nicht mehr zwingend eine Menge gerätespezifische Software oder computertechnische Hardware für die Weiterbearbeitung. Der digitale Workflow gewinnt damit an Flexibilität und wird vieles, was heute schon im Prinzip möglich, aber noch nicht allgemein üblich ist, mittelfristig zur täglichen Routine werden lassen.
Inklusive künstlicher Intelligenz?
Heibach: Ja sicher, wobei ich zu einer kleinen Einschränkung neige: Künstliche Intelligenz, kurz: KI, spielt ihre Stärken zurzeit so richtig gut im Bereich der Bildauswertung aus, und das betrifft konkret im Wesentlichen die Röntgenbildanalyse. Sie kann zum Beispiel die Kariesdiagnostik erleichtern.
Perspektivisch dürfte KI das Potenzial besitzen, im CAD-Prozess von selbst Design-Vorschläge zu machen, so etwa für die Konstruktion von Restaurationen für den Prothetiker oder Alignern für den Kieferorthopäden. Für den Implantologen errechnet die Software im Backward-planning-Verfahren Positionen und Einschubwinkel von Implantaten und kann dabei auch individuelle Parameter, zum Beispiel Kaukraft und Knochenqualität des Patienten, berücksichtigen. Ich bin gespannt, was davon schon zur IDS 2025 die Marktreife erreicht hat oder kurz davorsteht.
Restaurationen, Aligner, Implantate – alles will nach dem virtuellen Design auch realisiert werden. Welche Verfahren und Materialien kommen neu hinzu?
Heibach: Bei den Verfahren ergänzt der 3-D-Druck zunehmend die Fräs- beziehungsweise Schleifverfahren. Namentlich neuartige Druckharze stehen zurzeit auf der Schwelle vom Werkstoff für Langzeitprovisorien hin zum definitiven Zahnersatz.
Dieser lässt sich weiterhin subtraktiv aus Zirkonoxid-, Lithiumdisilikat- oder Lithiumsilikatkeramik herstellen. Zirkonoxid eignet sich daneben grundsätzlich auch für die additive Fertigung. Kieferknochenimplantate lassen sich passgenau für Knochendefekte infolge eines Unfalls oder einer OP designen und aus der Keramik drucken.
Und die klassischen Zahnimplantate?
Heibach: Auch hier steigt die Zahl der möglichen Werkstoffe: klassisch Titan, inzwischen auch Keramik, und selbst Kunststoffe wie PEEK wurden erfolgreich inseriert. PEEK könnte in Zukunft durch eine Verstärkung mit Kohlefasern unterschiedlicher Länge in seiner Steifigkeit gezielt auf bestimmte Einsatzbereiche eingestellt werden, um die Lastübertragung auf den Kieferknochen zu verbessern.
Welches Fazit ziehen Sie nach dieser IDS-Tour d‘Horizon?
Heibach: Die IDS 2025 wird spannend. Über Werkstoffinnovationen, Digitalisierung und künstliche Intelligenz hinaus steckt zusätzlich in vielen weiteren Feldern der Zahnheilkunde viel Musik. Ich denke beispielsweise an die Füllungstherapie, die immerhin ein Großteil des Praxisalltags bestimmt, und an biologische Therapieformen im Bereich der Geweberegeneration. Im nächsten halben Jahr wird sich hier noch eine Menge tun, und dann ist es im Frühjahr so weit: Endlich wieder IDS!
Dr. Christian Ehrensberger, Frankfurt am Main
Titelbild: Koelnmesse/IDS/Harald Fleissner