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Massenanwendungen ohne Marktreife verursachen Chaos

Mann hält AU-Formular mit digitalem Anschluss

Die KZBV unterstützt grundsätzlich die Einführung eAU und sonstiger digitaler Neuerungen. Zugleich übt sie auch deutliche Kritik am aktuellen, fehlerbehafteten Vorgehen durch die Gematik.

Die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung (KZBV) unterstützt auch weiterhin grundsätzlich die Einführung der elektronischen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (eAU) und sonstiger digitaler Neuerungen im Gesundheitswesen. Zugleich übt die Vertragszahnärzteschaft aber auch deutliche Kritik am aktuellen, stark fehlerbehafteten Vorgehen durch die zuständige Gematik.

Die KZBV zur Einführung der eAU

„Für Praxen bringt die Digitalisierung derzeit nur Mehrarbeit und Mehraufwand mit sich, während Krankenkassen die Arbeit erleichtert werden soll. So entstehen bei den Heilberufen Frust und Verunsicherung, obwohl dort Vertrauen doch so dringend benötigt würde“, sagte Martin Hendges, stellvertretender Vorsitzender des Vorstands der KZBV. „Wie befürchtet und von uns immer wieder angemahnt, treten momentan viele Fehler auf, die bei ausreichender Testung und umsichtiger Einführung der eAU vermeidbar gewesen wären. Die Gematik wurde von ihren Trägern frühzeitig mit einem Feldtest beauftragt, der dann immer weiter verschoben wurde. Das hatte zur Folge, dass die letzten Kassen erst am vorgesehenen Starttag der eAU ans Netz gingen – zu spät, um Fehler lokalisieren und beheben zu können. Das absehbare Chaos zeigt exemplarisch: Massenanwendungen der Telematikinfrastruktur sollten nicht ohne in Tests nachgewiesene Marktreife umgesetzt werden – schon gar nicht in Zeiten einer Pandemie, in denen das Gesundheitssystem ohnehin vielfach am Limit arbeitet.“ Als Beispiele für künftige sinnvolle Anwendungen nannte Hendges das elektronische Bonusheft und den elektronischen Heil- und Kostenplan.

Mehrwert für Zahnärzteschaft eingefordert

Mit Blick auf die Digitalisierung bekräftigte der Vorsitzende des Vorstands der KZBV, Dr. Wolfgang Eßer, noch einmal grundlegende politische Forderungen des Berufsstands: „Diese bleiben klar und eindeutig: Digitale und technische Innovationen müssen für die Zahnärzteschaft zeitlich, wirtschaftlich und organisatorisch umsetzbar sein und für die Patientenversorgung erkennbaren Mehrwert entfalten. Dazu müssen unsere Berufswirklichkeit und die Belange der Anwender konsequent in den Blick genommen werden.“ Die TI müsse für Heilberufe substanzielle Erleichterungen und Entlastungen im Versorgungsalltag mit sich bringen, etwa bei Anamnesen und Diagnosen. „Dann hätten Praxen mehr Zeit für ihre Patienten.“

Fristen beachten

Trotz Problemen bei der eAU rief die KZBV die Praxen erneut dazu auf, sich spätesten bis zum 1. Januar 2022 mit den nötigen Komponenten auszustatten, um das gesetzlich vorgeschriebene Verfahren technisch unterstützen zu können. Die Meldung einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung soll ab diesem Datum digital auf direktem Weg von Zahnarzt- oder Arztpraxen an die zuständige Kasse erfolgen. Für die sichere Übermittlung der Daten kann ausschließlich der Dienst Kommunikation im Medizinwesen (KIM) genutzt werden. Zudem ist in Praxen ein eZahnarztausweis (bis Ende 2023 einschließlich Vorläuferkarten wie ZOD-Karte oder eZahnarztausweis/Generation 0) für die qualifizierte elektronische Signatur erforderlich.

Neuer Leitfaden und weitere Praxishilfen

Da die technischen Voraussetzungen für die Infrastruktur derzeit nicht flächendeckend zur Verfügung stehen, gibt es bei der eAU seit 1. Oktober eine Übergangsregelung für die vertragszahnärztliche und die vertragsärztliche Versorgung: Praxen können demnach bis zum 31. Dezember die Daten der Arbeitsunfähigkeit entweder mit der SMC-B-Karte (Praxisausweis im e­­Health-Kartenterminal) die eAU signieren, wenn der eZahnarztausweis oder die ZOD-Karte Probleme bereiten, oder nach dem bisherigen Papierverfahren unter Verwendung der Formulare Muster 1a bis 1d erfassen und das Muster 1a über die Versicherte oder den Versicherten an die Kasse übermitteln. Ab 1. Januar 2022 soll das papiergebundene Verfahren endgültig auslaufen. Die Meldung einer eAU aus dem PVS an die Kasse muss dann mithilfe von KIM und dem eZahnarztausweis digital erfolgen.
Aufgrund komplexer Meldewege wird schrittweise auf ein rein digitales Verfahren umgestellt: Ab 1. Juli 2022 soll die Kasse Arbeitgebern erstmals die für sie bestimmten AU-Daten digital als Meldung zum Abruf zur Verfügung stellen. Patienten unterrichten ihren Arbeitgeber wie bisher über die Arbeitsunfähigkeit. Der Arbeitgeber kann die Meldung dann bei der Kasse abrufen. Patienten bekommen in der Praxis weiterhin Papierausdrucke für ihre Unterlagen.
Anlässlich der Einführung der eAU hat die KZBV ihrer Serie von Spezialleitfäden zur TI ein weiteres Element hinzugefügt. Die Broschüre „Elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung – Leitfaden für die Anwendung in der Zahnarztpraxis“ informiert über Grundlagen, Voraussetzungen und Rahmenbedingungen der Anwendung. Sie beschreibt Abläufe zur Erstellung und Verwaltung der eAU, fokussiert auf die Zielgruppe Zahnärzteschaft, und kann kostenfrei auf der Website der KZBV abgerufen werden. Auch weitere Praxishilfen und Hinweise zur verpflichtenden ICD-Kodierung für die eAU sind unter www.kzbv.de verfügbar, ebenso wie gesicherte Informationen zum Dienst KIM.