Die Schweizer Laborinhaber sind alarmiert, und auch ihre deutschen Laborkollegen zeigen sich mittlerweile besorgt: In der Kleinstadt Rheinfelden (Kanton Aaargau), die über den Rhein auf die gleichnamige Stadt in Baden-Württemberg blickt, hat die Straumann-Gruppe dieser Tage ein zahntechnisches Labor eröffnet. In einer aktuellen Stellungnahme reagiert die Firma auf Unsicherheiten ihrer Kunden.
„Unser Ziel ist es, einen kostengünstigen Schweizer Zahnersatz in Straumann-Qualität zu liefern“, sagte dazu Mischa Häfelfinger, Country Manager Straumann Schweiz, gegenüber der „Zahn-Zeitung Schweiz“. „Wir setzen dabei auf die hohe Fachkompetenz in der Schweizer Zahntechnik und haben mit der Etkon (Schweiz) AG in ein lokales Labor mit entsprechenden Kapazitäten und Know-how investiert. Alle sind herzlich eingeladen, uns in den neuen Räumlichkeiten am Standort Rheinfelden (AG) zu besuchen.“
Richard Scotolati, Präsident des Schweizer Zahntechnikerverbands „Swiss Dental Laboratories“ (VZLS), sieht darin „einen grundlegenden Strategiewechsel, der die Position der unabhängigen Laboratorien angreifen und schwächen will“. Das Bestreben, alle Arten von Rekonstruktionen anzubieten und diese unter Umgehung der klassischen Laboratorien direkt an Zahnärzte zu liefern, greife die Marktstellung der Laboratorien an. Der Zentralvorstand habe deshalb entschieden, die bestehenden Verträge zu beenden beziehungsweise nicht weiterzuführen, so Scotolati. Auch weitere Verbände haben dazu Stellung bezogen. Die Fachgesellschaft für Zahntechnik e.V. (FZT e.V.), die WKO Bundesinnung Österreich Zahntechnik und der Verband Deutscher Zahntechniker Innungen haben sich in einer gemeinsamen Resolution mit den Schweizer Kollegen solidarisch erklärt und werden – falls vorhanden – ihre Zusammenarbeit mit Straumann ebenfalls aussetzen.
Laut Walter Winkler, Generalsekretär des Verbands Deutscher Zahntechniker-Innungen (VDZI), sind die Schweizer Kollegen zu Recht beunruhigt. Denn wenn Straumann nach eigener Aussage für den Zahnarzt zum „Gesamtlösungsanbieter für ästhetische Zahnmedizin“ werden wolle, komme der Konzern den Laboratorien unmittelbar in die Quere. „Schließlich sind es die selbstständigen Zahntechniker, die sich mit ihrem Labor als die ‚Gesamtlösungsanbieter‘ gegenüber dem Zahnarzt vor Ort verstehen. Die Schweizer Meldung signalisiert allen, dass es im globalisierten Dentalmarkt auf der Industrie- und der Handelsseite zwar wenige, aber dafür immer größer werdende Player gibt. Sie alle wollen zunehmend vertikal die Wertschöpfungsprozesse in ihre oligopolistischen Strukturen integrieren. Damit werden tendenziell der Innovationswettbewerb und die Produktvielfalt im Dentalmarkt zulasten von zahntechnischen Laboren und Zahnärzten gehen.“
Straumann hat inzwischen darauf reagiert. In der aktuellen Stellungnahme der Firma heißt es:
"Geschätzte Geschäftspartner,
als Reaktion auf die Beteiligung von Straumann an einem Schweizer Labor/ Fräszentrum hat der Verband Swiss Dental Laboratories (VZLS) seine Mitglieder angeschrieben. Die Inhalte dieser Mitgliederinformation wurden inzwischen über soziale Medien verbreitet.
Hierzu halten wir fest: Einige Aussagen des VZLS sind nicht korrekt und haben bei unseren Kunden zu Unsicherheiten und Fragen hinsichtlich unserer Unternehmensstrategie geführt.
Tatsache ist:
Straumann unterhält seit über 10 Jahren das hocheffiziente und wettbewerbsfähige etkon-Fräszentrum in Markkleeberg in Deutschland, das Laboratorien sowie Zahnarztpraxen in Deutschland, der Schweiz und anderen Ländern mit hochwertigen prothetischen CADCAM Lösungen bedient. Ein Teil der Schweizer Kunden stellt jedoch Anforderungen, die das Fräszentrum nicht erfüllen kann. Dazu gehören die Präferenz für in der Schweiz hergestellte und veredelte Produkte sowie eine schnelle Lieferung. Der Transport aus Markkleeberg, Zollverfahren und Einfuhrzölle verlängern die Lieferzeiten und führen zu höheren Kosten für den Patienten. Diese und weitere Faktoren haben Straumann veranlasst, ihren Schweizer Kunden eine lokale Lösung anzubieten.
Straumann Schweiz hat zu diesem Zweck eine Mehrheitsbeteiligung an einem Dentallabor in Rheinfelden (Schweiz) erworben, welches auch die Funktion eines lokalen Fräszentrums ausübt. Die getätigte Investition ist eine lokale Initiative für den Schweizer Markt. Straumann beabsichtigt nicht, diesen Service über die Schweiz hinaus auszudehnen und verfolgt keine globale Strategie zum Kauf weiterer lokaler Labore. Schweizer und europäische Kunden können nach wie vor das Angebot unseres etkon-Fräszentrums in Deutschland oder von Createch in Spanien nutzen.
Die Straumann Gruppe ist bestrebt, Laboren und Zahnärzten optimale Lösungen für ihre Patienten anzubieten. Die digitale Zahnmedizin mit CADCAM-Workflows ist ein wichtiger globaler Trend, der weiter an Bedeutung gewinnt, weil sie für Kunden und Patienten große Vorteile bringt. Wir sind überzeugt, dass längerfristig diejenigen Labore erfolgreich sein werden, die sich diesem Trend öffnen und in die Digitalisierung investieren.
Auch Straumann wird weiter in CADCAM-Technologien investieren, um mit der veränderten Nachfragestruktur Schritt zu halten. Die offene Systemarchitektur der Lösungen von Straumann ermöglicht es unseren Kunden, mit allen Fräsmodellen zu arbeiten, zwischen zentralen, labor-internen sowie chairside-Fräsoptionen zu wählen und Entscheidungen im Interesse ihrer Patienten zu treffen.
Ein umfassendes Angebot implantatgetragener Prothetikkomponenten – wie die flexible Variobase-Familie oder premilled Abutments – unterstützen unsere Kunden, die mit eigenen Lösungen hervorragende Ergebnisse erzielen wollen.
Wir werden 2019 in Deutschland unsere Marktpräsenz bei Laboren in mehreren Richtungen verstärken:
- Deutlicher Ausbau des Labor-Außendienstes
- Weitere Verstärkung unseres Teams für den digitalen Support vor Ort
- Aufstockung des telefonischen First-Level-Supports für alle digitalen Workflows
- Angebot hochwertiger Fortbildungs-Plattformen für Zahntechniker mit starkem Fokus auf digitale Arbeitsabläufe, auch in Zusammenarbeit mit zahnärztlichen Verbänden
Mit freundlichen Grüßen
Straumann GmbH"