Einleitend geht es zunächst um eine Gesetzesänderung, die sich allseits herumgesprochen hat: Der Mindestlohn beträgt seit dem 1. Januar 2019 nun 9,19 Euro und wird sich ab dem Jahr 2020 noch einmal etwas erhöhen, und zwar auf 9,35 Euro.
So weit so gut. Wäre da nicht noch eine andere – weit weniger bekannte – Regelung, die seit Anfang dieses Jahres Gültigkeit besitzt, und zwar Paragraf 12 Absatz 1 Satz 3 des Teilzeit- und Befristungsgesetzes (TzBfG), die da lautet: „Wenn die Dauer der wöchentlichen Arbeitszeit nicht festgelegt ist, gilt eine Arbeitszeit von 20 Stunden als vereinbart.“
Nach der bis zum 31. Dezember 2018 geltenden Rechtslage war es noch so, dass eine Arbeitszeit von 10 Stunden als vereinbart galt, wenn keine andere (arbeitsvertragliche) Regelung getroffen wurde.
Was diese Gesetzesänderung nun mit Minijobs – also geringfügigen Beschäftigungsverhältnissen, bei denen das Arbeitsentgelt monatlich 450 Euro nicht übersteigen darf – zu tun hat, ist am besten anhand von zwei Beispiele zu verdeutlichen.
Den Beispielen sei noch eine kurze Begriffsklärung vorangestellt: Bei geringfügigen Beschäftigungsverhältnissen handelt es sich de facto um Teilzeitbeschäftigungen, die weitgehend sozialversicherungsfrei sind. Wer einen Minijob ausübt, zahlt keine Beiträge für die Kranken-, Arbeitslosen- oder Pflegeversicherung. Die Rentenversicherung ist hingegen Pflicht, wofür die Minijobber auch geringe Beiträge zahlen.
Beispiel A: Der schriftliche Arbeitsvertrag
Vereinbart der Arbeitgeber mit dem geringfügigen Beschäftigen einen schriftlichen Arbeitsvertrag, ist nach aktueller Gesetzeslage unbedingt darauf zu achten, dass der Mindestlohn von 9,19 Euro eingehalten wird. Bei einem Minijob mit höchstens 450 Euro bedeutet das, dass der Arbeitnehmer maximal 48,96 Stunden pro Monat arbeiten darf und dies auch vertraglich exakt so fixiert sein sollte.
Werden diese Anforderungen im Rahmen der arbeitsvertraglichen Gestaltung beachtet, ist der Mindestlohn eingehalten. Bei dem Beispiel A drohen also keine Sanktionen.
Beispiel B: Der mündliche Arbeitsvertrag
Unabhängig von der dargestellten Gesetzesänderung ist von mündlichen Arbeitsverträgen schon grundsätzlich abzuraten. Denn nach Paragraf 2 des Nachweisgesetzes (NachwG) hat der Arbeitgeber spätestens einen Monat nach dem vereinbarten Beginn des Arbeitsverhältnisses die wesentlichen Vertragsbedingungen schriftlich niederzulegen, die Niederschrift zu unterzeichnen und dem Arbeitnehmer auszuhändigen. Diese Vorschrift ist vielen Arbeitgebern nicht bekannt, was auch daran liegt, dass im NachwG selbst keine Folgen für einen Verstoß geregelt sind.
Wenn der Arbeitnehmer dann allerdings – beispielsweise vor Gericht – behauptet, dass ihm noch x Urlaubstage und/oder x Gehälter zustehen, ist der Arbeitgeber in der Pflicht, diese Behauptungen zu widerlegen. Das wird ihm ohne einen schriftlichen Arbeitsvertrag kaum gelingen.
Ist der Arbeitsvertrag dennoch nur in mündlicher Form geschlossen und besteht keine Vereinbarung über die Arbeitszeit, greift obige Gesetzesänderung. Das heißt: Es wird eine wöchentliche Arbeitszeit von 20 Stunden fingiert. Das bedeutet, dass nunmehr ein Mindestwochenlohn von 183,80 Euro und damit ein Mindestmonatslohn von 735 Euro (gerechnet auf vier Wochen) gilt. Dies, obwohl der Arbeitgeber eigentlich eine geringfügige Beschäftigung von € 450 vereinbaren wollte.
Welche Konsequenzen hat dies nun für den Arbeitgeber?
Einerseits kann die Rentenversicherung den Arbeitgeber zum finanziellen Ausgleich der nicht gezahlten Sozialversicherungsabgaben verpflichten. Zu beachten ist, dass gesetzlich hierfür eine Nachforderung von bis zu vier Jahren möglich ist.
Andererseits kann der Arbeitnehmer selbstverständlich den entsprechenden höheren Lohn und/oder beispielsweise eine höhere Abfindungszahlung fordern.
Empfindliche Strafen sieht daneben auch das Mindestlohngesetz (MiLoG) in Paragraf 21 vor. Wird gegen die Regelungen dieses Gesetzes verstoßen, eröffnet der Zoll ein Bußgeldverfahren. Insgesamt drohen Geldstrafen von bis 30.000 Euro und mitunter sogar bis zu 500.000 Euro.
Zugleich sind die Zollbehörden bei dem Verdacht einer Ordnungswidrigkeit/Straftat verpflichtet, die Staatsanwaltschaft einzuschalten. Damit drohen dem Arbeitgeber zusätzlich strafrechtliche Konsequenzen, weil die Rechtsprechung in jeder Mindestlohnunterschreitung ein „Vorenthalten“ im Sinne des Paragrafen 266a StGB sieht. Zwar reicht eine fahrlässige Mindestlohnunterschreitung nicht aus, da bedingt vorsätzliches Handeln notwendig ist. Dem Risiko eines strafrechtlich relevanten Verhaltens sollte sich aber kein gewissenhafter Arbeitgeber unnötig aussetzen.
Fazit
Die Beispiele sollen verdeutlichen, wie wichtig schriftliche Arbeitsverträge sind. Das gilt gerade bei geringfügigen Beschäftigungsverhältnissen, deren schriftliche Fixierung oftmals auf Grund des geringen Verdienstes als überobligatorischer Aufwand gewertet wird. Hier fallen dann häufig Einwände wie „Muss das denn sein?“ oder „Schon wieder so viel Verwaltungsaufwand“. Spätestens durch die jetzige Gesetzesänderung drohen dem Arbeitgeber empfindliche finanzielle Einbußen, Bußgelder und/oder sogar strafrechtliche Ermittlungsverfahren. Insofern ist jeder Arbeitgeber gut beraten, seine mit den Minijobbern bestehenden schriftlichen Arbeitsverträge prüfen und gegebenenfalls an die neue Gesetzeslage anpassen zu lassen.