Eine flächendeckende Einführung des Nutri-Score könnte die Kalorienaufnahme um durchschnittlich 9 Prozent senken und Tausende Todesfälle durch ernährungsbedingte Krankheiten verhindern. Das ist das Ergebnis einer aktuellen Studie der Universitäten Paris, Grenoble und Borbigny. Erstmalig wurde darin berechnet, wie sich ernährungsbedingte Krankheiten in Frankreich verringern würden, wenn alle Produkte mit dem Nutri-Score gekennzeichnet wären.
Das Ergebnis zeigt: Die Todesfälle aufgrund von Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Krebs würden um 3,4 Prozent sinken. Tausende Menschen könnten länger leben, weil sie sich mithilfe des Nutri-Scores gesünder ernähren würden. „Diese neuen Forschungsergebnisse machen deutlich, dass es bei der Lebensmittelkennzeichnung letztlich um Menschenleben geht“, sagt Barbara Bitzer, Sprecherin der Deutschen Allianz Nichtübertragbare Krankheiten DANK: „Erneut zeigt sich der Nutri-Score den anderen Systemen überlegen. Es führt daher kein Weg mehr daran vorbei, ihn in Deutschland einzuführen.“
Die Forscher nutzten die Daten einer vorherigen Studie, die in einem Experiment gemessen hatte, wie sich der Einkaufskorb verbessert, wenn alle Produkte mit dem Nutri-Score oder mit einem von vier weiteren Nährwertlabels gekennzeichnet werden. Sie zogen dann Daten zum Ernährungsverhalten der (französischen) Gesamtbevölkerung hinzu und berechneten, wie sich Kalorienaufnahme und Nährwertzusammensetzung durch die Labels verändern würden – unter der Annahme, dass die eingekauften Lebensmittel auch so gegessen werden. Demnach würde der Nutri-Score die Gesamtkalorienaufnahme pro Person um durchschnittlich 9 Prozent senken. Die Menschen würden rund 180 Kilokalorien pro Tag weniger essen. Auch die Zusammensetzung der Nahrung wäre gesünder durch mehr Obst (plus 12,4 Prozent), Gemüse (plus 5,4 Prozent) und Ballaststoffe (plus 7,2 Prozent) und weniger gesättigte Fettsäuren (minus 29,9 Prozent) und Salz (minus 4,1Prozent).
Im letzten Schritt berechneten die Forscher, wie sich diese verbesserte Ernährung auf die Gesundheit auswirken würde. Sie speisten dazu zusätzlich Daten über die statistischen Zusammenhänge zwischen der Art der Ernährung und der Häufigkeit von Folgeerkrankungen und Sterbefällen in ein Rechenmodell. So konnten sie berechnen, wie viele Sterbefälle das jeweilige Label über die verbesserte Ernährung verhindern würde.
Von allen fünf Labels würde der Nutri-Score die meisten Todesfälle durch ernährungsbedingte Krankheiten verhindern. Binnen einem Jahr würden 7.680 Personen weniger versterben, das entspricht einem Minus von 3,4 Prozent. Bei den anderen Labels wären es weniger.
Auch wenn diese Ergebnisse nicht zwangsläufig 1:1 auf andere Länder übertragbar sind, so zeigen sie doch, dass der Nutri-Score die Auswahl gesünderer Lebensmittel im Vergleich zu anderen Labels am besten fördert und darüber letztendlich zahlreiche Todesfälle vermeiden kann. „Es gibt kein echtes Argument mehr gegen den Nutri-Score“, sagt Bitzer, „auch der Vorwurf, er würde die Kalorienaufnahme nicht beeinflussen, ist spätestens jetzt entkräftet. Ernährungsministerin Julia Klöckner muss diese überwältigenden Nachweise endlich zur Kenntnis nehmen und den Nutri-Score in Deutschland einführen.“
An der Studie war auch die Forschergruppe beteiligt, die den Nutri-Score entwickelt hat. Die ausführlichen Studienergebnisse sind hier nachlesbar.