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Freier Verband Deutscher Zahnärzte: Ein weiteres Corona-Opfer?

Von Chefredakteur Marc Oliver Pick

Von Chefredakteur Marc Oliver Pick

Es sieht gar nicht gut aus für den Freien Verband Deutscher Zahnärzte e.V. (FVDZ). Und das nicht erst in allerjüngster Zeit. Schon 2013 fragte der ehemalige dzw-Chefredakteur Jürgen Pischel in seiner ZWP-Kolumne: „Der Freie Verband – hat er sich überlebt?“ Die Diagnose vor sieben Jahren: Der Verband sei durch innerverbandliche Auseinandersetzungen zu sehr mit sich selbst beschäftigt, falle (schon damals) kaum mehr durch zukunftsorientierte politische Initiativen auf und leide – auch das noch – an grassierendem Mit­gliederschwund.

Freiberuflichkeit kein Wert mehr an sich

Am schlimmsten aber: In Zeiten wachsender Angestelltenzahlen dank Berufsausübungsgemeinschaften und (heute) stark zunehmender zahnärztlicher und Investoren-MVZs sei Freiberuflichkeit kein Wert mehr an sich. Anfang September hat der FVDZ sein Fünf-Punkte-Programm vorgelegt. Was sich nach einer griffigen Formel anhörte, las sich eher als pure Provokation. Eigene Ideen zur Gestaltung der Zukunft der Berufsausübung? Fehlanzeige. Stattdessen eine Breitseite gegen die zahnärztliche Selbstverwaltung, die nicht mehr funktioniere, sich politisch hineinregieren lasse …

Noch drastischer die Forderung, die zahnmedizinische Versorgung – bis auf Ausnahmen – komplett aus der GKV herauszunehmen und in die Eigenverantwortlichkeit der Bürger zu überführen. Konsequenz: „Zahnärztliche Körperschaften öffentlichen Rechts sind für die Organisation der Versorgung nicht erforderlich.“

Ablenkung von massiven Problemen

Sind solche Angriffe gegen die zahnärztlichen Körperschaften oder sogar die Forderung nach deren Abschaffung wirklich ernst gemeint? Wohl eher sind solche markigen Thesen eine willkommene Ablenkung von den massiven Problemen, mit der ein einst großer Berufsverband zu kämpfen hat.

Da ist zum einen die desaströse Finanzsituation des FVDZ. Bereits 2019 startete man mit einem geplanten Haushaltsdefitzit von 435.000 Euro, das dann noch einmal um ca. eine halbe Million Euro  auf mehr als 900.000 Euro gewachsen ist. Man mag sich gar nicht vorstellen, wie die Bilanz 2020 unter dem nach wie vor anhaltenden Corona-Effekt ausfallen wird.

Denn viele Fortbildungsveranstaltungen sind dem Präsenzverbot zum Opfer ge­fallen, sodass diese Nicht-Einahmen für ein weiteres Wachstum des Defizits sorgen dürften. Im besten Fall dürften andererseits auch keine Kosten entstanden sein … Gleichzeitig haben die Landesverbände des FVDZ während der Coronakrise viel für die Praxen getan und Unterstützungspakete geschnürt und verteilt. Das wird wiederum Extrakosten verursacht haben – und weiterhin verursachen.

Schrumpfende Mitgliederzahl

Ein anderer Punkt ist die schrumpfende Mitgliederzahl beziehungsweise das in finanzieller Hinsicht ungünstiger werdende Verhältnis aktiver, sprich zahlender Mitglieder zu nicht zahlenden Mitgliedern wie Studierenden.

Der FVDZ hat mehr als ein Problem. Corona wird dazu beigetragen haben und sicher weiter beitragen, aber die Ursachen liegen tiefer. Wo sind zukunftsfähige Konzepte, wo ist konstruktiver Gestaltungswille, der sich an politischen Realitäten orientiert? Das ist es, was der zahnärzt­liche Nachwuchs sucht – keine kostenfreie Mitgliedschaft. Der FVDZ ist kein Corona- Opfer, die Probleme liegen woanders.