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Hoffnung schreibt man BNT162b2

Von Chefredakteur Marc Oliver Pick

Von Chefredakteur Marc Oliver Pick

Kühe liefern uns – zumindest in vielen Ländern dieser Welt – nicht nur mit ihrer Milch ein wichtiges Nahrungsmittel, ­sondern sie brachten europäische Wissenschaftler auch auf die Idee, Menschen mit Kuhpockenlymphe zu impfen, um die ­Bevölkerung vor den Pocken zu schützen – die Bezeichnung „Vakzin“ verweist noch heute auf diesen relativ simplen Ursprung.

Im Wettlauf gegen die Corona-Pandemie erleben wir momentan eine bislang beispiellose Zahl paralleler Forschungsinitiativen, unter maximalem Zeitdruck einen wirksamen Impfstoff zu entwickeln (und zugelassen zu bekommen). Dabei setzen Wissenschaftler rund um die Welt auf ein neues Verfahren (ohne Kuh-Beteiligung), das zwar seit Jahrzehnten erforscht wird, bislang aber noch nie zuvor genehmigt wurde: die mRNA-Impfung.

Das Protein wird vom Körper als Antigen erkannt

Mit dem in Mainz ansässigen Unternehmen BioNTech und der US-amerikanischen Firma Moderna beschreiten gleich zwei Biotech-Unternehmen diesen vollkommen neuen Weg. BioNTech weist für seinen Impfstoffkandidaten BNT162b2 eine Wirksamkeit von 95 Prozent aus, Moderna für sein mRNA-1273 eine Wirksamkeit von 94,5 Prozent. Die Besonderheit dieser Impfstoffklasse liegt in dem Mechanismus, der ausgenutzt wird, um eine Immunität zu erreichen: Vereinfacht gesagt werden Teile des Virusbauplans für ein bestimmtes Protein (in diesem Falle ein für die „Virusanheftung“ an die menschliche Zelle entscheidendes ­Spike-Protein) als mRNA (Messenger-RNA) per Impfung in die menschliche Zelle eingebracht. Dort beginnen die Zellen, das Protein nach Plan zu produzieren und anschließend aus der Zelle auszuschleusen. Das Protein wird vom Körper als Antigen erkannt und provoziert eine Immunreaktion. Von diesem Zeitpunkt an reagiert das Immunsystem auf alle infizierten Zellen, die dieses Antigen auf ihrer Oberfläche tragen, zum Beispiel nach einer Infektion mit Covid-19.

Die gute Nachricht: Beide Impfstoffkandidaten sollen über alle Altersgruppen, ­Geschlechter und Abstammungen hinweg vergleichbar gut wirken. Auch ernste ­Nebenwirkungen sind bisher nicht aufgetreten. Was man allerdings nicht oder noch nicht weiß, ist, von welcher Dauer die Schutzwirkung sein wird.

Positionspapier zur Reihenfolge der Impfung

Und es gibt Herausforderungen: Es muss entschieden werden, wer im Falle der Zulassung eines oder mehrerer Impfstoffe in welcher Reihenfolge geimpft wird. Dazu hat die Ständige Impfkommission gemeinsam mit dem Deutschen Ethikrat und der Nationalen Akademie der Wissenschaften Leopoldina ein Positionspapier herausgegeben. Demnach lautet die Empfehlung, vorrangig schwere Covid-19-Verläufe und Todesfälle zu verhindern, also ältere Menschen und Menschen mit Vorerkrankungen (vulnerable Gruppen) vorrangig zu impfen. Dann selbstverständlich besonders Personen mit besonders hohem arbeitsbedingten Expositionsrisiko zu berücksichtigen und die Transmission in Umgebungen mit hohem Anteil vulnerabler Personen möglichst zu verhindern sowie die Aufrechterhaltung staatlicher Funktionen und des öffentlichen Lebens zu gewährleisten.

Hinzu kommt – neben Fragen der Kühlketten für temperatursensible Impfstoffe – der Druck, ausreichende Kapazitäten zu schaffen, um in kurzer Zeit möglichst viele Menschen impfen zu können. Diese werden gerade erst aufgebaut, wenn auch mit Hochdruck. Wichtig ist es also, den Kreis der Impfberechtigten möglichst kurzfristig auszuweiten.

„Kein Potenzial verschenken, denn Zeit kostet Leben“

Umso unverständlicher ist es, dass die Landesärztekammer Hessen es ablehnt, auch Zahnärztinnen und Zahnärzte in den Kreis der Impfberechtigten aufzunehmen. Dazu sagte Michael Frank, Präsident der Landeszahnärztekammer: „Um schnellstmöglich den Impfschutz der Bevölkerung sicherzustellen, darf nicht kategorisch auf das ­Potenzial, dass andere Heilberufe bieten, verzichtet werden.“ Auf den Punkt gebracht sagte Frank: „Wenn wir diesem ­Virus schnell Einhalt gebieten wollen, ­dürfen wir kein Potenzial verschenken, denn Zeit kostet Leben.“