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Biologie und einfache Prothetik

20 Jahre Neoss: Integrate-Kongress am Geburtsort der modernen Implantologie

Orale Implantate, wie wir sie heute kennen, verdanken wir einem Zufall. Der junge Arzt und Anatom Per-Ingvar Brånemark wollte Anfang der 1960er Jahre einer Krankenschwester helfen, die beim Essen häufig ihre Prothese verlor. Brånemark erforschte an der Universität Göteborg die Durchblutung von Geweben mithilfe von Titankammern und entdeckte, dass das Material entzündungsfrei integriert wird. Seine Entdeckung nutzte er, um orale „Fixturen“ zur Prothesenverankerung zu entwickeln [1].

Der wissenschaftliche Leiter Prof. Dr. Christer Dahlin erinnerte beim Neoss Integrate-Kongress vom 9. bis 11. Juni 2022 in Göteborg daran, dass sein akademischer Lehrer die Methode erst 1977 an der Universitätszahnklinik nutzen durfte, also zwölf Jahre nach der ersten Implantation bei einem Patienten.

Heute ist Brånemark die einzige Dauerausstellung des renommierten Göteborger Forschungsinstituts Sahlgrenska Academy gewidmet. Die nach ihm benannte implantologische Klinik der Universität verfügt über die weltweit größte Datenbank zu oralen Implantaten (> 85.000 Stück, 27.000 Operationen). Laut Dahlin, der selbst Grundlagen der gesteuerten Geweberegeneration erforscht hat, war für Brånemark der „Respekt vor Biologie und Geweben“ wichtigster Erfolgsfaktor. Dieser habe nach wie vor Gültigkeit.

In Göteborg verwurzelt

Das Forschungsinstitut von Neoss befindet sich in unmittelbarer Nachbarschaft zur Sahlgrenska Academy. Neben Dahlin studierten weitere Frontleute des Unternehmens in Göteborg oder waren Mitglieder der Brånemark-Gruppe, darunter Chief Executive Officer (CEO) Dr. med. dent. Robert Gottlander. Das ebenfalls in Göteborg entwickelte Neoss-One-System ist seit seiner Markteinführung im Jahr 2000 unverändert mit nur einer prothetischen Plattform erhältlich, was die Komponentenzahl radikal reduziert („intelligente Einfachheit“). Neoss wurde im Jahr 2020 von CareCapital übernommen, einem großen auf orale Medizin spezialisierten Investor.

Ergebnisse einer systematischen Übersicht zu Neoss-Implantaten präsentierte der forschende und praktizierende Implantologe Prof. Dr. Lars Sennerby (Göteborg und Feltre, Italien). Nach zehn Jahren zeigten diese auf der Basis von 23 Studien eine Überlebensrate von 98 Prozent und nach fünf Jahren einen mittleren Knochenabbau von 0,7 Millimeter [2]. Diese Ergebnisse liegen auf dem Niveau von Straumann-Implantaten, wobei erhöhter Knochenabbau laut Studie mit Neoss noch seltener aufgetreten sei.

Sennerby führt dies unter anderem auf die hydrophile Implantatoberfläche (ProActive) zurück, die nach Information von Ingenieur und Mitentwickler Fredrik Engman mit einer speziellen salzbasierten Technologie erreicht wird. Neoss-Implantate und -Bohrprotokolle sind zudem laut Sennerby so aufgebaut, dass beim Inserieren keine Knochenkompression und damit keine Hitze im Schulterbereich entsteht. Das neue Neoss-Edge-Implantat erreiche eine sehr hohe Primärstabilität. Wer nach dem Stand der Technik implantiere und eine regelmäßige Nachsorge durch das Prophylaxeteam sicherstelle, habe gute Langzeitergebnisse und keine Probleme mit Periimplantitis.

Zwei Personen sitzend in OP-Kleidung bei der Vorbereitung eines Eingriffs

Live-OP Nummer 2: Mit einem neuen Chirurgie-Tray wird der Workflow von Implantationen laut Dr. Marcus Dagnelid weiter vereinfacht.

„Wie natürliche Zähne“

In einer Live-OP demonstrierte Dr. Marcus Dagnelid (Göteborg), wie in seinen Praxiskliniken Patienten mit implantatgetragenen CAD/CAM-Vollprothesen versorgt werden. Neu ist die Verwendung von monolithischem Zirkonoxid, das der Laborpartner ARC (Schweden) mit dem Titansteg verklebt und laut Dagnelid innerhalb von zehn Tagen mit hoher Präzision und Zuverlässigkeit liefert: „Das ist zeit- und kostensparend.“  Die Patientin zeigte sich bei der Eingliederung vor der Kamera spontan und authentisch begeistert: „Ein wunderschönes Gefühl, wie natürliche Zähne.“

Tipps für erfolgreiche Versorgungen (mit Neoss)

  • Neoss Edge Implantate wirken durch ihre konische Form wie Osteotome.
  • Countersink-Bohrer können je nach Knochenqualität genutzt werden.
  • Bone Profiler erleichtern auch das Einbringen des Heil-Abutments.
  • Wird vor Einbringen des Heil-Abutments aufgeklappt und der Lappen vernäht, gibt es keine Probleme mit schlechter Passung des definitiven (präfabrizierten) Abutments.

Auch für Dr. Kavit Shah (London) ist Zirkonoxid ein „game changer“, der zuverlässiger als Akryl sei. Da Zirkon aber weniger Fehler verzeihe, sind für ihn gute Laborpartner sehr wichtig. Erfolgsfördernd seien auch einfache Behandlungsprotokolle und eine geringere Implantatzahl. In der Diskussion bestand Einigkeit, dass eine Versorgung auf Abutment-Niveau für Prothetiker einfacher kontrollierbar und für Patienten leichter zu reinigen ist.

Heil- und Scan-Abutment kombiniert

Ein einzigartiges Konzept ist laut Neoss die patentierte Kombination von PEEK-Gingivaformern und Scan-Abutments (ScanPeg). Ein Abutmentwechsel wie bei anderen Systemen entfällt damit, sodass die weichgewebige Integration nur einmal bei Eingliederung des definitiven Abutments oder der Abutmentkrone unterbrochen wird. Der ScanPeg erleichtert offenbar auch die zahntechnische Arbeit. Wie einige Referenten erläuterten, lassen sich die Implantatpositionen mit dem neuen und sehr preisgünstigen intraoralen Scanner von Neoss (NeoScan 1000) sehr komfortabel und auch im Vergleich zu hochpreisigen Wettbewerbsgeräten auf höchstem Niveau übertragen. Diskussionen gab es in Bezug auf Ganzkieferscans, die nach einer in Göteborg präsentierten Studie – unabhängig von Produkt und Anbieter – nicht sicher funktionieren [3]. Die Genauigkeit lässt sich aber mit Übertragungsschlüsseln prüfen.

Fazit

Eine Reihe weiterer Vorträge des Neoss Integrate-Kongresses fokussierte zum Beispiel auf die Themen Augmentation, Ästhetik, Periimplantitis, systemische Risikofaktoren und Praxisökonomie. Mit Vorträgen, Diskussionen, Live-Operationen und „Breakout-Sessions“, also praktisch orientierten Veranstaltungen in kleiner Runde, gelang den Veranstaltern ein anregender Mix. Auch das Rahmenprogramm, unter anderem mit Besuch im berühmten Vergnügungspark Liseberg, kam sehr gut an. Neoss hat sich auf seiner soliden fachlichen Basis glänzend entwickelt und die in Göteborg präsentierten Produkte und klinischen Konzepte machen neugierig auf mehr.

Was kommt – Produkte in der Pipeline

In Göteborg kündigten Referenten eine Reihe in der Entwicklung befindlicher Produkte an, darunter Zirkonoxid-Implantate, mit Hydroxylapatit-Kalzium und Keratinozyten biologisierte Membranen, digitale Implantatplanung mit künstlicher Intelligenz und zusätzliche Prothetik-Bauteile aus PEEK. Bereits in einem Workshop vorgestellt wurde eine weiter entwickelte PTFE-Membran (NeoGen) mit Aussparung zur Fixierung mit der Implantat-Deckschraube.

Literatur

[1] Branemark PI, Lindstrom J, Hallen O, Breine U, Jeppson PH, Ohman A. Reconstruction of the defective mandible. Scand J Plast Reconstr Surg 1975 (2);9:116-128.

[2] Sahlin H, Bjursten Brailsford M. Implant survival, bone remodeling and implant stability of Neoss ProActive implants: a systematic review of the literature. Letters Implant Dent 2022;2:18-25.

[3] Braian M, Wennerberg A. Trueness and precision of 5 intraoral scanners for scanning edentulous and dentate complete-arch mandibular casts: A comparative in vitro study. J Prosthet Dent 2019;122(2):129-136.e122.