Goethe und die Kunst der Dokumentation
Die mittlerweile geflügelten Worte von Goethe werden heute oft ironisch gebraucht. Bis Ihnen mal jemand an den Karren fahren will. Und dieser Spruch kommt meines Wissens aus den Zeiten, in denen man à la Ben Hur des Gegners Gefährt mit an den Rädern des eigenen Wagens befestigter Klingen bekämpfte. Wenn man sich so ansieht, mit welchen Methoden unsere Gegner heute aufwarten, dann waren die damaligen Angriffe dagegen Peanuts.
Dreh- und Angelpunkt Patientenakte
„Vipr“? – Sie wissen, was damit gemeint ist. Der Prüfer bei der Kassenzahnärztlichen Vereinigung hebelt die Leistung, wenn sie nur so alleine in Ihrer Patientenakte steht, gnadenlos aus. Geht es hier in der Summe zwar um etwas mehr als Erdnüsse, so streicht Ihnen der Kadi mehr als nur eine Einzelleistung, wenn die Dokumentation nicht lückenlos, vollständig, allgemeinverständlich etc. ist. Mein Gott, wie habe ich die Dokumentation doch gehasst, dennoch aber irgendwann lieben gelernt. Immer dann nämlich, wenn ich den Aufzeichnungen eines anderen Behandlers hilflos gegenüberstand.
Dokumentieren, aber richtig
„Was soll ich denn noch alles aufschreiben und dokumentieren?“ Ich höre Sie förmlich stöhnen. „Und wie genau muss ich das denn überhaupt schreiben?“ – Damit wurden wir bisher ziemlich allein gelassen. Angesichts der massiven Verunsicherungen wurde es endlich Zeit, dass etwas Verlässliches dazu erhältlich ist. Das liegt jetzt in Form eines weiteren Baumeister-Henning aus der Reihe „Abrechnung kompakt“ des Zahnärztlichen Fach-Verlags vor. Titel: „Dokumentationsanforderungen für Behandlung und Abrechnung in der Zahnarztpraxis“.
Delegieren ja, aber die Verantwortung liegt bei Ihnen
„Das machen meine Mädels“: Sie müssen nicht alles selbst aufschreiben oder tippen, das dürfen auch Ihre Assistentinnen. Aber Sie sind schon dafür verantwortlich, was da geschrieben ist und ob es richtig ist. Kommen wir doch noch einmal auf die Vipr zurück. Sie müssen dokumentieren:
- an welchen Zahn/welchen Zähnen sie durchgeführt wurde,
- das Ergebnis (+ oder –),
- die Prüfmethode (Kälte, Strom, Probe-Trep etc.)
- eventuell Begründung für die Wiederholung der Maßnahme im selben Quartal (zum Beispiel nach Caries profunda oder vor Zahnersatz)
Vom großen Löffel …
Der große Löffel: Ja, Sie lesen richtig. Bei Abformungen schreiben Sie neben dem verwendeten Material auch noch die Löffelgröße auf. Und bei der 7 (Planungsmodelle) die Diagnostische Auswertung. Ich schreibe Ihnen jetzt nicht auf, was Sie zur 40 respektive 41a alles dokumentieren müssen. Lesen Sie selbst auf Seite 53 nach. Wie, langsam wird es Ihnen zu bunt? Zu viel? Sie haben keine Zeit, wollen lieber arbeiten? Ich kann Sie gut verstehen. Allerdings: Haben Sie schon einmal in einem Gerichtssaal gesessen und die quälend lange Zeit durchleiden müssen, in der man all Ihre Versäumnisse gnadenlos aufdeckte?
Besser mit System
Dann doch lieber ein System entwickeln, welches die Dokumentation vereinfacht. Wir haben uns einen Stempel erstellen lassen. Der wird bei Präps in die Karte gedrückt.
Listen: Wir haben Listen mit allen verwendeten Materialien und Medikamenten erstellt. Jedem ist eine Zahl zugeordnet. So brauchen wir dann nicht mehr zu schreiben „Ultracain DS forte“, sondern nur noch zum Beispiel 35. Ich bin sicher, dass auch Sie sich ähnliche Systeme oder Listen ausdenken können. Wie Sie das machen, bleibt so ziemlich Ihnen überlassen. Stimmen jedoch müssen die sechs „W“ der Dokumentation.
Die berühmten sechs „W“
Damit fängt der neue Ratgeber von Christine Baumeister-Henning an. Aus der Dokumentation muss hervorgehen:
- an welchem Patienten,
- wer,
- wann,
- warum und
- womit
- welche Leistung erbracht wurde.
Nicht dokumentiert = nicht erbracht
„Sind die abgerechneten Leistungen aus den Krankenblättern nicht ersichtlich, so ist zunächst davon auszugehen, dass er sie nicht erbracht hat […]“ Ich glaube, Sie möchten sich weder schriftlich noch Auge in Auge mit dem Herrn Vorsitzenden des Prüfungsausschusses eine solche Ansage abholen. Dagegen sind die 29 Euro für das Buch wahrhaft Peanuts. Zumal der letzte Teil des Buches ideal für Schulungszwecke Ihres Personals geeignet ist. Es ist ja auch gar nicht so schwer, eine korrekte Dokumentation durchzuführen, wenn man sich erst einmal daran gewöhnt hat. Dann müssen Sie auch niemanden mehr mit seinem „Kriegswagen“ fürchten.