Die DGI tagte vom 24. bis 26. November in Hamburg
Die Kompassnadel der Deutschen Gesellschaft für Implantologie (DGI) zeigte am 1. Adventswochenende nach Hamburg. Der Einladung der Fachgesellschaft waren vom 24. bis 26. November 2022 über 1.900 Teilnehmer gefolgt, um den Jahreskongress der DGI unter dem Tagungsthema „Biologie – unser Kompass in der Implantologie“ zu besuchen oder zu Hause am Bildschirm zu verfolgen.
Kongresspräsidenten stellten die Biologie in den Mittelpunkt
Die Prinzipien der oralen Biologie waren laut DGI das verbindende Element bei den unterschiedlichen Therapiemöglichkeiten und Vorgehensweisen der modernen Implantologie. „Die Biologie ist quasi der Schirm über allen Teilbereichen. Sie treibt als Katalysator die Entwicklung des Fachs voran, sorgt für eine bessere Vernetzung der Teilbereiche und ermöglicht so bessere Therapien für unsere Patienten”, erklärte DGI-Präsident Professor Dr. Florian Beuer (Berlin), der mit DGI-Vizepräsident Dr. Christian Hammächer (Aachen) die Präsidentschaft dieses Kongresses übernommen hatte.
Praxisnahe Fragen beantwortet
Die Hauptvorträge befassten sich unter anderem mit der Frage der Insertionstiefe von Implantaten und dem Zeitpunkt von deren Belastung, mit Augmentationsverfahren und Therapieoptionen der Periimplantitis, sowie verschiedenen prothetischen Materialien. In jeder Hauptsession deckten drei Vorträge unterschiedliche Herangehensweisen ab. Die Referenten waren gehalten, in ihren Vorträgen drei konkrete, praxisnahe Fragen zum jeweiligen Thema zu beantworten, die bereits im Vorfeld im Programmheft ausgewiesen waren.
Digitalisierung und Biologisierung als Trends in der Implantologie
Für die Zukunft sehen die DGI-Präsidenten Beuer und Hammächer vorrangig zwei Dinge als wichtig in der Implantologie an:
- Die Digitalisierung und den entsprechenden, digitalen Workflow bis zum fertigen ZE. Dazu zählen die navigierte Implantatchirurgie und die digital gesteuerte Herstellung des Zahnersatzes.
- Die Biologisierung von xenogenen und synthetischen Ersatzmaterialien mittels Plasmafaktoren oder Hyaluronsäure, die bei der Augmentation von Hart- und Weichgewebe zum Einsatz kommen. Ob das die Lücke zu den autologen Materialien schließen kann, werden weitere Forschungsarbeiten in der Zukunft zeigen.
Umfangreiche (zweizeitige) Hartgewebsaugmentationen werden seltener
Bei umfangreichen Augmentationen ist der autologe Knochen weiterhin der Goldstandard, doch die Implantate werden schmaler und kürzer, sodass die Zahl komplexer, zweizeitiger Augmentationen sinke, so fasste Professor Bilal Al-Nawas die Situation an seiner Universitätsklinik in Mainz zusammen. Für einige Indikationen haben sich Knochenersatzmaterialien bewährt, beispielsweise beim Sinuslift. Hier kann nach aktuellen Untersuchungen sogar Eigenblut ohne Eigenknochen oder Ersatzmaterial gut funktionieren.
Rezessionsdeckung am Implantat: Wenn es nur einen Versuch gibt, muss es autologes Material sein
Autologe Materialien zur Weichgewebsaugmentation haben ein breites Indikationsspektrum und einige Vorteile, wie zum Beispiel die Möglichkeit der offenen Einheilung. Dennoch stellen sie eine Belastung aufgrund der Entnahmeprozedur für den Patienten dar. „Bei manchen Rezessionsdeckungen am Zahn sowie bei Socket- Seal-Eingriffen, bei denen kein Defizit an Weichgewebe vorliegt beziehungsweise. wenn die ästhetischen Ansprüche nicht allzu hoch sind“, sieht Dr. Christian Hammächer eine gute Möglichkeit auf autologe Weichgewebstransplantate zu verzichten. Auch wenn bei der Implantatfreilegung die Weichgewebesituation nur noch ein wenig verbessert werden soll, kämen Ersatzmaterialien in Frage. Muss allerdings einiges an Volumen und keratinisiertem Gewebe gewonnen werden, kommen Behandler um die autologen Materialien nicht herum.
Vollkeramik ist gelebte Realität der prothetischen Versorgung
In der Frage des Materials für die prothetische Weiterversorgung gibt es zwei Lesarten: die universitäre der langzeitbasierten Evidenz und die „gelebte Realität“ in den Praxen. Für erstere besteht für metallkeramische Versorgungen gerade bei weitspannigen Lücken die beste Evidenz, da es für diese Situation noch keine Langzeitdaten für Zahnersatz aus monolithischem Zirkonoxid gibt.
Im Gegensatz dazu sei für den Praktiker allerdings die „Vollkeramik der gelebte Standard“, sagte PD Dr. Peter Gehrke aus Ludwigshafen im Pressegespräch der DGI, und bemängelte, dass die Datenlage und die gelebte Realität bei der Implantatprothetik so weit auseinander liegen. Da sich die Eigenschaften der vollkeramischen Werkstoffe innerhalb einer Werkstoffklasse unterscheiden, ist der klinische Langzeiterfolg eng mit der korrekten Indikationsstellung, der adäquaten Bearbeitung und Befestigung und der Erfahrung des Behandlers und seines Teams verknüpft.
Implant Expo und geselliges Rahmenprogramm
Der laut Veranstalter größte zahnmedizinische Präsenskongress in diesem Jahr informierte die Teilnehmenden über Innovationen und Trends in der Implantologie. Die Vorträge halfen aber auch dabei Bewährtes und Neues einzuordnen. Bei der Dentalausstellung „Implant Expo“ waren mehr als 80 Aussteller vertreten. Das Rahmenprogramm des Kongresses bot einen entspannten Abend bei kollegialen Gesprächen mit Musik und Tanz.
Titelbild: Bert Bostelmann/DGI