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„Wie die dentale Zukunft aussieht, weiß nur die Glaskugel“

Mit dem Titel „Wie sieht die dentale Zukunft aus?“ begrüßte Prof. Dr. Alexander Welk der Universität Greifswald die gut 50 Teilnehmer des 8. Präventionsforums in der Haranni Academie. Nach seiner These ist Zukunft nie vorhersehbar, lediglich Vermutungen können anhand von Innovationen und Bewegungen angestellt werden. Nach ihm wird es in Zukunft eine Spaltung in der Gesellschaft geben zwischen denen, die sich Implantate leisten könnten, diese aufgrund von lebenslanger Prophylaxe jedoch nicht benötigen werden, und jenen, bei denen es sich genau gegenteilig verhält. Zahlreiche Untersuchungen belegen jetzt schon den Zusammenhang von hohem sozialen Status und einem entsprechend guten Zahnstatus.

Digitalisierung wird auch in der Zahnmedizin für Neuerungen sorgen

Generelle Zukunftsversionen werden bereits seit den 1980ern von technischen Errungenschaften, Robotern und Computern geprägt. Diese Entwicklung ist seit der Nutzung von AI und frei verfügbaren Sprachmodellen wie ChatGBT in den letzten Jahren umso ausgeprägter. Aufgaben wie das Auswerten von radiologischen Aufnahmen werden bereits teilweise von künstlichen Intelligenzen übernommen – und das nachweislich präziser als von Menschenhand.

Die letzten signifikanten Neuerungen im Bereich der Zahnmedizin waren CAD/CAM und 3D-Druck. Was die Angehörigen der Dentalbranche als Nächstes im Detail erwartet, kann auch Prof. Welk nur mutmaßen. Die dentale Zukunft wird nach ihm jedoch maßgeblich beeinflusst durch:

  • den andauernden und wachsenden Gesundheitstrend
  • neue Technologien und Behandlungsmethoden
  • differenziertes Biofilmmanagement
  • die Politik und gesellschaftliche Herausforderungen

Positiver Trend bei der Mundhygiene

Die 5. Deutsche Mundgesundheitsstudie (DMS) vom Institut der Deutschen Zahnärzte (IDZ) aus dem Beobachtungszeitraum von 2013 bis 2014 weist eine signifikant gesunkene Zahl von DMFT* bei jüngeren Erwachsenen und jungen Senioren im Vergleich zur 4. Studie aus den Jahren 2005/2006 aus.

Sowohl die Karieserfahrungen als auch Parodontalerkrankungen nahmen im ähnlichen Umfang ab, wie die Nutzung von Zahnseide, Interdentalbürsten, Mundspüllösungen und elektrische Zahnbürsten zunahmen. Einher geht eine Complianceerhöhung im oralen Biofilmmanagement.

Diese positiven Trends sind jedoch laut Prof. Welk in Zukunft durch die demografische Entwicklung bedroht. Auch wenn „Bohren oder nicht bohren“ heute durch die Frühdiagnostik ersetzt wurde, ist eine Kariesimpfung auch in naher Zukunft nicht möglich. Durch die alternde Gesellschaft ist das Nachlassen der motorischen Fähigkeiten der einzelnen Patienten ein kommendes, ernstzunehmendes Problem. Aufgrund möglicher Probleme in der manuellen Zahnpflege sollte die chemische Plaquekontrolle nicht vernachlässigt werden. 

Prophylaxe war gestern, Gesundheitsmanagement ist heute

Auch ist ein Trend von der Restauration über die Rekonstruktion hin zur Regeneration erkennbar. Biomineralisation und biomimetische Schmelzregeneration sind nur Teile der aufkommenden regenerativen Medizin. Ist der genmanipulierte Zahn die Zukunft? Prof. Welk mahnt hier, die Genmanipulation mit Bedacht anzuwenden und erinnerte an Klonschaf Dolly. Non-invasive Behandlungen und Karies-Infiltrationstherapien führen Hand in Hand mit der gelebten Prophylaxe zu Hause und in der Praxis dazu, dass immer mehr Menschen immer mehr Zähne haben. Auch wenn Prof. Welk die dentale Zukunft nicht voraussagen möchte, erahnt er hier ein Problem der fehlenden Strukturen, diese Zähne auch zu versorgen.

Hier müssen in Zukunft Zahnärzteschaft, ZMP und DHD eng mit der Pflege zusammenarbeiten, um nicht nur die Zähne, sondern auch die Lebensqualität der älteren Senioren zu erhalten.

Ansprechendes Rahmenprogramm und wissenschaftliche Vorträge unter einem Dach

Im Anschluss an den Einführungsvortrag erläuterten Prof. Dr. Stefan Zimmer (Witten-Herdecke) und Dr. Lutz Laurisch (Korschenbroich) die Rolle von Speichel für die Mundgesundheit. Die Speichelsekretionsrate, die Pufferkapazität des Speichels als auch sein pH-Wert spielen eine wichtige Rolle in der Entstehung und Verhinderung von Karies und Erosionen. Prof. Dr. Dr. h.c. Peter Gängler von der Universität Witten-Herdecke beantwortete seine im Vortragstitel aufgeworfene Frage „Ist die Verhütung von Zahnkaries und marginaler Parodontitis langweilig?“ mit einem klaren „Nein“. Sie könne allein deshalb nicht langweilig sein, denn sie funktioniere nicht – nicht umfassend.

Der zweite Tag des Präventionsforums stand unter dem Motto der Behandlung und Therapie. PD Dr. Pia-Merete Jervøe-Storm (Bonn) setze bei ihrem Vortrag „Parodontitis behandeln und vorbeugen“ ebenso auf die Frühdiagnose wie Prof. Dr. Dr. Christian Walter, der Risikofaktoren und die folgende Therapie bei Periimplantitis beleuchtete. Prof. Dr. Georg Gaßmann aus Köln schloss das Forum mit seinem Vortrag über neue Möglichkeiten bei der unterstützenden Parodontalherapie.

Flankiert wurde der zweitägige Fachkongress von Ausstellerständen der Sponsoren und Workshops. EMS demonstrierte die Vorteile der Guided Biofilm Therapie und Philips die moderne Zahnaufhellung. Blend-a-dent erläuterte den Nutzen der Haftcreme, während sich die Digital Compass Academy einem weiteren, drohenden Problem der Dentalbranche widmete: dem des Fachkräftemangels und der Gewinnung motivierter Teammitglieder.

Bei einer Sache kann man sich mit dem Blick in die Zukunft sicher sein: Auch 2024 öffnet das Präventionsforum wieder seine Pforten in der Haranni Academie in Herne. Für das 9. Forum rund um Prophylaxe und Innovationen am 6. und 7. September kann sich bereits jetzt ein Frühbucherrabatt gesichert werden.

* Kariöse (Decayed), fehlende (Missing) und gefüllte (Filled) Zähne (teeth)