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KI in der Zahnmedizin

„Chancen, Risiken & Nebenwirkungen?“


Künstliche Intelligenz (KI) findet zunehmend Eingang in die zahnmedizinische Forschung und in die Praxis. Die Chancen der neuen Technologie aus der Sicht von Prof. Dr. Falk Schwendicke und Prof. Dr. Doris Weßels.

Um die Chancen, aber auch die Limitierungen neuer KI-Tools zu begreifen, gilt es nicht nur Einblicke in die Einsatzmöglichkeiten zu gewinnen, sondern die Funktionsweise von KI im Grundsatz zu verstehen, erklären Prof. Dr. Falk Schwendicke, seit Jahresbeginn Direktor der Poliklinik für Zahnerhaltung und Parodontologie, Klinikum der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU), und Prof. Dr. Doris Weßels, Fachhochschule Kiel, Institut für Wirtschaftsinformatik, Mitgründerin und Mitglied im Leitungsteam Virtuelles Kompetenzzentrum: Künstliche Intelligenz und Wissenschaftliches Arbeiten (VK:KIWA).

In Interviews, anknüpfend an das Expert:Innen-Netzwerktreffen 2023 von CP Gaba unter dem Motto „KI in der Zahnmedizin: Chancen, Risiken & Nebenwirkungen?“, sprachen die KI-Expert:Innen Schwendicke und Weßels über Einsatzmöglichkeiten, Aussichten und Herausforderungen.

Erleichterungen im Praxis-Workflow

Schwendicke, der selbst ein KI-Tool zur Röntgenbildanalytik entwickelt hat, skizziert verschiedene KI-Einsatzgebiete in der Zahnarztpraxis:

  • Laut Schwendicke werden schon in naher Zukunft KI-gestützte Auswertungen von bildgebenden Verfahren oder virtuelle Assistenzsysteme in der operativen Therapie an Bedeutung gewinnen.
     
  • In der Kommunikation mit Patient:Innen könnten Aufgaben wie das Verfassen von Briefen oder Terminvereinbarungen automatisiert werden und damit für Entlastung sorgen.
     
  • Verändern würden sich längerfristig in der Zahnarztpraxis „alle Prozesse, in deren Rahmen Daten bearbeitet und idealerweise auch automatisiert zugeordnet und in Praxis-Management-Systeme integriert werden“.

Seiner Erfahrung nach sind die für die Nutzung neuer Assistenzsysteme benötigten Skills keine große Herausforderung, vieles gehe intuitiv, ähnlich der Bedienung eines Smartphones, „weil diese Tools im Geiste moderner Software entwickelt worden sind“, erklärt er.

Einlassen auf neue Technologie

Sich mit der Technologie praktisch vertraut zu machen, sich auf sie einzulassen und auszuprobieren, sehen Weßels und Schwendicke als einen wichtigen Schritt – und zwar besser heute als morgen. Dabei gehe es auch darum, Berührungsängste abzubauen und sich aktiv mit den neuen Systemen auseinanderzusetzen.

Denn: Sich auf KI einzulassen, bedeutet nicht, sich auf KI zu verlassen. Beide Expert:Innen betonen die Notwendigkeit des kritischen Umgangs.

„Wir müssen als Menschen nach wie vor unsere eigenen Ideen, unsere eigenen Gedanken einbringen auf hohem Niveau – allein auch, um diese Tools an der richtigen Stelle einzusetzen“, betont Weßels. „Man bekommt eine Technologie dargeboten, und jetzt liegt es an uns, wo wir diese einsetzen können und wie wir Prozesse entweder verändern oder Prozesse völlig neu etablieren“, so die KI-Expertin. Aber es sei auch wichtig, dass man eine eigene Position bezieht. „Und es ist schwierig, sich eine Meinung zu bilden, wenn man das Thema nur aus der Ferne betrachtet, es nicht selbst ausprobiert hat. Wir alle müssen uns zur KI eine Meinung bilden. Aber dazu müssen wir die Technologie kennenlernen und uns an die Themen heranwagen“, ergänzt Weßels. Aus ihrer Sicht ist das größte Problem, dass bislang nicht alle auf diese Reise mitgenommen wurden.

Kompetent Entscheidungen treffen

Der kompetente Umgang mit neuen Tools heißt laut Schwendicke auch, „zu verstehen, was dahintersteckt, die richtigen Fragen zu stellen, wenn der Hersteller kommt und sein Tool anpreist“. Praxisnah gesprochen:

„Wenn der Vertriebsmitarbeitende eines KI-Unternehmens sagt, dass er ein ‚tolles Tool‘ hat, dann sollten die Entscheiderinnen und Entscheider in der Praxis sich alles frühzeitig zeigen lassen, sie sollten explorieren und beispielsweise fragen, an welchen Daten das Tool trainiert und getestet worden ist“, legt der KI-Experte nahe. Datenschutz ist seiner Einschätzung nach dabei kein herausragendes Thema: Die neuen Assistenzsysteme werden die Anwender:Innen „rechtlich nicht großartig vor andere Herausforderungen stellen als andere Technologien“.

Informationsangebote nutzen

Wer erfahren möchte, wie sich KI sinnvoll in den Praxisalltag integrieren lässt, sollte Informationsveranstaltungen und Onlineangebote nutzen, empfiehlt Schwendicke, um zunächst „im Groben“ die Funktionsweise von KI zu begreifen. Mit strukturierten Aus- und Weiterbildungsangeboten rechnet er in etwa ein bis zwei Jahren. Informationen zum Thema KI in der Zahnarztpraxis sowie eine Checkliste, an deren Erarbeitung Schwendicke beteiligt war, stellt die Bundeszahnärztekammer (BZÄK) seit Ende letzten Jahres online zur Verfügung [1].

Portraits

Links: Prof. Dr. Falk Schwendicke, Klinikum der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU), München

Rechts: Prof. Dr. Doris Weßels, Fachhochschule Kiel, Lehrstuhl Wirtschaftsinformatik


Es gibt noch viel zu tun

Herausforderungen zeigen sich den Expert:Innen zufolge weniger im Kleinen, sondern vielmehr im Großen. Auf technischer Ebene ist die Entwicklung von Schnittstellen zwischen verschiedenen Softwaresystemen und Dateiformaten laut Schwendicke „eine Riesenherausforderung“. In der Forschung fehlen laut Weßels aktuell noch Regulierungen im Umgang mit Risiken wie gefälschte Forschungsergebnisse – Stichwort „Fake Science“. Die Forschenden selbst stehen angesichts Big Data vor der Entscheidung, welche Routinedaten sie integrieren: „Einerseits ist die Datenmenge zwar groß, aber die Daten sind trotzdem möglicherweise verzerrt. Dann habe ich eine falsche Sicherheit“, erklärt Schwendicke. 

Lebenslanges Lernen als Kernaufgabe für alle

Weßels beschreibt, dass sich mit der Nutzung von KI zukünftig die Kompetenzen, die den Anwender:Innen abverlangt werden, verändern. Es sei mehr nötig als das, was man bisher als kritische Medienkompetenz verstanden hat.

„Das Weltwirtschaftsforum, World Economic Forum, hat vor ein paar Monaten eine Studie zu den Zukunftskompetenzen veröffentlicht, und da steht auf den ersten Plätzen die analytische Intelligenz, die kreative Kompetenz und die technologische. Und das ist diese Mischung an Kompetenzen, die wir brauchen“, erläutert sie.

Der Umgang mit der rasanten KI-Entwicklung ist Weßels zufolge als gesamtgesellschaftliche Herausforderung und Aufgabe zu begreifen:

„Es geht um ein lebenslanges Lernen, nicht nur auf dem Papier oder als Lippenbekenntnis, sondern ganz konkret, kontinuierlich und in engeren Taktzyklen mit viel höherer Relevanz. Das gilt nicht nur für den Bildungsbereich selbst, sondern auch in der Wirtschaft, in der Wissenschaft, eigentlich überall. Wir müssen flächendeckend qualifizieren, und das sehe ich als eine ganz große Herausforderung, weil diese Taktung, dieses Tempo kannten wir früher nicht.“ 

Eigeninitiative gefragt

Im Umgang mit KI sind Eigeninitiative, Austausch und Positionierung gefragt: „Wir müssen proaktiv mitgestalten. Wenn wir nur den Kopf in den Sand stecken und der Meinung sind, dass das alles nichts bringt, wird es an uns vorbei trotzdem passieren – und der gesamte Gestaltungsspielraum wird weg sein“, appelliert Schwendicke.
 

Literatur

[1] Künstliche Intelligenz in der zahnärztlichen Praxis, Rechtsrahmen, Berufsrecht und Checklisten für die Praxis: www.bzaek.de/service/positionen-statements/einzelansicht/kuenstliche-intelligenz-in-der-zahnaerztlichen-praxis.html. Stand: November 2023. Zuletzt abgerufen im Januar 2024.

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