Anzeige

Piezochirurgie: Alternative zur rotierenden Aufbereitung

Abb. 1: Knochenpräparation durch Bohrschablone: Externe Kühlung ist heute bei vielen Implantatsystemen Standard.

Abb. 1: Knochenpräparation durch Bohrschablone: Externe Kühlung ist heute bei vielen Implantatsystemen Standard.

Implantatlager zu präparieren erfordert Feingefühl und anatomische Kenntnisse. Neben rotierenden lassen sich manuelle und piezochirurgische Aufbereitungsinstrumente verwenden. Mit neuen Motoren lässt sich auch die Implantatstabilität überwachen.

Vor der Aufbereitung wird in aller Regel ein Lappen präpariert und der Knochen bei Bedarf mit geeigneten Fräsern geglättet. Transgingivale, also lappenlose Präparation setzt eine besonders sorgfältige Diagnostik voraus, zum Beispiel mit DVT und nachfolgender Verwendung von Bohrschablonen. Dieses Vorgehen scheint in Bezug auf Implantatprognose und Knochenniveau keine Vorteile zu haben [1, 2]. Möglicherweise erhöht es aber den Patientenkomfort und sorgt für stabilere Weichgewebe [3, 4].

Knochen wird immer mit Chirurgie-Winkel- oder -Handstücken präpariert, die Zuleitungen für sterile Kochsalzlösung  haben [5]. Das gilt auch für die Aufbereitung von Implantatlagern, die meist maschinell-rotierend erfolgt. Externe Kühlung der Instrumente wird dabei häufig als ausreichend erachtet. Dies gilt teilweise sogar bei geführter Aufbereitung, bei der der Kühlmittelzugang erschwert ist (Abb. 1, oben). Die zeitaufwendige hygienische Aufbereitung innengekühlter Instrumente entfällt damit.

Gute Kühlung unverzichtbar

Wird eine kritische Temperatur überschritten, resultieren Nekrosen [6]. Um dies zu verhindern, sollte die Drehzahl so niedrig wie möglich gewählt werden, je nach Durchmesser und System zwischen zirka 300 und maximal 800 pro Minute (min-1). Um Platz für die Kühlflüssigkeit zu schaffen und Knochenspäne effektiv abzutransportieren, haben Bohrer ohne Innenkühlung besonders weite Spanräume. Da die Kühlung bei tiefer Präparation schwieriger ist, dürfte sich der Trend zu kürzeren Implantaten vorteilhaft auswirken.

Nach der Pilotbohrung wird das Implantatlager erweitert, je nach System mit parallelwandigen, konischen oder gestuften Formbohrern [7, 8]. Hilfreich sind abnehmbare Tiefenstopps. Dimensionen und Orientierung des Implantatlagers lassen sich mit entsprechend dimensionierten Pfosten prüfen.

Weniger Bohrschritte möglich

Um Zeit und Materialkosten zu sparen, wird versucht, die Zahl der Aufbereitungsschritte auf zum Beispiel zwei zu reduzieren (iSy, Camlog) (Abb. 2). In vitro zeigte sich – bei einem Einschrittsystem – eine größere Streuung der Knochentemperatur [9]. Dies ist möglicherweise ohne klinische Relevanz [10]. Anwender berichten jedoch, dass Präparationen mit reduzierter Bohrerzahl nicht einfach sind und entsprechende Erfahrung erfordern.

Hilfreich ist eine integrierte Drehmomentbegrenzung, die entsprechende Implantologiemotoren bieten. Ein solcher sollte, ebenso wie chirurgische Übertragungsinstrumente, in jeder implantierenden Praxis Standard sein. Zu den Vorteilen gehört die Möglichkeit, systembezogene Protokolle im Vorfeld einzustellen und damit den Arbeitsfluss zu verbessern.

Feinpräparation und andere Maßnahmen

Formbohrer sind meist zirka 0,5–1,0 mm länger als die entsprechenden Implantate, was bei der Planung zu berücksichtigen ist. Die korrekte Einbringtiefe ist systemabhängig: So werden Implantate mit Platform-Switching tiefer eingebracht als solche mit außenbündiger Verbindung. Dies ist schon bei der Aufbereitung einzuplanen.

Die Feinpräparation von Implantatlagern erfordert besondere, je nach System sehr unterschiedliche Arbeitsschritte. Dazu zählen das Vorschneiden von Gewinden in dichtem Knochen und die krestale Bearbeitung. Spezielle „Ausreibe“-Instrumente kompensieren die Rückstellung der Kortikalis [7]. Für einige Implantattypen gibt es abweichende Protokolle, zum Beispiel wenn sie eingeklopft statt eingedreht werden (zum Beispiel Bicon) (Abb. 3).

Um eine ausreichende Primärstabilität zu erreichen, kann bei weichem Knochen eine unterdimensionierte Aufbereitung sinnvoll sein [11]. Diese lässt sich durch Weglassen des letzten Formbohrers erreichen, zusätzlich oder alternativ können Osteotome nach Summers angewendet werden, also zylindrische Handinstrumente definierter Größe [8].

Besonderheiten beim Sinuslift

Für Implantate, die mit einem internen Sinuslift eingesetzt werden, gibt es spezielle Protokolle. Dazu gehört das erwähnte nach Summers, mit dem sich apikaler Knochen als Augmentat unter die kaudale Sinusmembran pressen lässt [12]. Dies kann nach Fallberichten auch mit Knochenfräsern erreicht werden, die zum Schutz der Membran mit Silikonstoppern ausgestattet sind (Crestal Approach Kit, Osstem, siehe DZW Orale Implantologie Nr. 1/2017). Werden keine Osteotome eingesetzt, können zur Augmentation autogene Knochenspäne oder Ersatzmaterial in kranialer Richtung eingebracht werden.

Um die Schneider’sche Membran zu bewahren, kann die abschließende Präparation auch mit speziellen piezochirurgischen Instrumenten erfolgen (Abb. 4 und 5). Ob dies zu besseren Implantat-Überlebensraten führt als eine rotierende Aufbereitung, ist unklar [13, 14]. Weichgewebe werden durch piezochirurgische Systeme geschont [15]. Klinische Studien haben gezeigt, dass die Aufbereitung auch in anderen Bereichen voraussagbar funktioniert [16]. Zudem kann offenbar ein günstigerer Verlauf der Osseointegration erreicht werden als mit rotierenden Instrumenten, ablesbar zum Beispiel durch eine frühere sekundäre Stabilisierung [17]. Die klinische Relevanz ist noch nicht umfassend untersucht.

Einbringen meist maschinell

Implantate können mit Handratschen oder maschinell eingebracht werden (Abb. 6 und 7). Insertion mit Implantologiemotoren und passenden Winkelstücken hat den entscheidenden Vorteil, dass zu jedem Zeitpunkt, auch bei hohem Widerstand in dichtem Knochen, ein konstantes Drehmoment auf das Implantat wirkt. Hintergrund ist, dass dessen primäre Stabilität linear ansteigen sollte, der Wert wird an geeigneten Geräten laufend angezeigt. Um eine Überlastung des Knochens zu verhindern, wird die Drehrichtung per automatische Drehmomentbegrenzung (Reverse Torque) oder Fußschalter geändert.

Abb. 8: Für einen neuen Implantologiemotor ist ein separates Modul zur Messung des Implantat-Stabilitäts-Quotienten verfügbar.

Abb. 8: Für einen neuen Implantologiemotor ist ein separates Modul zur Messung des Implantat-Stabilitäts-Quotienten verfügbar.

Ob ein Implantat sofort belastet werden kann, lässt sich am sichersten mit der Resonanzfrequenz-Analyse (RFA) prüfen. Eine Sonde misst über ein elektromagnetisches Signal die Dämpfung des Implantats, den Implantatstabilitäts-Quotienten (ISQ). Dieser korreliert mit der Primärstabilität beim Einbringen [18]. Er kann aber auch im weiteren Verlauf eingesetzt werden, um einen geeigneten Belastungszeitpunkt zu bestimmen [19]. Die Technik ist separat (Osstell) oder als Modul für Implantologiemotoren erhältlich (Abb. 8).

Fazit und Ausblick

Die Aufbereitung des Implantatlagers bestimmt wesentlich mit, ob eine Implantation erfolgreich sein wird. Zu beachten sind verschiedene biologische Faktoren, aber auch prothetische im Sinne der Rückwärtsplanung: Wo sollen die Implantate nach der Insertion exakt stehen? Für die Aufbereitung selbst stehen neben den traditionellen rotierenden und Handinstrumenten seit einiger Zeit piezochirurgische Systeme zur Verfügung. Ob sich diese neben dem Sinuslift in weiteren Indikationen etablieren können, bleibt abzuwarten.

Dr. Jan H. Koch, Freising

 

Literatur

[1] Lin GH, Chan HL, Bashutski JD, Oh TJ, Wang HL. The effect of flapless surgery on implant survival and marginal bone level: a systematic review and meta-analysis. J Periodontol 2014;85:e91-103.

[2] Vohra F, Al-Kheraif AA, Almas K, Javed F. Comparison of crestal bone loss around dental implants placed in healed sites using flapped and flapless techniques: a systematic review. J Periodontol 2015;86:185-191.

[3] Maier FM. Initial Crestal Bone Loss After Implant Placement with Flapped or Flapless Surgery-A Prospective Cohort Study. Int J Oral Maxillofac Implants 2016;31:876-883.

[4] Wang F, Huang W, Zhang Z, Wang H, Monje A, Wu Y. Minimally invasive flapless vs. flapped approach for single implant placement: a 2-year randomized controlled clinical trial. Clin Oral Implants Res 2016.

[5] Kimmel K. Optimale Knochenpräparationen als Grundlage der Qualitätssicherung. Deutsche zahnarztliche Zeitschrift 2002;57:179-182.

[6] Trisi P, Berardini M, Falco A, Podaliri Vulpiani M, Perfetti G. Insufficient irrigation induces peri-implant bone resorption: an in vivo histologic analysis in sheep. Clin Oral Implants Res 2014;25:696-701.

[7] Cacaci C, Neugebauer J, Schlegel A, Seidel F. Orale Implantologie. Stuttgart, New York: Thieme, 2006.

[8] Koeck B, Wagner W. Implantologie; Praxis der Zahnheilkunde. München, Jena: Urban & Fischer, 2004.

[9] Lucchiari N, Frigo AC, Stellini E, Coppe M, Berengo M, Bacci C. In Vitro Assessment with the Infrared Thermometer of Temperature Differences Generated During Implant Site Preparation: The Traditional Technique Versus the Single-Drill Technique. Clin Implant Dent Relat Res 2016;18:182-191.

[10] Guazzi P, Grandi T, Grandi G. Implant site preparation using a single bur versus multiple drilling steps: 4-month post-loading results of a multicenter randomised controlled trial. European journal of oral implantology 2015;8:283-290.

[11] Stocchero M, Toia M, Cecchinato D, Becktor JP, Coelho PG, Jimbo R. Biomechanical, Biologic, and Clinical Outcomes of Undersized Implant Surgical Preparation: A Systematic Review. Int J Oral Maxillofac Implants 2016;31:1247-1263.

[12] Summers RB. The osteotome technique: Part 3--Less invasive methods of elevating the sinus floor. Compendium 1994;15:698, 700, 702-694 passim; quiz 710.

[13] Rickert D, Vissink A, Slater JJ, Meijer HJ, Raghoebar GM. Comparison between conventional and piezoelectric surgical tools for maxillary sinus floor elevation. A randomized controlled clinical trial. Clin Implant Dent Relat Res 2013;15:297-302.

[14] Wallace SS, Mazor Z, Froum SJ, Cho SC, Tarnow DP. Schneiderian membrane perforation rate during sinus elevation using piezosurgery: clinical results of 100 consecutive cases. Int J Periodontics Restorative Dent 2007;27:413-419.

[15] Grötz KA, Schmidt BL. Piezo-Chirurgie iin der zahnärztlichen Chirurgie - Update 2011. Deutsche zahnarztliche Zeitschrift 2011;66:432-439.

[16] Vercellotti T, Stacchi C, Russo C, Rebaudi A, Vincenzi G, Pratella U, et al. Ultrasonic implant site preparation using piezosurgery: a multicenter case series study analyzing 3,579 implants with a 1- to 3-year follow-up. Int J Periodontics Restorative Dent 2014;34:11-18.

[17] Stacchi C, Vercellotti T, Torelli L, Furlan F, Di Lenarda R. Changes in implant stability using different site preparation techniques: twist drills versus piezosurgery. A single-blinded, randomized, controlled clinical trial. Clin Implant Dent Relat Res 2013;15:188-197.

[18] Suer BT, Yaman Z, Buyuksarac B. Correlation of Fractal Dimension Values with Implant Insertion Torque and Resonance Frequency Values at Implant Recipient Sites. Int J Oral Maxillofac Implants 2016;31:55-62.

[19] Baltayan S, Pi-Anfruns J, Aghaloo T, Moy PK. The Predictive Value of Resonance Frequency Analysis Measurements in the Surgical Placement and Loading of Endosseous Implants. J Oral Maxillofac Surg 2016;74:1145-1152.