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Nordrhein besonders hart betroffen

Spitzenorganisationen der Heilberufe kritisieren Gesundheitspolitik

Die vier tragenden Säulen der Gesundheitsversorgung in Deutschland haben in der Bundespressekonferenz die Gesundheitspolitik von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach scharf kritisiert. Eine Auswertung der Kassenzahnärztlichen Vereinigung Nordrhein (KZVNR) bestätigt, dass nordrheinische Zahnarztpraxen ganz besonders unter den Vorgaben aus Berlin leiden.
 

Zahnarzt Martin Hendges, Vorstandsvorsitzender der KZBV, warnte vor negativen Folgen der gegenwärtigen Gesundheitspolitik auf die Parodontitis-Behandlung und die Zukunftsfähigkeit der vorhandenen Praxisstrukturen. Aus nordrheinischer Sicht kommentiert KZVNR-Chef Andreas Kruschwitz: „Die Zahl der Parodontitis-Neubehandlungen liegt bei uns 25 Prozent unter dem Vorjahresniveau. Aus der epidemiologischen Forschung ist bekannt, dass der Behandlungsbedarf demografiebedingt eher steigt als sinkt. Darum kann die niedrige Zahl der Neubehandlungen auf den Effekt der Budgetierung zurückgeführt werden, die durch das GKV-Finanzstabilisierungsgesetz mit Wirkung zum 1. Januar 2023 eingeführt wurde.“

Die moderne Parodontitis-Behandlungsstrecke verbessert nachweislich den allgemeinen Mundgesundheitszustand der Patienten, Zahnverluste werden zeitlich verzögert oder sogar vermieden. Durch das unausgeschöpfte Behandlungspotenzial ist in den nächsten Jahren mit zusätzlichem Behandlungsbedarf und Kosten in Höhe von bundesweit rund 200 Millionen Euro zu rechnen, erklärte Hendges mit Bezug auf eine aktuelle Studie. Vermeiden könne man diese Kosten durch die Abschaffung der Budgetierung.

iMVZ: Lauterbach sitzt Probleme aus

Die Zahnärzteschaft kritisiert nicht nur Fehlsteuerung durch die Bundespolitik, sondern auch das Aussitzen von Problemen: Trotz gegenteiliger Ankündigung des Bundesgesundheitsministers findet sich in keinem der bisher bekannt gewordenen Gesetzesentwürfe eine Regulierung der von Fremdinvestoren geführten Medizinischen Versorgungszentren (iMVZ). „Nordrhein scheint besonders attraktiv für investorengetragene MVZ zu sein“, stellt Kruschwitz fest. Keine andere KZV-Region hat so viele iMVZ-Standorte wie wir – und sie finden sich fast ausschließlich in den Großstädten entlang der Rheinschiene und im Ruhrgebiet.“ Zwar sei der Beitrag zur Gesamtversorgung noch überschaubar – rund 2,3 Prozent der im Bereich der KZV Nordrhein tätigen Zahnärztinnen und Zahnärzte sind in einem iMVZ tätig. Diese Anzahl habe sich aber innerhalb von sechs Jahren vervierfacht, von 100 Personen im Jahr 2018 auf aktuell 410. Noch dynamischer ist die Entwicklung der iMVZ-Standorte. Sie expandierten von 17 im Jahr 2018 auf gegenwärtig 92.

„Wir sehen diese Dynamik als problematisch an, weil sie die Entwicklung der Praxisstrukturen insgesamt in eine Schieflage bringen könnte. Fremdinvestoren erwarten mutmaßlich höhere Renditen als andere Praxisarten, in denen die zahnmedizinische Versorgung im Vordergrund steht“, argumentiert Kruschwitz. „Die Auswertung der Abrechnungsdaten scheint diese Vermutung zu bestätigen, denn regelmäßig liegen die von der gesetzlichen Krankenversicherung zu tragenden Kosten pro Patient in einem iMVZ deutlich über denen anderer Praxisarten. Konkret heißt das: Für den Geldbetrag, den sechs Patienten in einem iMVZ kosten, versorgt eine Einzelpraxis acht Patienten.“

Die zahnmedizinischen Körperschaften fordern, dass nur noch Investoren mit einem räumlichen Bezug zum geplanten Standort sowie einen fachlichen Bezug zur Zahnmedizin eine Gründungsbefugnis für MVZ erhalten sollen.

Titelbild: KZV Nordrhein