Psychotherapeuten fordern Opt-in bei ePA für Kinder und Jugendliche
Der bvvp wendet sich in offenem Brief mit einer Forderungsliste an Lauterbach:
Der Bundesverband der Vertragspsychotherapeuten (bvvp) betont in einem offenen Brief an Bundesgesundheitsminister Prof. Dr. Karl Lauterbach und weitere gesundheitspolitisch Verantwortliche, er sehe bei der bevorstehenden Einführung der elektronischen Patientenakte ePA für Kinder und Jugendliche einerseits den Nutzen für bestimmte Patientinnen und Patienten, beispielsweise in einem elektronisch gespeicherten Medikationsplan für chronisch kranke Kinder oder in der Speicherung von somatischen Befunden zur Vermeidung von Doppeluntersuchungen.
Probleme könnte die ePA allerdings dann für Kinder und Jugendliche bereiten, wenn – wie derzeit vorgesehen – auf die Daten auch außerhalb der Gesundheitsversorgung im Sinne des SGB-V zugegriffen werden könne.
„So könnten in fernerer Zukunft Versicherungen oder Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber von Bewerberinnen und Bewerbern verlangen, aktuelle Abschriften ihrer ePA für die Gesundheitsprüfung der Betriebe oder Versicherungen vorzulegen. Dies könnte für bestimmte Kinder und Jugendliche, teilweise auch für Erwachsene, zu massiven Nachteilen in der Berufswahl, aber auch in der privaten Lebensführung führen“,
betont Mathias Heinicke, Stellvertretender bvvp-Bundesvorsitzender.
Ein weiteres Problem liege im Datenschutz für die ePa von Minderjährigen.
„Vollkommen ungeklärt ist die Frage der Zugriffsrechte, wenn Hauptversicherte nicht auch Sorgeberechtigte sind. Ebenso ungeklärt: die Frage, wie die Einsichtsfähigkeit bei Jugendlichen festgestellt werden soll und wie die Rechte Dritter bei Einsicht in Dokumentationen geschützt werden sollen. So lange diese Fragen unbeantwortet sind, darf die ePA für Kinder und Jugendliche nur im Opt-in-Verfahren eingeführt werden“,
so Bundesvorstandsmitglied Ariadne Sartorius.
Forderungsliste des bvvp
Der Verband wendet sich mit einer Forderungsliste an die Verantwortlichen in der Politik:
- Schaffen Sie eine gesetzliche Grundlage, die sicherstellt, dass die ePA ausschließlich zur Gesundheitsversorgung im Sinne des SGB-V und für Forschungszwecke genutzt werden. Schließen Sie eine Nutzung von Institutionen außerhalb des Gesundheitssystems aus.
- Schließen Sie die gesetzlichen Regelungslücken vor Einführung einer ePA für Kinder und Jugendliche, damit keine Daten an Nicht-Sorgeberechtigte weitergegeben werden können und die Aufklärung von einsichtsfähigen Jugendlichen nicht außer Acht gelassen wird. Hierzu sind Strukturen zu schaffen, die die Rechte von Kindern und Jugendlichen schützen und Jugendliche in der Entwicklung ihrer Gesundheitskompetenzen stärken, damit sie die notwendigen Entscheidungen treffen können.
- Schaffen Sie rechtliche Regelungen, die die Rechte Dritter oder die persönlichen Beziehungen der Sorgeberechtigten schützen sowie der veränderten Situation Rechnung tragen, wenn Jugendliche Einsichtsfähigkeit erlangen. Ein Einwilligungsvorbehalt von nur einem der Sorgeberechtigten muss zudem zwingend ausreichend sein.
- Schließen Sie die benannten Regelungslücken vollumfänglich und führen Sie die ePA für Minderjährige bis zur Klärung dieser Fragen ausschließlich im Opt-In-Verfahren ein. Gibt es mehrere Gesundheitssorgeberechtigte, sollten diese auch alle der Befüllung der ePA aktiv zustimmen müssen.
Lesen Sie hier den vollen Wortlaut:
Offener Brief zur ePA für Kinder und Jugendliche an Bundesgesundheitsminister Prof. Dr. Karl Lauterbach