Wir, die Medizinrechtboutique Lyck+Pätzold healthcare.recht, beraten und vertreten seit über 20 Jahren leidenschaftlich und visionäre den Dentalmarkt. Uns sind die Herausforderungen der Marktteilnehmer bestens bekannt, und so freuen wir uns, in jeder Ausgabe in einem Fachbeitrag oder auch mal eine Kolumne zu aktuellen juristischen Themen für das Zahntechniker-Handwerk beizutragen. Wir werden dieses mal wichtige arbeitsrechtlichen Grundsätze verständlich zusammenfassen und mögliche Irrtümer aufklären.
Mehr als nur ein Vertrag
Der Arbeitsvertrag bildet die Visitenkarte eines Unternehmens. Die arbeitsvertragliche Gestaltung sollte deshalb neben den rechtlichen Punkten einen strategischen Ansatz verfolgen. So könnte sich in der Präambel des Vertrags beispielsweise das gemeinsam erarbeitete Unternehmensleitbild widerspiegeln oder der Vertrag – je nach Umgangsform innerhalb des Unternehmens/ des Labors – in Du- oder Sie Form verfasst sein. Zudem sollten sich z.B. Kündigungsregelungen eher am Ende des Vertrags und nicht – wie oft der Fall – gleich zu Beginn des Arbeitsvertrags wiederfinden. Es sind heutzutage Kleinigkeiten, warum sich Arbeitnehmer für oder gegen einen Arbeitgeber entscheiden.
Gerade in Zeiten des Fachkräftemangels, der auch in der dentalen Welt gravierend ist, kann ein strategisch gestalteter Arbeitsvertrag als Mittel zur Personalfindung und Personalbindung dienen. Gleichzeitig müssen die rechtlichen Rahmenbedingungen stimmen, von denen wir einige in diesem Beitrag zusammenfassen werden.
Gutes Personal zu finden und zu binden ist heutzutage eine ganz besondere Herausforderung. In der Gesundheitsbranche können sich Anstellungswillige ihren Arbeitsplatz im Grunde aussuchen. Das Institut für betriebswirtschaftliche Analyse, Beratung und Strategie-Entwicklung (IFABS) hat festgestellt, dass unter anderem die Schaffung klarer arbeitsvertraglicher Strukturen dazu führen, dass Verluste im Bereich der Stammpatienten kaum festzustellen sind, die Neupatientengewinnquote bei ca. 11 Prozent liegt, eine um das dreifache gesteigerte Bereitschaft zur Veränderung besteht, eine steigende Gewinnentwicklung zu verzeichnen ist, die Patientenzufriedenheit steigt und sich die Selbstzahler Umsätze erheblich steigern lassen. Der in der Vergangenheit oftmals stiefmütterlich behandelte Arbeitsvertrag ist längst keine reine Formalität mehr, sondern die Visitenkarte Ihres Unternehmens. Hier können Sie zeigen, wer Sie sind!
Personalisiert oder Muster?
Nachdem Sie einen Mitarbeiter gefunden haben, von dem Sie glauben, dass er zu Ihnen passt, gilt es, den Arbeitnehmer durch einen Arbeitsvertrag zu binden! Welcher Arbeitgeber bin ich und wer will ich sein? Passt der Arbeitsvertrag noch zu meinem Unternehmen? Denken Sie daran, dass Sie den Inhalt des Arbeitsvertrages mit dem Arbeitnehmer weitestgehend aushandeln. Dies sollte deshalb geschehen, damit sich der Arbeitnehmer in dem Arbeitsvertrag wiederfindet und diesen für sich als verbindlich anerkennt. Zum anderen verhindert diese Vorgehensweise, dass Sie einen sog. Formular-/ Musterarbeitsvertrag verwenden. Zudem werden in der Laiensphäre regelmäßig unwirksame Vorschriften vereinbart, weil die gesetzlichen Regelungen nicht beachtet wurden. Mit der Folge, dass unerwartet andere Regelungen greifen, als ursprünglich vereinbart waren. Das kann Sie plötzlich vor völlig neue Situationen stellen, die nicht in Ihr Konzept passen. Auch sollte darauf geachtet werden, dass alle Arbeitsverträge möglichst einheitlich sind. Denn Mitarbeiter tauschen sich untereinander aus und stellen schnell fest, dass wesentliche Unterschiede bestehen. Wenn die Unterscheidung nicht nachvollziehbar ist, kommt entsprechend Unmut auf. Im Arbeitsvertrag sollte mithin all das geregelt werden, was das spezielle Arbeitsverhältnis betrifft. Sofern in Ihrem Labor z.B. einheitliche Berufskleidung getragen wird, dann ist das ein zu regelnder Punkt. Darüber hinaus sollte ein Arbeitsvertrag stets eine klare Stellenbeschreibung beinhalten. Das gibt den Mitarbeitern die Sicherheit, die sie brauchen, denn Mitarbeiter wollen genau wissen, was sie zu tun haben. Die Stellenbeschreibung sollte festhalten, dass einzelne Prozesse auch außerhalb der Stellenbeschreibung definiert sind bzw. zukünftig definiert werden können und einzuhalten sind. Das eröffnet Ihnen als Arbeitgeber die Möglichkeit, Aufgabengebiete zu erweitern oder zu konkretisieren. Beispielsweise Kurzarbeit während der Pandemie. Viele regelungsbedürftige Punkte sind bereits gesetzlich verankert, sodass insoweit das Vertragswerk nicht unnötig aufgebläht werden muss. Zu regeln sind sie jedoch zwingend.
Mitarbeiter halten
Wie schon angesprochen, stellen sich neben dem Finden und dem Begründen eines Arbeitsverhältnisses durch Abschluss eines Arbeitsvertrags noch weitere Herausforderungen, nämlich wie binde ich mein lieb gewonnenes und teuer ausgebildetes Personal, wie schmiede ich ein Team, das durch Dick und Dünn geht? All das können sie mit den schier endlosen Arbeitsrechtstools bewirken und sicherstellen. Initiieren Sie beispielsweise Bonusmodelle, Gleitarbeitszeitmodelle, Überstunden- und Freizeitausgleichmodelle. Orientieren Sie sich dabei auch an den Bedürfnissen Ihrer Mitarbeiter. Nutzen Sie das Arbeitsrecht auch als Mittel der Mitarbeiterführung. Denn die besten Bemühungen um eine optimale Mitarbeitergewinnung sind vergebens, wenn das Unternehmen die neu gewonnenen Arbeitskräfte nicht im Unternehmen halten kann. Darüber hinaus sollten Sie Ihre Verträge rechtlich aktualisieren. Warum? Das Arbeitsrecht ist in vielen Bereichen recht starr und geprägt von einer Zeit, in der es wichtig war, zum Schutze der Arbeitnehmer überhaupt erst gewisse Mindeststandards einzuführen. Die Arbeitswelt hat sich seitdem erheblich verändert. Hier prallen zum Teil Welten aufeinander, die sich immer wieder in einer Vielzahl von Rechtsprechungsänderungen widerspiegeln. Darauf müssen Sie als Arbeitgeber reagieren. Was früher zulässig und gängige Praxis war, kann heutzutage ganz anders zu bewerten sein.
Beispiel: Ausschlussfristen/Verfallsklauseln in Arbeitsverträgen Ausschlussfristenklauseln in Arbeitsverträgen dürfen nicht mehr vorsehen, dass die Parteien Ansprüche aus dem Vertragsverhältnis binnen einer bestimmten Frist schriftlich gegenüber der anderen Partei geltend machen müssen. Es darf höchstens die Textform (z.B. E-Mail) verlangt werden. Des Weiteren müssen unverzichtbare Ansprüche wie z.B. Mindestlohnansprüche ausdrücklich ausgenommen werden. Wer dies als Arbeitgeber nicht beachtet, wird sich im Streitfall nicht wirksam auf die Ausschlussfrist berufen können.
Mitarbeiterbindung durch variable Vergütungsmodelle? – Ja, aber richtig!
Neben einer wertschätzenden Arbeitsatmosphäre spielen im Gesundheitswesen in Zeiten des Fachkräftemangels gerade auch attraktive Vergütungsmodelle regelmäßig eine entscheidende Rolle, um Mitarbeiter zu Höchstleistungen zu motivieren und langfristig zu binden. Die Gestaltungsmöglichkeiten sind vielfältig und komplex. Damit Vergütungsvereinbarungen sich nicht als Boomerang entpuppen, ist es wichtig, sich im Vorfeld Gedanken darüber zu machen, welches Modell zum eigenen Unternehmen passt und dauerhaft wirtschaftlich tragbar ist. Hierfür ist neben den betriebswirtschaftlichen Faktoren auch eine Kenntnis der verschiedenen Vergütungsmodelle und ihrer Rechtsfolgen entscheidend. Was ist eine Umsatzbeteiligung und wie unterscheidet es sich vom Bonus oder der Gratifikation? Welche Risikoszenarien sind zu berücksichtigen? In unseren Webinaren erfahren Sie mehr zu den rechtlichen Gestaltungsoptionen, um diese auch gezielt und wirksam für sich und ihre Mitarbeiter einsetzen zu können.
Sie planen, neue Mitarbeiter einzustellen?
Dann nutzen Sie die Gelegenheit, Ihre Arbeitsverträge hinsichtlich der aktuellen Rechtsprechung anzupassen oder zumindest zu überprüfen. Auch haben Sie jetzt die Chance, Ihre Unternehmensentwicklung im Arbeitsvertrag zu berücksichtigen. Der Rückgriff auf alte Vorlagen oder Musterverträge aus dem Internet ist nur für den Moment bequem und einfach. Unklarheiten in Arbeitsverträgen gehen immer zu Lasten des Arbeitgebers. Im Streitfall kann es daher richtig teuer werden. Wir möchten, dass Sie hier bestens gerüstet sind! Sprechen Sie uns gerne an und wir begleiten Sie wie immer von der Idee bis zur Umsetzung!
EXKURS: ALLE ARBEITGEBER AB DEM 1.8.2022 AUFGEPASST!
Zum 1.8.2022 ist aufgrund europarechtlicher Vorgaben das neue Nachweisgesetz (NachwG) in Kraft getreten. Das NachwG ist jene Regelung, die den Arbeitgeber gesetzlich dazu verpflichtet, dem Mitarbeiter einen schriftlichen Nachweis über die wesentlichen Vertragsbedingungen mit Arbeitsvertrag auszuhändigen. Gemäß dem NachwG müssen alle Arbeitsverträge, von der Führung bis hin zum Minijobber, schriftlich fixiert werden. Es gilt hier die formaljuristische Betrachtungsweise der Schriftform, sodass Unterschriften im Original erforderlich sind. Weiterhin müssen Arbeitnehmer über Vertragsbedingungen, zum Beispiel Arbeitsbeginn, Arbeitsort, Tätigkeit, Vergütung, Urlaub, Kündigungsfristen informiert werden. Allerdings wurden Verstöße gegen das Nachweisgesetz bislang nicht sanktioniert. Dies wird sich ab dem 1.8.2022 ändern. Verstöße gegen das Nachweisgesetz sind nun eine Ordnungswidrigkeit. Ab dem 1.8.2022 müssen Arbeitgeber folgende Nachweispflichten erfüllen – sprich schriftlich festhalten, oder es kann teuer werden (Bußgeld bis zu 2.000 Euro je Verstoß!):
- Bei Befristungen: Es muss die vorhersehbare Dauer oder (neu!) das genaue Enddatum angeben werden.
- Bei Homeoffice-Regelungen: Es muss der konkrete Hinweis erfolgen, dass der Arbeitsort frei gewählt werden kann.
- Probezeit: Es muss, sofern vereinbart, die Dauer der Probezeit angegeben werden.
- Vergütung/Sonderzahlungen/Überstunden
Christian Erbacher, LL.M
Rechtsanwalt | Fachanwalt für Medizinrecht
Lyck + Pätzold.healthcare.recht
Im Atzelnest 5 | 61352 Bad Homburg
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