Anzeige

Kranker Wurzelkanal: Wie Sie die Behandlung systematisch planen

Endo-Motor im Einsatz

Im Detail vorausgedacht: Der kleine und um 360 Grad drehbare Kopf des Endo-Motors lässt sich je nach Bedarf positionieren.

Eine komplette Therapie bei einem Befall des Wurzelkanals reicht von der endodontischen Behandlung im engeren Sinn bis zum Wiederaufbau der Zahnkrone. Dies umfasst viele Teilschritte, und jeder einzelne von ihnen ist als kritisch für den Gesamterfolg anzusehen. Klingt logisch! Doch ist es auch wissenschaftlich evident?

Was ist wichtiger: die Wurzelkanalbehandlung oder der folgende Aufbau der Krone? Immer wieder zitiert wird zu dieser Frage die grundlegende Studie von Ray und Trope. Was haben diese beiden Autoren eigentlich unternommen?

Legendäre Studie – ­signifikante Unterschiede

Ray und Trope setzten sich zum Ziel, die Qualität der koronalen Restauration und der Obturation des Wurzelkanals anhand von Röntgenaufnahmen der betreffenden endodontisch behandelten Zähne zu bewerten. Dazu prüften sie Zahnstatus-Aufnahmen in Patientenakten der zahnmedizinischen Fakultät der Temple University, die nach dem Zufallsprinzip ausgewählt worden waren. Die ersten 1.010 endodontisch behandelten Zähne, die mit einer definitiven Restauration versehen waren, gingen in die Ergebnisse der Untersuchung ein. Dabei wurden solche mit Stift-Stumpf-Aufbauten ausgeschlossen.

Die Wurzelfüllung wurde entweder mit „gut“ oder „schlecht“ bewertet und unabhängig davon ebenso die koronale Restauration. Der periapikale Status erhielt entweder die Note „ohne Entzündungsanzeichen“ oder „Anzeichen für eine Entzündung“. Der Anteil der Zähne „ohne Entzündungsanzeichen“ belief sich auf insgesamt 61 Prozent. Eine „gute“ koronale Restauration führte zu signifikant mehr Fällen „ohne Entzündungsanzeichen“ (80 Prozent) als eine „gute“ Wurzelfüllung (76 Prozent). Eine „schlechte“ koronale Restauration führte zu signifikant mehr Fällen mit „Anzeichen für eine Entzündung“ (49 Prozent) als eine „schlechte“ Wurzelfüllung (30 Prozent).

Wie man erwarten würde, lag der Anteil der Zähne „ohne Entzündungsanzeichen“ bei „guter“ koronaler Restauration und gleichermaßen „guter“ Wurzelfüllung am höchsten und bei „schlechter“ koronaler Restauration und gleichermaßen „schlechter“ Wurzelfüllung am niedrigsten. Im Vergleich fällt der Unterschied hoch aus: 91 zu 18 Prozent.

Fazit aus der Ray/Trope-Studie für die Praxis

Die Studie erhält allein durch die große Anzahl der bewerteten Zähne oder Therapien ein enormes Gewicht. Zudem erweisen sich die ermittelten Unterschiede durchweg als statistisch signifikant. Für die endodontische Praxis kann dies nur eins heißen: Sowohl die Wurzelfüllung als auch die Restauration der Krone müssen hervorragend gelingen, um sicher zum Erfolg zu gelangen.

Nun könnte man sagen: Es ist doch selbstverständlich, dass in allen Teilschritten einer komplexen Behandlung lege artis gearbeitet werden muss. Die Studie ist allerdings ergebnisoffen, was bedeutet, es hätte auch herauskommen können: „Nach erfolgreicher Wurzelfüllung kommt der restaurativen Behandlung eine untergeordnete Bedeutung zu“ oder: „Auch bei suboptimaler Wurzelfüllung garantiert ein guter Kronenaufbau den Gesamterfolg (zum Beispiel weil der Körper die verbleibenden Entzündungsherde selbst eindämmen kann).“

Der Verdienst der Studie von Ray und Trope liegt daher in der Klarstellung: Für den Gesamterfolg braucht man beides, eine gute Wurzelfüllung und einen guten koronalen Aufbau. Aus dieser Erkenntnis wiederum folgt automatisch eine ganzheitliche Betrachtung der Therapie. Die vielen Einzelschritte von der Anamnese und vom ersten Röntgenbild bis zum Finieren und Polieren der endgültigen Restauration sollten nahtlos ineinander übergehen.

Komplexe Behandlung – systematisch vorausgedacht

Dem Zahnarzt und dem gesamten „Endo-Team“ stehen viele Wege offen. Man kann sich einen bunten Strauß von Diagnosehilfsmitteln, Materialien, Instrumenten etc. zusammenstellen. Dies birgt allerdings stets das Risiko, zu kleinteilig zu denken und die ganzheitliche Betrachtung aus den Augen zu verlieren.

Leichter geht es, wenn das Team mit einem Gesamtsystem arbeitet. An dieses werden hohe Ansprüche gestellt: Es muss von A bis Z vollständig und bis in die Details aufeinander abgestimmt sein. Die integrierten Produkte sollten einzigartige Vorteile aufweisen und im Zusammenspiel einen Zusatznutzen für die Praxis und ihre Patienten mitbringen.

Das Team muss nicht mehr in Einzelprodukten denken, sondern konzentriert sich auf das große Ganze – auf Diagnosestellung und auf wesentliche therapeutische Weichenstellungen. Um drei Beispiele zu nennen: Soll maschinell mit kontinuierlicher oder reziproker Feilenbewegung aufbereitet werden? Soll direkt oder indirekt restauriert werden? Inwiefern sind dentinschonende Behandlungskonzepte möglich?

Wie die Antworten auf diese und ähnliche Fragen lauten, wird in den kommenden Teilen dieser Serie näher ausgeführt. Sie wollen keinen Teil verpassen? Jetzt für unseren Newsletter anmelden.

Dr. Christian Ehrensberger, Bad Homburg