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Stadt und Land, Über- und Unterversorgung

Von Chefredakteur Marc Oliver Pick

Von Chefredakteur Marc Oliver Pick

Vorweg: Es ist nur ein Entwurf beziehungsweise eine „Formulierungshilfe“ von CDU/CSU und SPD zu einem Änderungsantrag für das TSVG. Aber er hat es in sich, denn er nennt die Parameter, die künftig – sollte der Antrag Eingang ins TSVG finden – darüber entscheiden sollen, wo Investoren ZMVZ gründen oder bereits bestehende ausbauen dürfen.

Basis der Regulierung des Marktzugangs von Investoren-ZMVZ soll der „Versorgungsanteil“ in KZV-Planungsbereichen sein. Je nachdem, wie hoch zu einem Stichtag der Versorgungsanteil von Investoren-ZMVZ in einem Planungsbereich ist, dürfen weitere ZMVZ nicht mehr neu gegründet und ebenso wenig weiter ausgebaut werden.
Ein Beispiel vom Land: Investoren sollen in Planungsbereichen, in denen der Grad der Unterversorgung 50 Prozent und mehr beträgt, nur dann weitere ZMVZ gründen dürfen oder bestehende ZMVZ ausbauen dürfen, wenn deren Anteil an der zahnärztlichen Versorgung noch keine 20 Prozent beträgt. Diese 20 Prozent sind also der maximale Anteil, mit dem ZMVZ an der Versorgung teilnehmen dürfen.

Ein Beispiel aus dem Ballungsraum: Wird in einem Planungsbereich eine Überversorgung von mehr als 10 Prozent durch die Kassenzahnärztlichen Vereinigungen festgestellt, dürfen ZMVZ maximal 5 Prozent des Versorgungsanteils leisten. Beträgt dieser Anteil bereits 5 Prozent oder mehr, dürfen keine weiteren ZMVZ hinzukommen und bestehende nicht ausgebaut werden.

Das Papier verfolgt also mehrere Ziele: Die Beschränkung des Anteils von Investoren-ZMVZ an der zahnmedizinischen Versorgung „zum Erhalt der Versorgungsvielfalt“ und den Ansatz einer – im GKV-Versorgungsstärkungsgesetz von 2015 versäumten – Versorgungssteuerung, um insbesondere die Versorgung „in der Fläche“ sicherzustellen.

Gleichwohl wird in dem Änderungsantrag deutlich darauf hingewiesen, dass zum Zeitpunkt des Inkrafttretens bereits bestehende Investoren-ZMVZ Bestandsschutz genießen – womit ein Teil der beiden Versorgungsanteilgrenzen bereits vergeben sein dürfte. Sollte dieser Entwurf zur Regulierung des Marktzugangs von Investoren-ZMVZ in der vorliegenden Form Gesetz werden, wird die Versorgungsplanung für die KZVen zum existenziellen Aufgabenbereich. In den traditionell überversorgten Ballungsbereichen dürfte es nicht schwer sein, den Versorgungsanteil von Investoren-ZMVZ auf 5 Prozent zu begrenzen.

Wie aber wollen KZVen künftig sicherstellen, dass Praxisabgeber im ländlichen Bereich einen Nachfolger für ihre Einzelpraxis finden, um den Grad an Unterversorgung nicht unter die 50-Prozent-Grenze sinken zu lassen und zu riskieren, dass diese „Lücke“ von Investoren-ZMVZ gefüllt wird? Der Änderungsantrag liefert jedenfalls keine Antwort darauf, wie es um den Bestandsschutz von Investoren-ZMVZ bestellt ist, wenn aufgrund einer sagen wir 2021 festgestellten Unterversorgung in einem Planungsbereich ZMVZ neu gegründet oder vorhandene Kapazitäten ausgebaut werden, der Grad an Unterversorgung 2022 aber wieder nur bei 40 Prozent liegt. Das Wachstum von Investoren-ZMVZ würde damit kleinschrittiger und langsamer, allerdings auch unumkehrbar.

Noch ist es nur ein „Vorschlag für eine Formulierungshilfe zu einem Änderungsantrag“ zum TSVG. Es wird sich zeigen, ob eine solche Quote geeignet sein wird, die gewünschte Versorgungsvielfalt auf Dauer zu erhalten.