Ein neuer Vorstand – darin erstmals in der DGI-Geschichte auch eine Frau vertreten –, eine entspannte Stellungnahme zur aktuellen Debatte um die „Implant Files“ und eine neue Kooperation mit der DGÄZ: Einige Neuigkeiten rund um den 32. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Implantologie (DGI), zu dem sich vom 29. November bis 1. Dezember mehr als 1500 Teilnehmer in Wiesbaden trafen.
Frage für Patienten und Behandler
Als tolle Location erwies sich dabei das neue RheinMain CongressCentrum, wo die Teilnehmer drei von den beiden Kongresspräsidenten Prof. Dr. Dr. Knut A. Grötz und Prof. Dr. Dr. Bilal Al Nawas organisierte dichte Tage mit Fachvorträgen, Workshops, Tischpräsentationen und Ausstellung der Industriepartner erlebten. Dabei griff die DGI mit dem Kongressmotto: „Personalisierte Implantologie“ einen allgemeinen Trend in der Medizin auf – nicht mehr „one size fits all“, sondern „taylormade“, zugeschnitten auf den Einzelfall. Und stellte in Konsequenz die Frage „Implantologie für alle?“, die sich bewusst nicht nur auf den Patienten, sondern auch auf den Behandler bezog. Den sieht die DGI durch diese (zahn-) medizinische Entwicklung in einer größeren Verantwortung.
Dass diese Personalisierung nicht ohne den „Blick über den Tellerrand“ und die enge Kooperation von Zahnmedizin und anderen medizinischen Fachrichtungen sowie von Verbänden und Fachgesellschaften zu haben ist, machte Kongresspräsident Prof. Dr. Dr. Knut A. Grötz in seiner Eröffnungsansprache deutlich.
Paradigmenwechsel in der Implantologie
Bei der Pressekonferenz zur Kongress-Halbzeit erläuterte Grötz vor der Fachpresse das Leitthema noch einmal. Er sieht in der Implantologie einen „Paradigmenwechsel“. Die Implantationszahlen steigen, derzeit setzen Zahnärzte geschätzte 1,3 Millionen Implantate; Grund für die steigenden Zahlen seien neben den Möglichkeiten der modernen Implantologie die schwindenden Kontraindikationen.
„Noch vor wenigen Jahren rieten die Autoren von Fachbüchern eher ab, wenn Patienten an Diabetes mellitus, an Osteoporose oder schweren Herz-Kreislauferkrankungen litten. Das hat sich geändert. Entsprechend steigt die Zahl der Patienten, die von Implantaten profitieren“, so Grötz. Damit steige aber auch die Zahl der Risikopatienten. Dafür sorgten der demographische Wandel, die Epidemiologie chronischer Krankheiten und komplexe medizinische Therapien. „Etwa ein Drittel der Patienten über 25 Jahre, die in zahnärztlicher Behandlung sind, tragen Risikofaktoren“, so Grötz.
Implant-Files
Zu Beginn der PK hatte sich der scheidende Kongresspräsident Prof. Dr. Frank Schwarz, Frankfurt, entspannt zur aktuellen Debatte um die Implant-Files von Süddeutscher Zeitung und einem internationalen Rechercheverbund geäußert. „Die Aufregung erschloss sich uns nicht ganz angesichts der MDR-Novellierung im vergangenen Jahr“ (Medical Device Regulation/|neue europäische Verordnung über Medizinprodukte/löst bis 2020 die bisherigen Regelungen ab). Schwarz sieht das Fachgebiet der Zahnmedizin bei der Medizinprodukte-Qualität „auf einem sehr hohen Level“, insofern könne er Entwarnung geben. Die generelle Empfehlung der DGI: nur Implantate einsetzen, deren Langzeiterfolg in klinischen Studien belegt ist.
Schwarz verwies allerdings darauf, dass die CE-Zertifizierung kein Qualitätssiegel sei. Diese Lücke werde aber durch die neue Medizinprodukte-Verordnung geschlossen, da die Anforderungen an Zulassung und künftige Re-Zertifizierung deutlich verschärft würden. Für die Zukunft prognostizierte Schwarz durch die dann strengere Handhabung der Zulassungskriterien eine Marktbereinigung vor allem bei Produkten der Risikogruppe 3, beispielsweise Knochenersatzmaterialien.
Kooperation zwischen DGI und DGÄZ
Unterzeichnet wurde in Wiesbaden ein Kooperationsvertrag zwischen DGI und Deutscher Gesellschaft für Ästhetische Zahnmedizin (DGÄZ), den DGÄZ-Präsident Prof. Dr. Dr. Dr. Robert Sader, Frankfurt, kurz erläuterte. Beide Gesellschaften seien Querschnittsgesellschaften, die nahezu jeden Zahnarzt beträfen. Geplant sei eine stärkere Fokussierung im Fortbildungssektor und die gemeinsame Förderung der Wissenschaft, denn, so Sader: „Es gibt in der Zahnmedizin zu wenig Evidenz“.
Die jungen Kollegen an die Hand nehmen
Zum Stichwort Fortbildung gab DGI-Fortbildungsreferent Prof. Dr. Florian Beuer, Berlin, einen Überblick. Das Thema Aus- und Fortbildung sei in der DGI zentral, Herzstück dabei das Curriculum. E-Learning habe man erfolgreich eingebunden, ebenso ein Mentorenprogramm installiert, „wir wollen die jungen Kollegen mehr an die Hand nehmen“, so Beuer, denn nicht alle Curriculumsteilnehmer würden auch die Prüfung absolvieren. Der 2018 erstmals angebotene DVT-Kursus wird auch 2019 wieder aufgelegt (noch Plätze frei), auch das DGI-Spezial wird fortgeführt. Beuer äußerte zudem den Wunsch, dass die Zahntechnik in der DGI eine Heimat findet, „das ist mit persönlich wichtig“. Auch in 2019 wird es ein Curriculum gemeinsam mit der Deutschen Gesellschaft für Zahntechnik geben.
Leitlinien definieren einen Korridor
Auf die DGI-Leitlinienarbeit verwies Co-Präsident Prof. Dr. Dr. Bilal Al-Nawas, Mainz. Die von Kritikern mitunter als „Kochbuch-Medizin“ geschmähten Leitlinien sieht er nicht als Widerspruch zur personalisierten Medizin, sie definierten einen Korridor, in dem sich der Zahnmediziner bewegen könne. Leitlinien integrierten externe wissenschaftliche Evidenz und interne Evidenz, also die Erfahrung der Zahnärzte, sowie die Wünsche der Patienten – somit sei die Personalisierung quasi Bestandteil der Leitlinie.
Implantate und Kiefergelenkserkrankungen
Implantat-Prothetik-Kiefergelenk – das Thema von Prof. Dr. Peter Rammelsberg, Heidelberg, der dazu auch den Eröffnungsvortrag des Kongresses gehalten hatte. Er widersprach Lehrbuchmeinungen, dass Kiefergelenksprobleme oder Okklusionsproblematik eine Kontraindikation für Implantate seien. Beispiel Bruxismus: „Bruxismus ist ein Risikofaktor, der vor allem technische Komplikationen erhöht, aber keine Kontraindikation. Wenn knirschende Patienten mit implantatgetragenem Zahnersatz versorgt werden, muss der Zahnarzt stabile Materialien dafür wählen und diese auf einer stabilen Abstützung auf Implantaten einbauen." Man könne das Risiko weiter reduzieren, indem keine Verblendmaterialien auf die Kauflächen gepackt würden, sondern hochfeste Hochleistungskeramiken oder Metall.
Ins neue Jahr geht die DGI mit einem neuen Vorstand, dem mit Dr. Dr. Anette Strunz, Berlin, als künftiger Pressesprecherin erstmals auch eine Frau angehört. Neuer Vorsitzender ist Prof. Dr. Dr. Knut A. Grötz, sein Amtsvorgänger Prof. Dr. Frank Schwarz wird dem Vorstand als Past-Präsident weiter angehören. Neuer Vizepräsident ist Prof. Dr. Florian Beuer, bislang Fortbildungsreferent. Diese Funktion übernimmt Dr. Christian Hammächer, Aachen. In ihren Ämtern bestätigte die Mitgliderversammlung Schatzmeister Dr. Karl-Ludwig Ackermann, Filderstadt, und Schriftführer Prof. Dr. Dr. Bilal Al-Nawas. Mit großem Dank für ihre langjährige Arbeit verabschiedete die Versammlung PD Dr. Gerhard Iglhaut und Prof. Dr. Germán Gómez-Román.
Katrin Ahmerkamp
(Weiterer Bericht folgt)