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Anschluss verloren?

Sie starten mit der sogenannten „Ausbildungsassistenten“-Zeit in den zahnärztlichen Beruf. Dort sollen theoretisch die Kenntnisse für eine eigene Tätigkeit als Vertragszahnarzt erworben werden. Das war nur solange leidlich erfolgreich, wie die jungen Zahnärzte sich für die unausweichlich „drohende“ eigene Niederlassung präparieren mussten. Mit der Option des angestellten Zahnarztes ist dieser Druck, sich vor allem auch mit Ausbildung und Bindung von Mitarbeitern und dem Wust der Umsetzung von staatlichen Vorgaben auseinanderzusetzen, von den Kollegen genommen.

Immer mehr Angestellte, aber weniger Anstellende

Wer sich heute ausschließlich zahnmedizinisch fachlich (im Rahmen der Arbeitszeit) engagiert, hofft nach den zwei Jahren Ausbildungsassistentenzeit als angestellter Zahnarzt beschäftigt zu werden. Nur die Zahl der anstellenden Zahnärzte wird abnehmen. Damit wächst die Sorge, dass diese Zahnärzte in Strukturen Anstellung finden werden, die nicht oder nicht allein von Zahnärzten bestimmt werden. Die Folgen für Patienten und Zahnärzte können Sie sicher erahnen …

Dr. Wilfried Beckmann

Dr. Wilfried Beckmann, Präsident der Privatzahnärztlichen Vereinigung Deutschlands e.V. (PZVD): Für die Zukunft muss stärker in die freiberufliche Kompetenz von Zahnärzten und in eine breit differenzierte Qualifikation von Mitarbeitern investiert werden. (Foto: privat)

Ausbildungsassistenten: mehr betriebswirtschaftliches und vertragszahnärztliches Wissen erwerben

Deshalb müssen wir die bisherige Ausbildungsassistentenzeit neu gestalten, dass nach dem akademischen Abschluss (Staatsexamen) verbindlich die Berufsfähigkeit erworben wird. Damit sollen betriebswirtschaftliche und gegebenenfalls vertragszahnärztliche Kenntnisse, Ausbilderfähigkeiten und Teamführungskompetenz genauso erworben werden wie die korrekte Umsetzung der zahlreichen staatlichen oder behördlichen Vorgaben.

ZFA-Nachwuchs: erfolgreiche Ausbildung wird schwieriger

Für den Bereich der Mitarbeiter der zahnärztlichen Praxen sind wir dabei, vollends den Anschluss zu verlieren. Konnten wir früher den Nachwuchs für Zahnarzthelferinnen/ZFA aus der Gruppe von 80 Prozent der Schulabgänger gewinnen, sind es heute weniger als 40 Prozent, die ohne Hochschulzugangsberechtigung die allgemeinbildenden Schulen verlassen. Das ist aber nicht allein ein quantitatives, sondern auch ein qualitatives Problem. Im Querschnitt ist das Leistungsvermögen dieser Auszubildenden wesentlich geringer. Sie werden sicher auch bemerkt haben, dass dies die erfolgreiche Ausbildung schwieriger gemacht hat und dass dieses Problem durch ein Verschieben der Maßstäbe in den Abschlussprüfungen allenfalls notdürftig kaschiert wird. In den Praxen fällt es dann zusehends schwieriger, Mitarbeiter mit Potenzial für Aufstiegsfortbildungen zu qualifizieren.

BZÄK: keine zusätzlichen Berufsbilder für die Zahnmedizin

Die Bundeszahnärztekammer scheint in völligem Realitätsverlust diese Entwicklung zu negieren. Dort wird bewusst übersehen, dass bei gerade auch aus demografischen Gründen kleiner werdenden Schulabgangsjahrgängen nicht mehr genügend geeignete Auszubildende gewonnen werden können. Der Vorstand der BZÄK hat sich bislang allein dafür ausgesprochen, die Abschlussprüfungen gestaffelt über die Ausbildungszeit zu verteilen. Das löst das Problem in keiner Weise! Gleichzeitig wiederholt die Bundeszahnärztekammer ständig, einem Glaubensbekenntnis gleich, dass zusätzliche Berufsbilder für die Zahnmedizin nicht infrage kommen. Mit nach hinten gewandtem Blick soll unbedingt verhindert werden, dass neue Berufe mit akademischem Abschluss Eingang in unsere Praxen finden.

ZFA: mit abstrakten, theoretischen Inhalten überfrachtet

Doch nur wenn es gelingt, den Kreis derjenigen anzusprechen, die sich für eine Hochschulausbildung qualifiziert haben, dürfen wir Aussicht haben, Stellen mit komplexeren, sensiblen Aufgaben erfolgreich zu besetzen. Warum sollen wir aus Angst vor einer neuen Dualität in der Zahnmedizin den Weg erfolgreicher Arbeitsteilung verlassen? Wir wären die einzige „Branche“, die sich hartnäckig dem Wandel entzieht. Der Handwerksmeister beschäftigt als Nichtakademiker, wenn er erfolgreich sein möchte, längst akademisch gebildete Mitarbeiter im kaufmännischen und planerisch-technischen Bereich. Wir haben die ZFA immer weiter mit abstrakten, theoretischen Inhalten überfrachtet und lehnen aber differenzierte zusätzliche Berufsbilder ab. So limitieren wir die Chancen der freiberuflichen Praxis selber.

Exzellente Mitarbeiter: Erfolgsfaktor für die Praxis

Wir Privatzahnärzte haben längst erkannt, welch ein Erfolgsfaktor exzellente Mitarbeiter für unsere Praxen sind. Neben vielen ausgezeichneten und vielfach weitergebildeten ZFAs beschäftigen wir seit langem Quereinsteiger, die Qualifikationen aus anderen Bereichen mitbringen. Für die Zukunft muss stärker in die freiberufliche Kompetenz von Zahnärzten und in eine breit differenzierte Qualifikation von Mitarbeitern investiert werden. Das fordern wir für unsere privatzahnärztlichen Praxen, und das wird auch von Vorteil für die Vertragspraxen sein.

Dr. Wilfried Beckmann, Präsident der Privatzahnärztlichen Vereinigung Deutschlands e.V. (PZVD)

Nachdruck aus PZVD-Brief 03/2016, mit freundlicher Genehmigung des Autors