Noch bleibt es spannend, ob am 6. und 7. November 2020 wie geplant in Karlsruhe die Wahl des BZÄK-Präsidiums, dem geschäftsführenden Vorstand, stattfinden kann. Eines ist sicher, kann die Bundesversammlung Corona bedingt nur virtuell stattfinden, wird die Wahl auf eine kommende Präsenzveranstaltung verschoben. Datum ungewiss. Doch bietet der geplante Zeitpunkt einen guten Anlass, sich das Wahlprozedere einmal genauer anzuschauen:
Delegierte wählen Präsidium
Die Delegierten der Bundesversammlung wählen für vier Jahre das Präsidium, das aus einer Präsidentin oder einem Präsidenten und zwei Stellvertretenden besteht. Jene werden von den 17 Landeszahnärztekammern entsandt. Für je 600 Zahnärzte und Zahnärztinnen wird eine Person benannt, die die jeweilige Kammer auf der Bundesversammlung vertritt – für die Restzahl über 300 eine weitere. Jede Landeszahnärztekammer ist dabei mit mindestens zwei Delegierten vertreten. Das kommt natürlich kleinen Kammern wie Bremen und dem Saarland zugute, die unter 900 Mitglieder verzeichnen. Die Bundesversammlung bestand beispielsweise 2019 aus 163 Delegierten.
Präsident und Vizepräsidenten – hier reicht vermutlich wieder einmal die männliche Form – werden in getrennten Wahlgängen in geheimer Wahl von Delegierten der Bundesversammlung gewählt. Wählbar sind in der Theorie alle Delegierte. In der Praxis beschränkt sich der aussichtsreiche Kandidatinnen- und Kandidatenkreis auf die Mitglieder des Vorstands, der sich aus den Präsidenten der Landeszahnärztekammern zusammensetzt. Mittlerweile gibt es im BZÄK-Vorstand sogar eine Frau. Dr. Lea Laubenthal ist Vizepräsidentin der Ärztekammer des Saarlandes, hier sind die knapp 900 Zahnärztinnen und Zahnärzte Teil des ärztlichen Kammersystems. Für den zu wählenden BZÄK-Präsidenten gibt es eine Besonderheit. Er darf nicht zugleich das Amt des Präsidenten einer Landesärztekammer ausüben. Im Falle einer Wahl müsste er dieses Amt dann innerhalb von sechs Monaten niederlegen. Für die Vizepräsidenten gilt diese Regel nicht. Wird im ersten Wahlgang die nötige Mehrheit nicht erreicht, findet zwischen den beiden Kandidaten mit den meisten Stimmen eine Stichwahl statt.
Völlig ungewiss ist derzeit noch, wer sich für das kommende Präsidium zu Wahl stellen wird. Gerüchte und übliche Verdächtige gibt es natürlich einige, aber Spekulationen sind ein weites Feld. Als sicher kann allerdings gelten, dass hinter den Kulissen schon einige Strippen gezogen und Chancen ausgelotet werden.
Frauen? Weitgehend Fehlanzeige
Der Frauenanteil der letzten Bundesversammlung lag bei knapp 21 Prozent, während Zahnärztinnen im realen Leben 46 Prozent der Kammermitglieder ausmachen. Nachdem Frauenlisten etwa bei den Kammerwahlen in Thüringen und in Nordrhein recht erfolgreich waren, dürften sie bei der anstehenden Bundesversammlung ein paar mehr Delegierte senden. Von einem Abbild des realen Proporzes kann weiterhin geträumt oder gealpträumt werden. Bei der Bundesversammlung 2018 jedenfalls ist ein Antrag zur Förderung von Frauen in den Gremien jedenfalls krachend durchgefallen. Dass sich an den Möglichkeiten der Machtverschiebung Richtung mehr Beteiligung von Frauen auch und gerade in Leitungspositionen etwas geändert haben sollte, darf bezweifelt werden. Die Landesfürsten jedenfalls dürften bei der Kandidatenkür zum Präsidiumweitgehend unter sich bleiben. Die einzige Landesfürstin vertritt ein eher kleines Reich. Die mitgliederstärksten Kammern sind die Landeszahnärztekammern in Bayern mit gut 16.000, Baden-Württemberg mit über 12.000 und Nordrhein mit mehr als 11.000 Mitgliedern.
Schwieriger Wandel
Die Chancen einer Frau aus der Weite der Delegiertenrunde, in das künftige Präsidium gewählt zu werden, dürften äußerst gering sein. Die Quasi-Chancenlosigkeit ist strukturell bedingt. In allen Landeszahnärztekammern sind Frauen deutlich unterrepräsentiert. Selbst dort, wo die Zahnärztinnen bereits in der Mehrzahl sind, spiegelt sich diese Mehrheit nicht in der Kammerversammlung. So sind etwa in Sachsen-Anhalt 60 Prozent der Kammermitglieder weiblich, der Anteil in der Kammerversammlung beträgt aber nur 16 Prozent.
Dass das Interesse von Frauen an standespolitischer Teilhabe aber grundsätzlich vorhanden ist, haben die Frauenlisten von Thüringen und Nordrhein hinreichend unter Beweis gestellt. Doch der Sprung vom Sitz in einer Kammer auf einen Präsidentinnensessel erscheint in vielen Köpfen noch unvorstellbar. Gleichzeitig stößt eine Quotenregelung auf breite Ablehnung. Da erscheint es schwierig, solche Strukturen in standespolitischer Eigenregie aufzubrechen.
Lösungsmodelle sind hier dringend gefragt. Denn der Gesundheitsausschuss des Deutschen Bundestages wird seine Frage nach dem Frauenanteil in Führungsposition des Gesundheitswesens nicht vergessen haben.
Wie soll dann die Antwort lauten? Von 44.654 Zahnärztinnen stand niemand zur Wahl?