Im November soll, wenn die steigenden Infektionszahlen der Corona-Pandemie und regionale Verordnungen es denn zulassen, das neue Präsidium der Bundeszahnärztekammer gewählt werden.
Lange war zumindest öffentlich nicht bekannt, wie sich der Kreis der Kandidaten für ein Spitzenamt in der Kammer denn nun genau zusammensetzt. Gut, hier und da wurde gemunkelt, der eine spekulierte so, der Nächste wieder ganz anders – ganz so, wie das eben so ist vor einer solchen Wahl. Vor speziell dieser Wahl aber ganz besonders, denn die Bundeszahnärztekammer steht vor zahlreichen großen Herausforderungen. Damit ist nicht die andauernde und möglicherweise sich noch weiter verschärfende Entwicklung in Sachen Corona gemeint (obwohl sich allein aus dieser Krise viele komplizierte Einzelherausforderung ergeben).
Ganze Reihe von Paradigmenwechseln
Nein, die Zahnärzteschaft befindet sich am Anfang einer ganzen Reihe von Paradigmenwechseln, die klug begleitet und gestaltet sein wollen. Zu nennen wären hier stichwortartig der Generationenwechsel, die schnell wachsende Zahl weiblicher Berufsangehöriger, der Trend zur immer späteren Niederlassung, der parallele Trend zu immer mehr Zahnärztinnen und Zahnärzten, die – für längere Zeit oder sogar ein Berufsleben lang – angestellt arbeiten möchten und und und.
Dann gibt es aber noch äußere – und zum Teil politisch gewollte – Einflüsse, deren Fernwirkung mittel- und langfristig noch gar nicht abzusehen ist: die starke Zunahme Medizinischer Versorgungszentren in Investorenhand, aber auch der allgemeine Trend hin zu immer größeren Praxisstrukturen. Schließlich die (mittlerweile) rasante Veränderung zum Beispiel durch Telematikinfrastruktur, elektronische Gesundheitskarte und elektronische Patientenakte mit ihren ganz konkreten Auswirkungen auf die tägliche Arbeit im Praxisalltag.
Damit nicht genug ist auch die Approbationsordnung für Zahnärzte immer noch nicht in trockenen Tüchern beziehungsweise erfüllt die in sie gesetzten und für das Fach Zahnmedizin dringend notwendigen Anpassungen noch lange nicht. Man könnte diese Aufzählung garantiert noch beliebig weit fortsetzen.
Man würde es sich allerdings zu leicht machen, wenn man jetzt schlicht eine radikale Verjüngungskur oder einen auf Anhieb komplett weiblichen Vorstand fordern würde. Solche Entwicklungen, so wünschenswert sie vielleicht auch sein mögen, brauchen Zeit. Und die Zusammensetzung eines BZÄK-Präsidiums wird immer noch durch demokratische Mechanismen bestimmt.
Veränderungsprozess nicht auf Sankt-Nimmerleins-Tag verschieben
Trotzdem muss man einen Weg finden, diesen Veränderungsprozess in Gang zu bringen und nicht etwa auf den Sankt-Nimmerleins-Tag zu verschieben, denn eines zeigt die (nicht abschließende) Auflistung der Herausforderungen deutlich: Die Zeit wird immer knapper, um die Weichen für zukünftige Formen der Berufsausübung zu stellen.
In diesem Zusammenhang muss aber auch klar sein, dass die Intervalle zwischen intensiven Schüben von Änderungen nicht länger werden, sondern diese in immer schnellerer Abfolge stattfinden werden. Deshalb muss man sich von der Vorstellung verabschieden, jeder noch so gut durchdachte Plan könne über Jahrzehnte Bestand haben. Wichtig ist deshalb gerade jetzt und in der näheren Zukunft, sich so aufzustellen, dass man berechtigte Bedürfnisse der jüngeren und der weiblichen Zahnmedizin schneller identifizieren und berücksichtigen kann, als es in der Vergangenheit aus unterschiedlichen Gründen möglich war.
Was genau die beste Mischung aus Wissen, Erfahrung und jungem (weiblichen) Enthusiasmus sein kann, wird eine der entscheidenden Fragen sein. Diese wird mit der Wahl zum Geschäftsführenden Vorstand der Bundeszahnärztekammer beantwortet werden müssen. Das neue Vorstandsteam steht vor großen und spannenden Aufgaben. Eine mögliche Verschiebung der Wahl wird da ein eher kleineres Problem sein, auch wenn in einigen Punkten dringender Handlungsbedarf besteht. Aber dafür gibt es ja einen hervorragend funktionierenden Vorstand.